Julia Extra Band 365
hochgehen … ich habe etwas vergessen!“, wisperte ihre Schwester mit merkwürdiger Stimme.
Doch so leicht ließ Tawny sich nicht täuschen, zumal Bee eine schlechte Schauspielerin war. Also ging Tawny an ihrer Schwester vorbei und erhaschte einen guten Blick auf die Szene, vor der Bee sie hatte schützen wollen. Tia Castelli heulte sich an Navarres Brust die Seele aus dem Leib, und er schaute mit jener Mischung aus Sorge und Zärtlichkeit auf die zierliche Blondine herab, die nur in den intimsten Beziehungen existierte. Die Art und Weise, wie ihr Bräutigam Tia Castelli tröstete, war für Tawny wie ein Messerstich ins Herz.
Als das Paar merkte, dass es Publikum hatte, trat Navarre einen Schritt zurück, und Tia wischte sich rasch die Tränen aus den Augen, um kurz darauf breit zu lächeln. „Ich hatte einen dummen Streit mit Luke, und Navarre hat mich aus dem Saal geführt, damit ich mich nicht in aller Öffentlichkeit lächerlich mache.“
Es war eine plausible Erklärung, die so überzeugend wirkte, wie das bei einer talentierten Schauspielerin zu erwarten war. Es klang ehrlich und entsprach vielleicht sogar der Wahrheit, aber Tawny glaubte ihr dennoch nicht.
„Ich verstehe“, murmelte sie, denn ihr Stolz verbot ihr, die beiden zur Rede zu stellen, solange sie keine wirklichen Beweise besaß. Dennoch hatte sich in einem Sekundenbruchteil ihr vages Misstrauen in eine tiefe Verunsicherung verwandelt.
„Du siehst bezaubernd aus, chérie “, bemerkte Navarre glatt. Kühl musterte er ihr verschlossenes Gesicht.
Obwohl sie furchtbar blass war, lächelte Tawny, als sei alles in bester Ordnung. Sie hoffte, dass Navarre nicht auffiel, dass das Lächeln nicht ihre Augen erreichte. Aber vermutlich war er einfach nur erleichtert, dass sie kein Italienisch verstand und daher nicht wusste, was der Redeschwall zu bedeuten hatte, den Tia Castelli an seiner Brust ergossen hatte. Doch in diesem Moment fiel ihr ein, dass ja noch jemand da war, der Italienisch sprach, und sie schaute ihre sprachbegabte Schwester Bee an, die genauso blass war wie sie selbst. Tawny nahm sich vor, von ihr in Erfahrung zu bringen, was gesagt worden war.
Als sie in den Ballsaal zurückkehrten, war von Tia und Luke nichts zu sehen. Der strategische Rückzug überraschte Tawny nicht. Sie versprach Navarre, in ein paar Minuten zurück zu sein, und machte sich dann auf die Suche nach ihrer Schwester. Sie war genauso wenig überrascht, Bee in ein besorgtes Gespräch mit Zara vertieft zu sehen.
„Also gut … ich bin die unglückliche Frau, die gerade einen Mann geheiratet hat, an dessen Hals ein berühmter Filmstar hing und wie ein Schlosshund geschluchzt hat!“, spottete Tawny. „Bee, verrat mir, was Tia gesagt hat.“
Ihre Schwestern tauschten einen verstohlenen Blick.
„Nein, es ist nicht fair, es vor mir zu verbergen. Ich habe ein Recht, zu erfahren, was du gehört hast.“
Bee öffnete widerwillig den Mund. „Tia war völlig aufgelöst wegen des Babys. Offensichtlich wusste sie noch nicht, dass du schwanger bist.“
„Wahrscheinlich ist sie eifersüchtig. Sie hat doch nie ein eigenes Kind haben können“, tippte Zara.
„Aber normalerweise sollte sie die Trauer darüber mit ihrem eigenen Ehemann teilen und nicht mit meinem “, betonte Tawny. „Macht euch keine Sorgen um mich. Das hier ist keine Liebesheirat. Das wusste ich von Anfang an. Es kann aber sein, dass diese Ehe nicht funktioniert … nicht, wenn dieser Frau ein Stück von Navarre gehört. Damit könnte ich nicht leben. Ich könnte ihn nicht teilen …“
„Ich glaube nicht, dass du dir darum Sorgen machen musst“, beschwichtigte Bee rasch. „Was du gesehen hast, war eine schreckliche Drama Queen, die bewusst die Aufmerksamkeit eines attraktiven Mannes auf sich gezogen hat. Vermutlich hat sie darin einige Erfahrung, und Navarre wirkte ein wenig überfordert. Außerdem denke ich, dass er zukünftig vorsichtiger sein wird, was Tia Castelli angeht. Er ist kein Narr.“
Auf dem Weg zum Flughafen plauderte Navarre ruhig über ihre Hochzeit, und Tawny gelang es auch, angemessene Antworten zu geben, aber sie konnte nicht leugnen, dass die Freude des Tages seit der Szene zwischen ihm und Tia dahin war. Sie erinnerte sich zu genau an den Blick, den er der blonden Schauspielerin geschenkt hatte. Sie selbst würde zehn Jahre ihres Lebens dafür geben, damit Navarre sie nur einmal so ansah. Und genau das ist das eigentliche Problem, dachte sie todtraurig. Ihn mit Tia zu
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