Julia Extra Band 365
ich Ihnen, wird es höllisch wehtun.“
„Er wird mich nicht fallen lassen“, erklärte Tawny grimmig und fragte sich, ob ihre Blicke ihm tatsächlich folgten. Allein bei der Vorstellung wäre sie am liebsten im Erdboden versunken.
Als sie das Schlafzimmer betrat, musste Tawny zu ihrem Schreck feststellen, dass die Tür zum Bad offen war und Navarre völlig nackt vor dem Spiegel stand und sein Haar trocken rieb. Mit brennenden Wangen ging sie rasch zum Schrank hinüber, um das Kleid herauszunehmen, das sie tragen wollte – eine schimmernde goldene Robe, die ihrem kastanienroten Haar und ihrer hellen Haut schmeichelte. Ihre Handflächen waren feucht. Mein Gott, er war umwerfend – nackt noch mehr als sonst.
Heute Nacht … möchte ich dich gern zu der Meinen machen. Zitternd erinnerte sie sich seiner Worte. Nie zuvor hatte Tawny einen Mann derart begehrt wie Navarre Cazier.
Mit einem Handtuch um seine Hüften kam Navarre aus dem Bad und warf sein Handy aufs Bett. „Ruf deine Großmutter an“, sagte er.
Als Tawny anrief, ging ihre Großmutter Celestine sofort ans Telefon. „Ich habe gestern versucht, dich zu erreichen, Tawny, aber ich kam nicht durch. Ich dachte, du wärst vielleicht zu beschäftigt, um anzurufen, ma chérie . Und an einem Freitagabend wären das wirklich gute Neuigkeiten“, fügte die alte Dame vergnügt hinzu. „Es würde nämlich bedeuten, dass du ein Date hast.“
„Ich gehe heute Abend zu einer Party“, verriet Tawny, denn sie wusste ganz genau, wie sehr sich ihre Großmutter darüber freuen würde. „Warum wolltest du mich sprechen?“
„Eine Freundin von dir hat mich angerufen. Sie sagte, sie versuche händeringend, dich zu erreichen, aber du würdest nicht ans Telefon gehen. Es war deine Arbeitskollegin, diese Julie.“
„Oh … vergiss es einfach, das war nicht wichtig.“ Tawny spürte, wie ihr eine Gänsehaut über den Rücken lief, während sie sich fragte, was Julie jetzt vorhatte. Wie konnte sie es wagen, ihre Großmutter zu belästigen?
„Was trägst du zu der Party?“, erkundigte sich Celestine, die neugierig auf die Beschreibung wartete.
Und Tawny beschrieb das Kleid bis ins kleinste Detail, denn sie wusste genau, wie sehr die alte Dame Mode liebte. Am liebsten hätte sie ihr auch von den Golden Movie Awards und Tia Castelli und ihrem Ehemann erzählt, ganz zu schweigen von der Burg, doch sie wagte es nicht, weil sie nicht wusste, ob Navarre das als vertrauliche Information betrachtete. Stattdessen ließ sie sich von ihrer Großmutter berichten, was sie diese Woche gemacht hatte. Bei dieser liebevollen Plauderei entspannte sie sich langsam.
„Du und deine Großmutter, ihr scheint euch sehr nahe zu stehen“, bemerkte Navarre, als Tawny ihm das Handy zurückgab.
„Sie ist ein Schatz“, entgegnete Tawny voller Wärme und griff nach ihren Sachen, um damit ins Bad zu gehen.
„Was ist mit deiner Mutter?“
Tawny blieb mit dem Rücken zu ihm stehen. Langsam drehte sie sich um. „Unsere Beziehung ist derzeit ziemlich abgekühlt“, gab sie ehrlich zu.
Mutter und Tochter redeten zwar noch miteinander, doch bei ihrer letzten Auseinandersetzung waren Worte gefallen, die sie wahrscheinlich nie vergessen würde. Tawny kam nicht darüber hinweg, dass ihre Mutter ihr deutlich zu verstehen gegeben hatte, was für eine Enttäuschung sie war. Sie waren noch nie gut miteinander ausgekommen. Tawny weigerte sich, ihr rotes Haar braun zu färben, und schmollte, als ihre Mutter ihr einen gepolsterten BH aufzwängen wollte. Sie erzielte nach Ansicht ihrer Mutter in den falschen Schulfächern gute Noten, und dann wählte sie an der Uni auch noch Kunst, anstatt ein BWL-Studium einzuschlagen, mit dem sie irgendwann einmal ein adäquates Gehalt verdienen würde. Ihr neuester Job als Zimmermädchen hatte das Fass vollends zum Überlaufen gebracht. Nein, Tawny würde nie die Tochter sein, mit der Susan vor ihren Freundinnen prahlen konnte.
Seufzend wandte Tawny sich dem Badezimmerspiegel zu und legte das Abend-Make-up auf. Sie hatte zugesehen, wie die Visagistin sie geschminkt hatte, weshalb sie nun Eyeliner und goldenen Lidschatten stärker als gewöhnlich auftrug. Ihre Lippen betonte sie mit einem schimmernden Gloss. Das Kleid hatte ein eingearbeitetes Mieder, sodass sie keinen BH brauchte. Es war gar nicht so leicht, das Kleid allein zu schließen, doch als sie es geschafft hatte, griff sie nach ihrer Kosmetiktasche und verließ das Bad.
Navarre erstarrte, als er sie sah.
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