Julia Extra Band 363
öffnete. Gianni nahm es befriedigt zur Kenntnis. Fast hatte er vergessen, wie gut sich ein Flirt mit einer attraktiven Frau anfühlte, und er wollte sich ihr als perfekter Gentleman zeigen.
Nachdem er ihr in den Sitz geholfen hatte, stieg er selbst ein und zog die Tür zu. In der Enge des Wagens spürte Emma seine Gegenwart überdeutlich. Ihr gesamter Körper war wie elektrisiert. Es war eine ganz und gar ungewohnte Erfahrung für sie, die sonst in jeder Situation die Kontrolle behielt.
Er warf ihr einen Blick zu, bevor er den Motor startete. Seine Augen funkelten wie die eines Raubtiers.
„Leben Sie ganz allein in diesem Haus?“
Emma hob die Augenbrauen, was er in der Dunkelheit allerdings nicht sehen konnte. „Solche Dinge sollte man keinem Mann verraten, den man kaum kennt.“
„Da haben Sie recht“, sagte er mit betont nüchterner Stimme, worauf sie erneut lachen musste. Er besaß offenbar einen feinen Sinn für Humor und wirkte auf liebenswerte Weise altmodisch. Zum Glück schien er nicht zu ahnen, welche Wirkung er auf sie ausübte.
„Ich lebe hier zusammen mit meiner Tochter. Mein Vater kommt zu Besuch sooft er kann. Früher haben meine beiden Brüder mit im Haus gewohnt, aber sie sind mittlerweile verheiratet.“
„Dort, wo ich herkomme, wäre es undenkbar, dass eine unverheiratete Frau allein mit ihrem Kind wohnt. Offenbar herrschen bei Ihnen andere Sitten.“
Emma war verärgert. „Nun“, antwortete sie knapp. „Lyrebird Lake ist ein sicherer Ort, um Kinder großzuziehen. Es gibt hier kaum Kriminalität, und alle Leute kennen sich.“
Er ließ nicht locker. „Angus hat mir erzählt, dass die Mine oben am Berg von Saisonarbeitern betrieben wird. Kennen Sie die auch alle?“
„Wo und wie ich lebe, geht Sie gar nichts an. In Neuseeland haben wir eben andere Ansichten als bei Ihnen in Italien“, sagte sie abwehrend.
Gianni nickte. „Sie haben recht“, lenkte er ein. „Ich bitte um Entschuldigung.“ Sofort bereute Emma ihre harsche Reaktion. Andererseits konnte es ihm nicht schaden, sein Frauenbild einmal zu überdenken.
Der Rest der Fahrt verlief schweigend. Als sie auf dem Parkplatz vor dem Restaurant anhielten, blieb Emma wieder sitzen, bis er ihr die Tür öffnete. Emanzipation hin oder her, heute würde sie eine Ausnahme machen.
„Darf ich?“ Er bot ihr die Hand, und sie registrierte zufrieden, dass er diesmal wenigstens vorher fragte. Dann umschlossen seine kräftigen warmen Finger ihre Hand. Es war ein äußerst angenehmes Gefühl.
„Ist Ihnen kalt?“
Er war wirklich rührend um ihr Wohlergehen besorgt. Emma wusste kaum, wie sie mit dieser übertriebenen Aufmerksamkeit umgehen sollte. „Ein wenig“, antwortete sie eher aus Verlegenheit. Sofort zog er sein Jackett aus und legte es ihr um die Schultern.
Der herb-erotische Duft seines Aftershaves stieg ihr in die Nase und ließ sie leicht schwanken.
Fürsorglich reichte er ihr den Arm, um sie zu stützen. „Fühlen Sie sich nicht wohl? Es war ein anstrengender Tag für Sie. Soll ich Sie lieber nach Hause fahren?“
„Nein, es ist alles in Ordnung. Wirklich.“ Schnell wich sie einen Schritt zur Seite. „Ich bin nur ausgerutscht. Lassen Sie uns hineingehen.“
„Wie Sie wünschen.“ Gianni musterte sie eingehend von Kopf bis Fuß und nickte dann anerkennend. „Es wäre auch zu schade, Sie in dieser Aufmachung nicht der Öffentlichkeit zu präsentieren.“
Oh, ja, dachte sie zähneknirschend. Der Tratsch würde sich wie ein Lauffeuer im Dorf verbreiten.
Der Gastraum war dezent von roten Wandlampen und Kerzen auf den Tischen beleuchtet. Vielleicht hatte sie Glück, und es würde sie niemand bemerken. Der Kellner geleitete sie zu einem weiß gedeckten Tisch mit Blick über den See im hinteren Bereich des Gastraums. Ein hochgewachsener Ficus schirmte die Nische vor neugierigen Blicken ab. Emma sah sich verstohlen um, konnte aber kein einziges bekanntes Gesicht entdecken. So oder so würde die Nachricht die Runde machen, dass Emma Rose mit einem Mann gesehen worden war! Noch dazu mit einem Fremden.
Sie gab Gianni sein Jackett zurück, und er wartete höflich, bis sie Platz genommen hatte, bevor er sich selbst setzte.
Dann saßen sie sich schweigend gegenüber. Emma dachte verzweifelt darüber nach, worüber sie mit ihm reden könnte, doch ihr Kopf war wie leergefegt. Wie um alles in der Welt sollte sie diesen Abend überstehen?
Schließlich speiste sie nicht täglich mit einem gut aussehenden Mann in einem
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