Julia Extra Band 365
stand, wollte sie zwingen, als Erste wegzuschauen. Sie tat es nicht. Aber dann blinzelte sie, und es war, als ginge ein Visier herunter. In ihren Augen lag nur noch ein Ausdruck äußerster Unnachgiebigkeit.
Aleksej kannte die Frauen. Er entwarf Schmuck für sie, damit sie sich schön und glücklich fühlten. Es passierte nicht oft, dass er die Gedanken einer Frau nicht lesen konnte.
Madeline sah ihn immer noch an. Aber jetzt wirkte sie distanziert und kühl. Als wollte sie ihm beweisen, dass er sich getäuscht hatte. Dabei war er sich sicher, einen Blick auf ihr inneres Feuer erhascht zu haben.
Er war an Frauen gewöhnt, die ihm unmissverständlich Avancen machten.
Und es war klar, dass Madeline nicht im Geringsten daran dachte, das zu tun.
„Wenn Sie bereit sind, Madeline“, sagte er, „Können wir darüber reden, was Sie möchten.“
Sie machte große Augen und wurde rot. „Was die Arbeit betrifft?“
Er konnte seine Befriedigung kaum verbergen. „Natürlich.“
Sie nickte. „Ja … das klingt gut.“
Sein Puls stieg, das Herz pumpte Adrenalin durch seine Adern. Er stellte sich vor, wie es wohl sein würde, sie so weit zu bringen, dass sie ihm ihr Verlangen gestand. Sofort fühlte er sein Blut schneller und heißer fließen. Neugier, Erregung, Gefühl – nachdem er sechs Jahre lang nur seine körperlichen Bedürfnisse befriedigt hatte, war das alles neu für ihn.
Er begehrte Madeline Forrester. Und er war entschlossen, sie zu besitzen.
„Jetzt bleib endlich hängen!“, murmelte Madeline vor sich hin, während sie damit beschäftigt war, einen breiten Seidenstoff anzutackern.
Sie versuchte, mithilfe des Stoffs die kahlen Wände etwas aufzupeppen. Die ganze Dekoration, alle Gedecke, die Tischdecken und die Lampen würden weiß sein. Die üppigen Stoffgirlanden sollten dem Raum mehr Struktur geben.
Deshalb stand sie jetzt hoch oben auf einer schwankenden Leiter, an der sie sich mit einer Hand festhielt, während die andere mit dem Stoff kämpfte.
„Was zum Teufel tun Sie da?“ Aleksejs tiefe Stimme hallte durch den leeren Saal.
Madeline tackerte das letzte Stück Stoff an und verdeckte die Metallklammer sorgfältig unter einer Falte, bevor sie einen Blick nach unten warf.
„Arbeiten“, antwortete sie kurz angebunden. „Sie sollten mich nicht so erschrecken, wenn ich hier oben stehe.“
Vorsichtig, damit sie mit ihren hohen Absätzen nicht hängen blieb, stieg sie die Leiter hinunter. Auf der letzten Stufe rutschte sie aus und landete mit einem nicht gerade graziösen Sprung auf dem Marmorboden.
Ihr Herz raste – einmal, weil sie fast gestürzt wäre, und außerdem wegen Aleksejs Gegenwart. Ihr war es gelungen, ihm die zwei Tage, die sie hier waren, aus dem Weg zu gehen. Seitdem sie im Zug fast ihrem Verlangen nachgegeben und ihn berührt hätte. Die Versuchung war so groß gewesen. Und sie so schwach.
Sie drehte sich um und stieß fast mit Aleksej zusammen. Er umfasste die Leiter an beiden Seiten. Madeline war zwischen seinen Armen gefangen.
„Was haben Sie da gerade gemacht?“, fragte er mit gefährlich leiser Stimme.
„Meinen Job“, erwiderte sie steif und versuchte, gegen die Willenlosigkeit anzukämpfen, die sie plötzlich erfasste.
„Sie standen mit High Heels hoch oben auf einer Leiter. Haben Sie eine Ahnung, wie gefährlich das ist?“
„Ich arbeite viel in hohen Absätzen und klettere manchmal damit auch auf Leitern.“
„Bezahle ich nicht ein ganzes Team, das Ihnen bei den körperlichen Arbeiten helfen soll?“
„Ja, schon, aber ich wollte etwas ausprobieren. Und manchmal ist es einfacher, wenn ich das selbst mache.“
„Das war sehr dumm.“
Er stand dicht vor ihr. Und er war wütend, aber nur, weil er besorgt war … um sie. Und das war fast noch berauschender als die Tatsache, dass sie bei der geringsten Neigung ihres Kopfes mit den Lippen seinen Mund berühren konnte.
Sie zuckte mit dem Kopf zurück. Sonst würde sie ihn wirklich noch küssen, und das wäre mehr als dumm.
Aber dann legte er ihr die Hand auf den Rücken. Sie spürte, wie die Wärme seiner Handfläche durch ihre Seidenbluse drang. Er bewegte leicht den Daumen hin und her. In dem leeren Saal war das leichte Kratzen seines rauen Fingers deutlich zu hören.
Madeline war wie gelähmt. Sie konnte nur dastehen und ihn ansehen. Am liebsten wäre sie weggelaufen, fort von dem Mann und fort von der Versuchung. Und auch fort von dem hinterhältigen kleinen Luder in ihrem Innern, das all das
Weitere Kostenlose Bücher