Julia Extra Band 366
dass er beschlossen hatte, Abstand zu halten. Du bist erbärmlich! schimpfte Dan mit sich. Ohne ein Wort stand er auf und schaltete um auf Lokalbesitzer. Er besänftigte den Gast, der das Risotto bestellt hatte, mit einer Gratismahlzeit, und bat eine Küchenhilfe, den Boden aufzuwischen. Dann kehrte er hinter die Theke zurück.
Dan nahm sich vor, Sophie wie eine Angestellte zu behandeln. Mehr nicht.
Fatal nur, dass er sich selbst nicht so recht glauben konnte.
Geduldig wartete Sophie, während der Koch letzte Hand an die drei Desserts legte, die für Tisch zwei bestimmt waren. Sie wirkten wie die anderen Speisen auf der Karte schlicht und lecker. Zumindest vermutete sie, dass das Essen lecker war, weil sie fast nur leer gegessene Teller abräumte. Sie hatte noch keine Gelegenheit gehabt, etwas zu essen. Oder stillzustehen.
Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt so erschöpft gewesen war. Sich so unfähig gefühlt hatte.
So nervös?
Den ganzen Abend hatte sie Dans Blick auf sich gespürt, eine prickelnde Wahrnehmung, die sie ständig im ungünstigsten Moment verwirrt hatte. Zum Beispiel, wenn ein Gast bestellte. Oder wenn sie – vielleicht ein bisschen optimistisch – zu viele Teller auf einmal trug. Sie hatte sich eingeredet, dass ein besorgter Lokalbesitzer seine neue Angestellte im Auge behielt.
Aber die Sekunden, als sie nebeneinander auf dem Boden gekniet hatten, sprachen gegen diese logische Erklärung. Sophie hatte die Leidenschaft in Dans Blick gesehen.
Er hatte daran gedacht, sie zu küssen.
Und einen Moment lang hatte auch sie daran gedacht, ihn zu küssen.
Das war nicht gut!
Sophie wippte auf ihren schmerzenden Füßen, während sie überlegte, wie sie damit umgehen sollte.
Wollte Dan deshalb bei ihrem Projekt mitmachen? Glaubte er, sie sei zu einer kurzen Affäre bereit? Vielleicht war er doch kein hilfsbereiter Ritter ohne Furcht und Tadel?
Falls er eine Affäre im Sinn hätte, würde sie es ihm fast nicht verübeln. Zweifellos wusste er, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Schließlich war sie dahingeschmolzen, als er ihr bloß die Hand geschüttelt hatte.
Energisch erinnerte sich Sophie daran, dass es nicht gut wäre, etwas mit Dan anzufangen. Zu der Ansicht war sie doch schon gekommen, und sie würde sich nicht umstimmen lassen.
Der Koch schob ihr die fertigen Dessertteller hin, sie ging auf den einzigen noch besetzten Tisch zu und schaffte es, alle drei Käsetörtchen mit Schokoladensoße fast ohne Wackeln zu servieren.
Anstatt in die Küche zurückzukehren, näherte sie sich der Theke. Sie mussten das klären. Bevor sie vorhin die Bar geöffnet hatten, hatte sich Dan geduscht, umgezogen und rasiert. Die sexy Bartstoppeln waren glatter Haut gewichen, aber Sophie kam gar nicht dazu, sie zu vermissen. Dan sah einfach immer umwerfend attraktiv aus.
Gut auszusehen war bei ihm ein Dauerzustand. Nicht, dass es ihren Entschluss ins Wanken bringen würde. Wenn Dan sich nur bereit erklärt hatte, ihr Partner für die Hochzeit zu sein, um sie ins Bett zu kriegen, dann musste sie die Sache jetzt beenden.
Ohne dass sie darum bitten musste, schenkte er ihr ein Glas Wasser ein. „Danke“, sagte Sophie. Während sie trank, polierte er weiter Weingläser. Sie würde sich langsam bis zum „Wenn du nur für Sex mitmachst, hast du kein Glück“ vorarbeiten.
„Wann hast du das Lokal aufgemacht?“
„Vor zehn Jahren. Das andere habe ich fünf Jahre später gekauft“, erwiderte Dan.
„Das andere?“
Er stellte das letzte Glas weg und hängte das Tuch über eine Stange unter der Spüle. „Ja, in Fremantle. Es ist fast doppelt so groß wie dieses.“
Sophie war beeindruckt. Dieses war auch nicht gerade klein. „Dann bist du noch ziemlich jung gewesen, als du diese Bar gekauft hast?“
„Fünfundzwanzig“, antwortete er und grinste dann. „Fragst du mich etwa aus?“
Ihr brannte das Gesicht. „Ich bin nur neugierig. Du weißt so viel über mich, und ich weiß nichts über dich.“
Mit ihm Zeit zu verbringen überzeugte sie immer mehr davon, dass sie auf dem Holzweg war. Während sie sich unterhielten, musterten zwei junge Frauen am anderen Ende der Theke Dan interessiert. Wie hatte sie vergessen können, dass er den ganzen Abend mit weiblichen Gästen geflirtet hatte? Die Frauen hingen an seinen Lippen.
Und sie hatte sich eingebildet, Dan würde sie in seinem Lokal arbeiten lassen und zum Schein mit ihr zusammen sein, um sie ins Bett zu kriegen? Sophie Morgan? Wo er
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