Julia Extra Band 365
gefragt hatte, ob sie daran interessiert wäre, eventuell von Markos Lyonedes einen Auftrag anzunehmen, hatte sie einfach nicht widerstehen können, ihm einen kleinen Denkzettel zu verpassen … wegen Donna. Aber natürlich hätte sie wissen müssen, dass ein Mann wie Markos Lyonedes grundsätzlich am längeren Hebel saß.
Sie bemühte sich, nicht in seine Richtung zu schauen. „Am Montag ist mir etwas dazwischengekommen.“
„Und letzten Freitag?“, fragte er, die Augenbrauen hochgezogen. „Hatten Sie da wirklich einen Notfalltermin beim Zahnarzt?“
„Äh … ja.“
Markos ließ sie nicht aus den Augen. „Geht es vielleicht ein klein wenig präziser?“
Sie verzog das Gesicht. „Vielleicht hätte ich ja am Samstagabend erwähnen sollen, dass Glen Zahnarzt ist.“
Seine Lippen wurden schmal. „Ah, ich verstehe.“
„Ja …?“
„Oh, ich glaube schon.“ Markos nickte. Jetzt war sein Interesse an der Frau vor ihm definitiv erwacht, obwohl ihm immer noch nicht klar war, was für ein Spiel sie eigentlich spielte. Trotzdem, er fand an Eva Grey schlicht alles faszinierend. Angefangen von der Unverfrorenheit, mit der sie log, bis hin zu ihrem überirdisch schönen üppigen Körper. „Da haben Sie offensichtlich das dringende Bedürfnis nach einer Füllung verspürt.“
Jetzt riss sie in blankem Entsetzen die Augen auf, sie wurde knallrot, während sie empört nach Luft schnappte. Markos lachte gedämpft auf. Und dieses leise Auflachen verwandelte sich in ein herzhaftes Lachen, als er sah, dass es ihr tatsächlich die Sprache verschlagen hatte. „Mein Gott, Eva, Sie sollten jetzt mal Ihr Gesicht sehen“, brach es schließlich aus ihm heraus. „Oder vielleicht lieber nicht, weil Sie nämlich wie ein Fisch auf dem Trockenen aussehen.“
Wahrscheinlich, weil Eva sich auch so fühlte. Ihr Mund ging auf und zu, ihre Brust hob und senkte sich schnell. Ihre Augen waren immer noch weit aufgerissen. „Ich kann es nicht glauben, dass Sie das eben gesagt haben!“
„Ich ehrlich gesagt auch nicht.“ Er wurde wieder ernst. „Meine Tante Karelia wäre mehr als schockiert, so etwas aus dem Mund des Gentleman zu hören, den sie aus mir machen wollte. Aber immerhin hat es Ihnen die Sprache verschlagen, und das ist in meinen Augen ein echter Erfolg.“
„Wirklich?“
„Wirklich“, gab Markos belustigt zurück, während er mit Genugtuung beobachtete, dass Eva tatsächlich Schwierigkeiten hatte, zu ihrer üblichen kratzbürstigen Forschheit zurückzufinden.
Sie schüttelte, immer noch fassungslos, den Kopf. „Ich kann mich Ihrer Tante nur anschließen.“
„Sie hat meistens recht“, räumte er etwas kleinlaut ein.
Sie runzelte die Stirn. „Warum ist Ihnen die Meinung Ihrer Tante so wichtig?“
Markos lächelte warm. „Sie ist Drakons Mutter, und seit ich acht war, ist sie auch meine Mutter. Tante Karelia und Onkel Theo haben mich bei sich aufgenommen, nachdem meine Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren.“
Eva holte tief Luft, als sie den schmerzlichen Unterton hörte, der in Markos’ Stimme mitschwang. Sie hatte nicht gewusst, dass er als Kind beide Eltern verloren hatte. Als ihr jetzt auffiel, dass dadurch, dass sie das Thema gewechselt hatten, eine andere Art Vertrautheit zwischen ihnen entstanden war, runzelte sie leicht die Stirn. Vor ein paar Minuten noch hatte eine gewisse erotische Spannung zwischen ihnen geherrscht, jetzt harmonierten sie eher auf geistiger Ebene.
„Das tut mir leid“, sagte sie schließlich leise.
„Danke“, erwiderte er.
Eva verlagerte unbehaglich ihr Gewicht von einem Bein aufs andere. „Haben Sie gern bei Ihrer Tante und Ihrem Onkel gelebt?“
Als er jetzt grinste, glitzerten seine Augen wie Smaragde. „Irgendwann schon. Aber nach dem Tod meiner Eltern war ich schwer traumatisiert, und es hat länger als ein Jahr gedauert, bis ich anfing, mich dort wohlzufühlen. Aber dann hätte ich mir keine bessere Ersatzfamilie wünschen können, obwohl meine Tante Karelia meinetwegen bestimmt einige graue Haare mehr bekommen hat.“
„Sind Sie und Ihr Cousin sich nah?“
„Wir sind wie Brüder“, antwortete er.
Eva zog die dunklen Augenbrauen zusammen. „Ich bin Ihrem Cousin zweimal begegnet. Er machte auf mich einen ziemlich kühlen, distanzierten Eindruck.“ Groß, dunkel und genauso attraktiv wie sein Cousin Markos, war von Drakon Lyonedes eine gewisse Rücksichtslosigkeit ausgegangen, die zu überspielen er sich gar nicht bemüht
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