Julia Extra Band 362
drei oder dreißig Sekunden gedauert hat, mein Kaffee ist abgekühlt, während du deine Kollegin mit Blicken verschlungen hast.“ Er hob den Brötchendeckel hoch, bemerkte das fast verkohlte Fleisch und grunzte zufrieden, bevor er mit einem Finger über die Pommes frites fuhr und empört aufsah. „Ich habe für zweiundzwanzig Fritten bezahlt. Auf dem Teller sind nur einundzwanzig.“
Aus sicherer Distanz verfolgte Stace die Szene, die sich an Tisch sieben abspielte, und grinste verstohlen. So gut hatte sie sich lange nicht mehr amüsiert.
„Das haben wir gleich“, meinte Riley und wollte sich auf den Weg zur Küche machen.
„Du fängst noch mal von vorn an!“, verlangte Walter. „Mit zweiundzwanzig Fritten.“
„Ich bringe Ihnen gern eine Extraportion Pommes, Sir.“
„Nicht nötig. Ich will nur, was ich bestellt habe.“ Walter musterte ihn scharf. „Hast du meine Fritte gegessen?“
Riley hätte schwören können, Staces Kichern gehört zu haben. „Aber nein! Ich würde niemals …“
„Du riechst nach Pommes. Du hast meine Fritte gegessen.“
Aus dem Augenwinkel entdeckte Riley eine blassbraune Stange auf dem Fußboden. Die fehlende Fritte war offensichtlich vom Teller gerutscht, als Riley einem Gast ausgewichen war, der unvermittelt aufgestanden war. „Sir …“
Eine leichte Berührung am Arm ließ Riley verstummen.
„Du brauchst den Neuen wirklich nicht gleich zur Schnecke zu machen, Walter.“ Stace servierte ihm einen neuen Becher Kaffee. „Du schlägst ihn ja in die Flucht, bevor er hier richtig angefangen hat.“
Walter trank einen Schluck und lächelte – fast. „Warum hast du ihn auf mich losgelassen?“
„Weil du mein bester Kunde bist.“ Stace lächelte unschuldig. „So, ich bringe dir jetzt neue Pommes und eine extra Gewürzgurke als Entschädigung.“
Das stimmte den kauzigen Kunden versöhnlicher. „Aber sag dem da, …“ Er zeigte auf Riley, „… er soll den Kopf …“
„Keine Beleidigungen, Walter!“, fuhr Stace dazwischen. „Das ist schlecht für die Verdauung.“ Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, bevor sie Richtung Küche verschwand.
Riley holte sie an der Schwingtür ein und kam Stace dabei so nah, dass er ihren Duft einatmete: Vanille und Blüten – leicht, süßlich, verlockend. „Wie machst du das eigentlich?“, wollte er wissen. „Der Typ frisst dir praktisch aus der Hand.“
„Ganz einfach: Ich gebe ihm recht. Und ich besteche ihn mit sauren Gurken. Die liebt er. Walter kann einen ziemlich nerven.“ Vielsagend warf sie einen Blick in Rileys Richtung.
Gilt das etwa auch für mich? überlegte Riley sofort.
„Aber er hat das Herz auf dem rechten Fleck. Da sieht man ihm schon mal nach, dass er ziemlich eigen ist.“
Riley lächelte frech. „Erinnert dich das an jemanden?“
„Nein. Sollte es das?“ Sie gab sich betont unschuldig.
Je länger er sie kannte, desto entzückender fand er sie. Es gefiel ihm, dass sie kein Blatt vor den Mund nahm und aufrichtig ihre Meinung sagte. Ob es ihrem Gegenüber nun gefiel oder nicht.
Ihm gefiel es.
„Ganz und gar nicht“, sagte er und wurde mit einem frechen Glitzern in den faszinierenden grünen Augen belohnt. Vielleicht wirkte seine Anwesenheit sich ja doch positiv auf Staces Arbeitsstress aus. „Du hast mir den Tisch absichtlich zugewiesen.“
Stace rief Frank zu: „Noch eine Portion Pommes!“
So leicht gab Riley nicht auf. „Du hast mich auflaufen lassen.“
Sie konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. „Kann sein.“
„Warum? Damit der Neue möglichst schnell das Handtuch wirft?“
Ihr herzliches Lachen brachte ihre Augen zum Strahlen. „Und? Funktioniert die Taktik?“
„Im Gegenteil.“ Riley nahm Frank die Schale Pommes frites aus der Hand und rief Stace im Gehen zu: „Mich wirst du nicht so schnell wieder los.“
„Das werden wir ja sehen!“, rief sie ihm lachend nach.
Genau, dachte er triumphierend.
Eine Stunde später war auch der letzte Gast verschwunden. Frank machte in der Küche klar Schiff und traf Vorbereitungen für den nächsten Tag. Stace drehte das Schild im Fenster auf „Geschlossen“ und schloss die Tür ab.
Riley warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Erst kurz nach drei. Er könnte sich mit seinem Vetter Alec und Freunden in Verbindung setzen, um zu hören, was die später vorhatten.
Alec arbeitete als Tagesspekulant und ging oft schon am Nachmittag auf die Piste. Mit ihm wurde es nie langweilig und immer feuchtfröhlich. Riley hatte
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