Julia Extra Band 363
stöhnte leise. Sorgfältig schwenkte Christine den Wattebausch in einem Röhrchen mit Lösungsmittel aus, dann verschloss sie das Gefäß und schüttelte es mehrmals.
Gianni war die ganze Zeit über bei ihr geblieben und machte sich nun an ihrem Arm zu schaffen. „Emma, ich werde dir jetzt eine Kanüle legen, falls wir ein Gegengift spritzen müssen. Außerdem möchte ich deine Blutwerte überprüfen.“
Zehn Minuten später hielt Christine das Teströhrchen prüfend vor eine Farbskala. „Sieht mir ganz nach einer Schwarzotter aus.“
Beruhigt lehnte sich Emma zurück. Also hatte sie Glück im Unglück gehabt.
Kurze Zeit später lag auch das Ergebnis des Bluttests vor. „In der Blutbahn ist kein Gift nachzuweisen. Offenbar hat dein kleiner Freund nur eine sehr geringe Menge in die Wunde abgegeben“, sagte Christine. „Ein Gegengift ist nicht nötig.“ Trotz ihrer saloppen Art verriet ein leichtes Zittern in ihrer Stimme, wie besorgt sie um Emma gewesen war.
Gianni stieß erleichtert den Atem aus. Ihre Blicke trafen sich in stillem Einverständnis. Ihr Baby war nicht in Gefahr. „Hast du noch Schmerzen?“ Er nahm ihre Hand, um den Puls zu fühlen.
„Gianni, du hast mich vor etwa zehn Minuten an das Messgerät angeschlossen“, erinnerte ihn Emma. „Auf dem Monitor da drüben kannst du meinen Puls, Blutdruck und die Sauerstoffsättigung ablesen.“
„Die Patientin hat zu schweigen und zu gehorchen“, befahl er, während er weiter nach ihrer Schlagader tastete. Doch Emma sah, dass er lächelte. Abgesehen davon hatte sie nichts dagegen, wenn er ihre Hand noch ein wenig länger hielt.
Sie warf selbst einen Blick auf den Monitor. „Mein Puls ist immer noch erhöht.“
„Das kommt von meiner Anwesenheit“, behauptete Gianni und grinste breit. „Wobei sich meine eigene Pulsfrequenz innerhalb der letzten Stunde ungefähr verdoppelt hat, obwohl ich mich nicht mit einer Schlange angelegt habe.“
Sie bemerkte, wie bleich sein Gesicht nach wie vor war. „Ich habe dir wohl einen ordentlichen Schrecken eingejagt?“, fragte sie kleinlaut.
„Um nicht zu sagen, du hast mich zu Tode erschreckt“, antwortete er. „Aber darüber können wir uns später unterhalten. Ich möchte dein Blut noch ein zweites Mal untersuchen, um sicherzugehen, dass kein Gift in deinen Blutkreislauf gelangt ist.“ Er warf einen prüfenden Blick auf den Monitor. „Die Vitalwerte sind stabil, das ist ein gutes Zeichen. Du leidest weder an Herzrasen noch an Atemnot, und deine Übelkeit hat sich nicht verschlimmert.“ Es klang, als wolle er in erster Linie sich selbst beruhigen.
Emma nahm seine Hand und drückte sie sanft. „Schwarzottern beißen schnell zu, wenn sie sich bedroht fühlen, aber ihr Gift sondern sie meistens nur dann ab, wenn sie wirklich in der Falle sitzen. Übrigens ist mir fast gar nicht mehr übel.“
„Sehr gut. Mir auch nicht.“ Zaghaft lächelten sie einander an. „Ich lasse dich jetzt einen Moment allein, damit du Christine noch eine Urinprobe geben kannst. Wir wollen ganz sicher sein.“
Gianni verließ die Station. Aus den Augenwinkeln sah er, dass noch einige Patienten in der Ambulanz warteten. Aber darum sollte sich Andy kümmern.
Er wollte einen Moment allein sein, um sich zu beruhigen. Die Vorstellung, Emma könnte von einer tödlich giftigen Schlange gebissen worden sein, hatte ihn in helle Panik versetzt. Niemand wusste besser als er, was so ein Reptil anrichten konnte.
Mochte der Mensch sich als Krone der Schöpfung empfinden – draußen in der Natur galt das Recht des Stärkeren. Niemals würde er jenen grausamen Tag vor zehn Jahren vergessen. Allein die Vorstellung, auch die zweite Frau, die er in seinem Leben wirklich geliebt hatte, auf diese Weise zu verlieren, trieb ihm den kalten Schweiß auf die Stirn.
In Zukunft musste er besser auf Emma achtgeben. Er hatte genug von den albernen Spielchen. Ob es ihr passte oder nicht, er würde ab jetzt nicht mehr von ihrer Seite weichen.
11. KAPITEL
„Ich denke, wir können dich entlassen“, sagte Andy, nachdem er einen Blick auf Emmas Untersuchungsergebnisse geworfen hatte. Als diensthabendem Arzt lag diese Entscheidung bei ihm und nicht bei Gianni.
„Also viel Lärm um nichts.“ Emma vermied es, Giannis Blick zu begegnen. Den ganzen Nachmittag und Abend hatte er sich rührend um sie gekümmert, aber sie wusste, dass das letzte Wort zwischen ihnen noch nicht gesprochen war. Nach allem, was sie zusammen erlebt hatten, fühlte sie sich
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