Julia Extra Band 365
haben, was sie sich selbst nicht erlaubte.
Gleichzeitig mit dem Verlangen waren lähmende Schuldgefühle in ihr erwacht. Schuldgefühle, weil sie zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder einen Mann begehrte. Weil sie ihre Sexualität nicht länger unterdrücken konnte. Weil sie sich immer noch nach körperlicher Liebe sehnte, obwohl sie geglaubt hatte, ohne sie leben zu können. Konnte sie sich jemals wieder trauen?
Als er dann vor ihr gestanden und so unverschämt gut ausgesehen hatte, dass ihr ganzer Körper vor Sehnsucht nach ihm fast vergangen war, da hatte sie sich beweisen wollen, dass die Wirklichkeit ihren Träumen nicht standhielt. Ihre Erfahrung mit Männern beschränkte sich auf einen einzigen Liebhaber. Außerdem war ihr das Körperliche nie so wichtig gewesen. Es war um Gefühle gegangen, nicht um wirkliche Begierde.
Doch Aleksejs Kuss hatte sie mit seiner Glut dahinschmelzen lassen. In ihren kühnsten Träumen hätte sie es sich so nicht vorgestellt.
„Davon bin ich überzeugt“, sagte sie. Sie glaubte ihm, dass es ihm keinen Kick gab, seine Macht zu missbrauchen. Er versuchte nicht, sie zu überreden. Er hatte ihr auch nicht gesagt, wie schön sie sei und dass er sie liebe.
Er log nicht. Sie hatte ihn geküsst, und kein Blitz war auf sie niedergefahren und hatte sie auf der Stelle ins Jenseits befördert.
Es war gut, das zu wissen.
„Ich kann einfach nicht …“ Nur zu gut erinnerte sie sich daran, was damals passiert war. Du lieber Himmel, und schon wieder war es ihr Chef! Wenn ihrer Meinung nach auch nicht viel Ähnlichkeit zwischen Alexej und William bestand.
„Es ist keine gute Idee.“
„Nein, ist es nicht“, stimmte er ihr zu.
Wie um sich zu schützen, verschränkte sie die Arme vor der Brust. Ihr war kalt. Mit gesenktem Kopf ging sie an ihm vorbei zur Tür.
Als er sprach, klang seine Stimme sanft, aber entschieden. „Es ist keine gute Idee. Aber ich will Sie. Wenn Sie wollen, dass es geschieht, werden Sie zu mir kommen müssen, Madeline. Ich spiele keine Spielchen, und ich laufe einer Frau nicht hinterher.“
„Ich werde meine Meinung nicht ändern“, meinte sie, ohne sich umzudrehen. „Ich kann nicht.“
Mein Gott, was war sie für ein Feigling! Natürlich handelte sie vernünftig. Aber eigentlich tat sie es nur aus Angst. Und sie hasste sich dafür, dass sie sich von ihrer Angst beherrschen ließ.
Aber sie kam einfach nicht dagegen an. Ihre Angst war zu groß, um gegen sie anzukämpfen.
Er trat zu ihr und hielt ihr die Tür auf. „Es bleibt Ihre Entscheidung.“ Er glaubte ihr nicht. Natürlich nicht. Sie glaubte sich ja selbst nicht. „Darf ich Sie zum Ballsaal zurückbegleiten?“
Sie nickte steif. Das Beste war, so zu tun, als wäre nichts geschehen.
So, als hätte sie nie seine Lippen auf ihren gespürt. Als hätte er sie nie in den Armen gehalten.
Alles würde wieder sein wie zuvor. Sie war nicht schwach. Zumindest würde sie es nie wieder sein.
„Hallo, Madeline.“ Aleksejs verführerische Stimme war mehr denn je die reinste Folter für sie. Jetzt, wo sie wusste, wie er küsste. Wo sie seine Hände auf ihrem Körper gefühlt hatte, rau und fordernd. Hände, die eine Frau nur noch an Liebe denken ließen.
„Hallo“, erwiderte sie etwas heiser.
„Wie laufen die Vorbereitungen für die Ausstellung in Luxemburg?“
Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und dehnte den schmerzenden Rücken. „Gut. Sehr gut sogar. Wir haben das ganze Schloss zu unserer Verfügung. Das heißt, wenn die Gäste wollen, können sie im Schloss übernachten und am nächsten Morgen ein Gourmet-Frühstück genießen.“
Es würde die größte Präsentation seiner Kollektion werden, und sie war äußerst zufrieden. Auf der Gästeliste standen etliche Namen der reichsten und einflussreichsten Persönlichkeiten weltweit, und die ganze Ausstattung war dazu bestimmt, Eindruck zu machen.
„Ich möchte auch einige Stücke aus Ihrer letzten Kollektion zeigen. Wenn wir schon das ganze Schloss zur Verfügung haben, möchte ich die Räume auch nutzen.“
Es war leichter, mit Aleksej am Telefon über ihre Arbeit zu sprechen. Die Arbeit war etwas, das sie verband. Und sie sollte wirklich auch das einzig Verbindende bleiben.
Sie zog eine Grimasse und griff nach einem Stift, um sich Notizen zu machen. Sie musste ihren Verstand beschäftigen, sie durfte nicht über andere mögliche Verbindungen mit Aleksej nachdenken.
Als noch Hunderte von Meilen sie getrennt und sie ausschließlich
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