Julia Extra Band 366
kennst mich. Ich bin nervös, weil ich nicht weiß, wohin wir gehen. Es hat nichts mit Dan zu tun.“
Ihre Mutter zog nur die perfekt gezupften Augenbrauen hoch.
„Und dass du – natürlich rein zufällig – gerade auf dem Sofa liegen und lesen musst, wenn er kommt, ist doch so was von auffällig. Ich durchschaue dich.“
„Na und? Als würde ich das verpassen wollen! Dass man den Scheinfreund seiner Tochter kennenlernt, erlebt man ja nicht alle Tage.“
Leider war es unvermeidlich gewesen, ihrer Mutter von dem Plan zu erzählen. Teils, weil ihr keine gute Erklärung dafür einfiel, warum sie plötzlich bis in die frühen Morgenstunden wegblieb. Aber hauptsächlich, weil sie ihre Mutter nicht anlügen wollte. Zwar war sie neugierig und rechthaberisch, aber auch eine wirklich klasse Mutter. Sophie und ihre Schwester allein großzuziehen konnte nicht leicht gewesen sein. Und dann noch die vielen Krankenhausaufenthalte …
„Genau, das darfst du nicht vergessen.“ Sophie setzte sich neben ihre Mutter. „Wir täuschen es nur vor. Es ist rein platonisch. Wir fühlen uns nicht einmal zueinander hingezogen.“
Normalerweise brachte nichts Sophies Mutter aus der Fassung, aber bei dieser offensichtlichen Lüge entglitten ihr die Gesichtszüge.
„Vielleicht ein bisschen“, räumte Sophie ein. „Jedenfalls sind wir uns darüber einig, dass nichts passieren wird.“
Seufzend legte ihre Mutter ihr den Arm um die Schultern. „Bist du sicher, dass du dazu bereit bist?“
„Es ist nur vorgetäuscht, das habe ich doch gerade gesagt.“
„Nehmen wir einmal an, es wäre echt.“
„Ich will mich nicht in eine neue Beziehung stürzen. Deshalb mache ich lieber dies als Speed-Dating oder Partnersuche online, oder was ich sonst geplant hatte, um bis zu Karens Hochzeit einen echten festen Freund zu finden. Das war eine blöde Idee. Diese ist die vernünftige.“
Zumindest vernünftiger, als zu glauben, sie könnte ihren Kummer rechtzeitig vor der Hochzeit vergessen und sich neu verlieben.
„Du brauchst keinen Partner für die Hochzeit, Sophie.“
Darauf wies ihre Mutter sie nicht zum ersten Mal hin. Und Sophie wusste, dass sie recht hatte. Aber sie wollte einen, unbedingt, sogar verzweifelt, obwohl sie es hasste, dass sie sich nicht allein hintraute.
Auf der Veranda ihrer Mutter waren Schritte zu hören. Kurz danach klopfte es an der Tür. Das ersparte Sophie weitere Erklärungsversuche.
Ihre Mutter lehnte sich wieder auf dem Sofa zurück. Sophie strich ihr mitternachtsblaues Kleid glatt, holte tief Atem und imitierte auf dem Weg zur Tür eine gelassene, selbstbewusste Frau, die ihr Leben im Griff hatte.
Sie war nur nervös, weil sie nicht wusste, wohin sie fahren würden. Sie fürchtete sich vor der Hochzeit. Sie hatte keine Schmetterlinge im Bauch, weil Dan vor der Tür stand.
„Hallo“, sagte er, als Sophie aufmachte.
In einer dunkelgrauen Hose und einem weißen Hemd ohne Krawatte war er auf eine völlig andere Art gut aussehend als Barkeeper-Dan oder Surfershorts-Dan. Lässig elegant wie jetzt gefiel er ihr am besten. Vielleicht weil die zwei offenen Kragenknöpfe seine dunkle Haut enthüllten und sie den Kontrast zu seinem weißen Hemd mochte?
Oder weil Dan sie zu einem Date abholte.
Nein. Einen Moment mal. Was?
Unglaublich. Ein Blick auf Dan und sie hatte vergessen, dass es bloß eine Scheinverabredung war. Dabei waren romantische Flausen im Kopf hier fehl am Platz.
Ganz durcheinander und sich bewusst, dass sie schon viel zu lange stumm dastand, sagte Sophie das Erste, was ihr in den Sinn kam.
„Du siehst großartig aus.“ Nicht ideal, aber zumindest hatte sie es geschafft, einen vollständigen Satz zu bilden. Unglücklicherweise musste sie die Worte jetzt rechtfertigen. „Ich meine, ich weiß es zu schätzen, dass du dir Mühe gegeben hast, als wäre es ein echtes Date. Was es natürlich nicht ist. Allerdings könnten wir zufällig jemanden treffen, den ich kenne, oder jemand würde vielleicht …“
„Sophie“, unterbrach Dan sie, „ich hab’s kapiert. Und nur, um das einmal festzuhalten …“
Sie wartete, während sein Blick über sie glitt und ein prickelndes Gefühl zurückließ.
Dan räusperte sich. „… du siehst viel besser als großartig aus!“
Fünf Minuten später setzte sich Sophie auf den Beifahrersitz von Dans schwarzem Sportcoupé. Das Auto passte zu ihm: dunkel, attraktiv und sexy.
Aber auf die Dauer völlig ungeeignet.
Das durfte sie nicht vergessen.
„Deine
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