Julia Extra Band 363
Zimmer stehen. Ihr erster Impuls war, wieder in ihr Zimmer zurückschlüpfen, denn sie trug nichts weiter als ein dünnes Nachthemd. Zum Glück war es dunkel.
„Zu viele Erlebnisse heute, denke ich“, erwiderte sie. „Das Tanzen war wieder schön.“ Mit dir zusammen zu sein war schön .
Luis trat ebenfalls an die Balkonbrüstung. Obwohl er einige Meter von ihr entfernt stand, war sie sich seiner Nähe deutlich bewusst. Und der Distanz, die er zwischen sie beide gelegt hatte.
„Morgen ist Abuelas Geburtstag“, sagte er. „Sie ist überglücklich, dass so viele Verwandte gekommen sind. So sehr es mir erst widerstrebt hat, nach Spanien zu fliegen, jetzt bin ich froh, dass ich mir die Zeit genommen habe. So konnten die Zwillinge ihre Urgroßmutter und die restliche Familie kennenlernen.“
„Du solltest mit ihnen öfter mal auf einen Besuch herkommen. Denk daran, wie schnell sich Kinder in einem Jahr verändern.“
„Das Leben kann sich innerhalb einer Minute ändern“, murmelte er.
Stacey wusste, dass er an seine tote Frau dachte. „Ich weiß, du vermisst sie immer noch“, sagte sie leise.
„Ich kann das nicht noch einmal durchmachen. Niemals! Das Schicksal soll mir nicht noch einmal eine Frau nehmen können, die ich liebe.“ Seine Stimme klang rau.
„Und deshalb verzichtest du lieber auf ein neues Glück?“ War das der Grund, warum er sich wieder von ihr zurückgezogen hatte? War er dabei, sein Herz an sie zu verlieren und hatte nun Angst, dass ihr etwas zustoßen könnte?
„Ich bin mit meinem Leben zufrieden“, sagte er.
„Und die Zwillinge?“
„Sie haben Hannah. Sie ist wie eine Mutter für sie.“
Stacey wollte ihm entgegenhalten, dass nicht jede Frau bei der Geburt ihres Kindes starb. Das kam heutzutage nur noch sehr selten vor. Aber er würde ohnehin nicht auf sie hören. Er hatte sich vor ihr verschlossen, und sie würde nicht zu ihm durchdringen.
„Ich wünsche dir, dass du eines Tages wieder lieben kannst“, sagte sie. „Und dass diese Liebe dir alles Glück der Welt bringt.“
Er erwiderte nichts darauf. Einen Moment später kehrte Stacey in ihr Zimmer zurück und schloss die Schiebetür. Mit Sicherheit würde sie jetzt erst recht nicht schlafen können. Doch sie hätte es auch nicht länger ertragen, mit Luis auf dem Balkon zu stehen und sich danach zu sehnen, von ihm geküsst zu werden.
Die Geburtstagsfeierlichkeiten gestalteten sich beinahe so prächtig wie die Fiesta. Beim Frühstück war die gesamte Verwandtschaft versammelt, um das Geburtstagskind zu beglückwünschen. Abuela Maria wurde mit Umarmungen, Küssen und Geschenken überhäuft. Erst sagte sie, dass man in ihrem Alter doch keine Geschenke mehr brauche, doch beim Öffnen der Päckchen war sie so aufgeregt wie ein kleines Mädchen.
Stacey hatte für sie ein Foto gerahmt, das sie von Luis und den Zwillingen am Strand geknipst hatte. Maria bedankte sich mit einem glücklichen Lächeln. „Eine schöne Erinnerung an diesen Sommer“, kommentierte sie.
Die Runde beschloss, in den nächsten Tagen noch so viele Fotos wie möglich zu machen, damit Maria auch von den anderen ein Andenken hatte. Sophia erbot sich, ein Album anzulegen.
Als alle Geschenke ausgepackt und bewundert worden waren, gesellte Luis’ Mutter sich zu Stacey.
„Es war eine wundervolle Idee von Ihnen, Maria dieses Foto zu schenken. Man konnte ihr ansehen, wie glücklich sie darüber war.“
„Ich freue mich, dass es ihr gefallen hat“, erwiderte Stacey lächelnd.
Marguerita nahm sie ein Stück zur Seite. „Ich hoffe, wir werden Sie auch in New York wiedersehen?“
„Vermutlich nicht. Es sei denn, Luis braucht mich wieder als Reisekindermädchen.“ Stacey war froh, dass ihre Stimme bei seinem Namen nicht zitterte.
„Wir werden sehen.“ Marguerita drückte ihr kurz den Arm und ging dann weiter, um mit Anna zu plaudern.
Nach der morgendlichen Geburtstagszeremonie begaben sich alle zum Strand. Auch Abuela Maria und Sophia kamen mit und setzten sich in den Schatten, den der große Sonnenschirm spendete. Die Kinder hatten wie üblich ihren Spaß und schwammen und tauchten um die Wette. Spiele wurden gemacht, Lachen erfüllte die Luft. Etwas wehmütig betrachtete Stacey die Aldivista-Familie. Ob den Kindern und ihren Eltern bewusst war, wie glücklich sie sich schätzen konnten?
Das Abendessen verlief in feierlicher Stimmung. Einige von Marias Freunden waren ebenfalls eingeladen, darunter Mario Sabata und seine Tochter Pilar.
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