Julia Extra Band 365
offensichtlich ein Fehler gewesen war, wie sich inzwischen herausgestellt hatte. Weil Glen doch sehr feste Vorstellungen davon zu haben schien, in welche Richtung sich ihre Bekanntschaft entwickeln sollte …
„Ich wollte Eva eben vorschlagen, noch essen zu gehen“, wandte Glen selbstbewusst ein, wobei er wieder seinen Arm um ihre Taille legte. „Ich habe für halb zehn einen Tisch reserviert.“
Wobei er natürlich hoffte, dass der Abend in seinem – oder vielleicht auch in ihrem – Bett seinen krönenden Abschluss fand, wie Eva inzwischen befürchten musste. Aber das war für sie keine Option. Sie würde auf gar keinen Fall mit Glen schlafen, weder heute noch sonst irgendwann. Ebenso wenig wie mit irgendeinem anderen Mann.
Besonders, weil das schon lange keine unabdingbare Voraussetzung mehr dafür war, ein Kind zu bekommen. Als Eva sich vor mehreren Monaten für eine künstliche Befruchtung entschieden hatte, war ihr das alles ganz logisch erschienen. Sie wünschte sich nichts mehr als ein eigenes Kind, aber ein zweites Mal zu heiraten war für sie unvorstellbar. Eine verpfuschte Ehe reichte ihr vollauf. Und einfach nur eine Beziehung mit einem Mann wollte sie auch nicht.
Sie hatte das alles detailliert geplant. Noch vor ihrem dreißigsten Geburtstag, also im nächsten halben Jahr, würde sie – hoffentlich – schwanger werden. Nach der Geburt wollte sie von zu Hause aus arbeiten. Und sich schon mal nach einer Kinderfrau umsehen, die sich nach den ersten drei Monaten um das Kind kümmern konnte, wenn Eva Termine außer Haus hatte.
Ein gut durchdachtes, durch und durch rationales Vorhaben. Ihre Gefühle wollte sich Eva ganz allein für ihr Kind aufheben, alles andere lag hinter ihr. Für einen Mann war in ihrem Herzen kein Platz mehr. Und daran würde sich auch nichts ändern.
Jack hatte sich ebenso ein Baby gewünscht wie sie selbst, worüber sie sehr glücklich gewesen war. Von Monat zu Monat hatte sie gehofft, ihn mit der frohen Botschaft, dass sie schwanger war, überraschen zu können. Doch so weit war es nie gekommen. Weder im ersten Jahr ihrer Ehe, noch im zweiten. Schließlich hatten sie einen Spezialisten aufgesucht. Die Testergebnisse waren niederschmetternd und der Todesstoß für ihre Ehe gewesen, wie sich – allerdings erst eine Weile später – herausgestellt hatte.
Jack war zeugungsunfähig. Zu hundert Prozent unfruchtbar, Irrtum ausgeschlossen.
Oh, natürlich hatten sie sich immer wieder versichert, dass ihre Liebe doch das Wichtigste wäre. Als Eva irgendwann die Frage einer Adoption aufgeworfen hatte, war eine Kluft zwischen ihnen entstanden, die sich rasch vertieft hatte, weil Jack vehement dagegen gewesen war. Eva hatte versucht, auch weiterhin daran zu glauben, dass sie beide einander genug wären. Gleichzeitig war sie bei dem Gedanken, dass sie nie Kinder haben würde, jeden Tag ein bisschen mehr gestorben. Keine Kinder, denen sie ihre Liebe schenken konnte, weder eigene noch adoptierte. Kein von fröhlichem Kinderlachen erfülltes Haus, obwohl gerade sie als Einzelkind sich schon ihr ganzes Leben danach gesehnt hatte.
Nachdem sie das niederschmetternde Untersuchungsergebnis erhalten hatten, waren sie und Jack noch zwei Jahre zusammengeblieben. Aber es war nicht mehr dasselbe gewesen. Sie hatten sich beide in die Arbeit gestürzt, statt sich mit der sich weiter vertiefenden Kluft in ihrer Ehe zu beschäftigen. Und dann hatte sich Jack plötzlich in eine Affäre nach der anderen gestürzt, vielleicht, um sich zu beweisen, dass er trotz alledem ein vollwertiger Mann war. Sobald Eva dahintergekommen war, hatte er unter Tränen Besserung gelobt. Bis zum nächsten Mal.
Mit jeder Affäre war Evas Liebe zu Jack ein bisschen mehr gestorben, bis von ihrer Ehe nicht mehr als eine leere Hülle übrig war. Unter solchen Umständen hätte Eva überhaupt kein Kind haben wollen, selbst wenn es möglich gewesen wäre. Und am Ende war die Trennung unausweichlich geworden.
Jetzt war sie seit drei Jahren allein. Während dieser Zeit hatte sie sich beruflich selbstständig gemacht, und mittlerweile war sie eine der gefragtesten Innenarchitektinnen der Stadt. Trotzdem hatte sie gespürt, dass ihrem Leben weiterhin etwas ganz Entscheidendes fehlte: ein Kind.
Viele Frauen waren heutzutage alleinerziehende Mütter, warum also nicht auch sie? Ihr Einkommen reichte bequem für zwei, sie würde mit ihrem Kind gut leben können. Und ihr Beruf erlaubte es ihr, auf die Bedürfnisse eines Kindes
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