Julia Extra Band 364 (German Edition)
der Ferne drang noch immer das stete Rauschen des Pazifik zu ihnen herauf. Erbarmungslos schlugen die Wellen auf den Strand, ihr gewaltiges Tosen riss alles mit sich, was nicht die Kraft hatte, zu widerstehen.
So wie Malik. Er hatte eine solche Macht über sie, dass er sie jedes Mal, wenn sie aufeinandertrafen, einfach überrollte. Er überging, was sie sagte, und ignorierte, was sie wollte. Bis sie fürchtete, sich selbst zu verlieren. Das war ein weiterer Grund, warum sie ihn verlassen hatte.
Als sie dann erfahren hatte, was er wirklich für sie empfand, hatte es kein Zurück mehr gegeben. Sydney schauderte bei dem Gedanken.
Am Horizont versank die Sonne wie eine rotgoldene Kugel im Meer. In diesem Moment trat Malik neben ihren Stuhl und Sydney riss den Blick vom Wasser los, das durch die letzten Strahlen der Sonne in den schönsten Orangetönen leuchtete. Malik wirkte angespannt, so als wirbelten auch in ihm die Gedanken durcheinander.
„Sag mir, dass das alles bloß ein Scherz war“, forderte Sydney ihn schließlich auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sein Blick glitt über sie hinweg. Er wirkte sehr ernst. Selbst jetzt spürte sie einen leichten Stich, als sie ihn ansah. Irgendein ganz tiefes Gefühl, das er in ihr auslöste … Sie würde nicht darüber nachdenken, was dieses Gefühl bedeuten mochte. Sie wollte es überhaupt nicht wissen. Sie wollte, dass diese ganze Sache mit ihm endlich ein Ende fand.
Endgültig.
„Es ist kein Scherz. Ich bin gezwungen, mich an die Gesetze von Jahfar zu halten.“
„Aber wir haben dort doch gar nicht geheiratet!“ Sydney lachte ein wenig hysterisch. „Ich war in meinem ganzen Leben nicht ein Mal in Jahfar. Warum muss ich mich also an irgendein verrücktes Gesetz dieses Landes halten?“
Malik versteifte sich, doch es war ihr egal, ob sie ihn beleidigt hatte oder nicht. Wie konnte er nach all der Zeit einfach hier auftauchen und ihr mitteilen, sie müsste erst vierzig Tage mit ihm verbringen – und das auch noch in der Wüste! –, bevor sie sich von ihm scheiden lassen konnte. Auf solche Ideen kamen doch nur Hollywoodregisseure.
Die Ironie ließ sie auflachen. Malik warf ihr einen erstaunten Blick zu, schien aber zu merken, dass sie nicht wirklich amüsiert war. Wenigstens das bemerkte er. Vielleicht würden diese vierzig Tage gar nicht so schlimm werden.
Glaubte sie das wirklich?
„Ich werd’s nicht machen“, erklärte sie und holte tief Luft. Die Luft schmeckte salzig, nach Meer. „Das jahfarische Gesetz gilt nicht für mich. Unterschreib also bitte die Papiere, und dann ist die Sache meiner Meinung nach abgehakt.“
Seufzend ließ Malik sich auf den Liegestuhl ihr gegenüber sinken.
„Ich kann dir versichern, so einfach ist das Ganze nicht. Du hast einen ausländischen Prinzen geheiratet, Habibi .“
„Wir wurden in Paris getraut.“
Auf die Schnelle, von einem Beamten in der jahfarischen Botschaft. Als hätte Malik Angst gehabt, er könnte es sich noch einmal überlegen, wenn nicht alles ganz schnell ging, dachte sie bitter.
„Es spielt keine Rolle, wo wir geheiratet haben“, erklärte Malik mit seiner weichen, tiefen Stimme, die in Sydney noch immer wohlige Schauer auslöste. „Es kommt darauf an, nach welchem Gesetz wir getraut wurden. Und wir wurden nach jahfarischem Gesetz vermählt, Sydney. Wenn du mich also loswerden möchtest, dann komm mit nach Jahfar und halte dich an das Protokoll.“
Wütend sah Sydney ihn an. Er wirkte vollkommen unbeteiligt, was sie erst recht in Rage brachte.
„Aber können wir das nicht irgendwie umgehen? Der König ist doch schließlich dein Bruder!“
„Genau aus diesem Grund können wir es eben nicht umgehen. Mein Bruder nimmt seine Aufgaben als König sehr ernst. Er wird auch bei mir keine Ausnahme machen.“
Sydney schloss die Augen und lehnte ihren Kopf gegen das Kissen in ihrem Rücken. Das musste ein Albtraum sein!
Sie hatten damals niemandem von ihrer Heirat erzählt. Es hatte keine Märchenhochzeit gegeben. Bloß sie beide auf dem Standesamt der Botschaft und ein nervöser Beamter, der Malik „Eure Königliche Hoheit“ nannte und sich ständig verbeugte, sowie eine ältere Dame, die die Eheschließung eintrug und sie beide bat, zu unterschreiben.
Fast hatte sie das Gefühl gehabt, es sei alles gar nicht real gewesen. Aber dann hatte die Presse Wind davon bekommen, und plötzlich wimmelte es in den Zeitschriften nur so von Fotos von ihr und Malik. Die Paparazzi hatten Sydney
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