Julia Extra Band 366
tragen möchten“, erwiderte Theo auf seine typische unerbittliche Art, die sie dazu brachte, ihm gehorchen und gefallen zu wollen – obwohl sie gleichzeitig am liebsten schreiend weggelaufen wäre. Noch immer stand er hinter ihr vor dem Spiegel, nur Zentimeter von ihr entfernt. Sie tat so, als würde sie die Wärme seines Körpers nicht fühlen. Als würde sie nicht spüren, wie schwer sich ihre Brüste plötzlich anfühlten. Sie hasste sich für ihre Schwäche.
„Es geht darum, solch ein Kleid als Kunstwerk schätzen zu lernen“, sagte er leise. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel, sein Kopf nahe dem ihrem. Das Funkeln in seinen Augen ließ Becca wieder einmal hoffen, dass Theo mehr war, als er zu sein schien. Mehr als nur ein weiterer Speichellecker der allmächtigen Familie Whitney. „Larissa besaß einen ungezwungenen Geschmack, was Mode betraf. Und wenn Sie verstehen, auf was sie Wert legte, werden Sie auch Larissa verstehen.“
„Was ich bisher begriffen habe“, sagte sie mit heftig klopfendem Herzen und dünner Stimme, „ist, dass wohlhabende Leute offensichtlich die Zeit haben und das Geld besitzen, mit ihrer Kleidung etwas auszudrücken. Dabei sollten Kleider doch einem Zweck dienen. Zum Beispiel, um sich zu bedecken und zu wärmen.“
„Sie müssen Larissa verstehen lernen“, erwiderte er rasch.
Welch bittersüße Bedeutung hatte es, dass sie sich wünschte, für ein, zwei Augenblicke Larissa für ihn sein zu dürfen?
Dieser Gedanke wühlte ihr Blut auf. Er klang in ihr nach, begann sogar zu singen, wie eine perfekte Harmonie, die sie ihr ganzes Leben lang schon in sich trug.
Mach dich nicht lächerlich, rief sie sich zur Raison. Dieser Mann liebt seine Verlobte noch immer.
„Also doch“, hörte sie sich selbst sagen, ohne Rücksicht auf die Folgen.
„Also was?“ Er sah nicht von seinem Bildschirm hoch. Seine Stimme klang abweisend.
„Sie lieben sie noch immer.“ Fast zärtlich betrachtete sie die maskuline Linie seiner Kinnpartie, sein dichtes schwarzes Haar. „Sie lieben Larissa.“
Eindringlich sah er sie an. „Sie ist schließlich meine Verlobte“, sagte er kurz angebunden. Es war der Tonfall, den sie bereits kannte. Der ihr bedeutete zu schweigen, weil er sonst die Geduld verlieren würde. Doch sie konnte nicht anders. Sie spürte einen ständigen Drang, ihn zu reizen, konnte jedoch nicht verstehen, warum.
„Sie hatte auch einen Liebhaber“, entfuhr es ihr. „Was denken Sie, was er für sie fühlt?“
Langsam klappte Theo seinen Laptop zu. Gefährlich langsam. Becca musste schlucken. Was war mit ihr los? Warum musste sie ihm zusetzen und sich anmaßen, mit einer Frau in Wettbewerb zu treten, die sie nie im Leben getroffen hatte?
„Da müssen Sie ihn selbst fragen“, sagte er auf eine Art, die sie sofort wachsam machte. In unbewusster Abwehr presste sie den Rücken gegen die Stuhllehne. „Doch soweit ich weiß, hat Chip Van Housen noch nie jemanden geliebt. Nicht einmal sich selbst.“
„Sie kennen ihn also“, sagte sie tonlos.
Theo hob abschätzig die Schultern. „Ich kenne ihn seit Jahren. Er ist in denselben Kreisen wie Larissa aufgewachsen und hatte bekanntermaßen einen schlechten Einfluss auf sie.“ In Beccas Ohren klang er nicht wie ein Mann, dem ein anderer Hörner aufgesetzt hatte. Er war viel zu ruhig, zu beherrscht.
„Wie modern von Ihnen, dass Sie ihre Beziehung so gelassen sehen“, sagte sie. Doch dann erstarrte sie, als sie seinen Blick bemerkte. Seine Augen hatten sich verdunkelt, der ganze Körper war angespannt. Und plötzlich erkannte sie, dass dies der wahre Theo Makou Garcia war. Ein Mann, den er bisher unter der glänzenden Zurschaustellung seines Reichtums verborgen hatte. Ein urtümlicher, rauer und gefährlicher Mann.
Sie hätte vor Angst erzittern müssen. Doch stattdessen fühlte sie das Leben in sich pulsieren. Warum? Was bedeutete das? Sie fürchtete die Antwort.
„Ich bin ganz und gar nicht modern“, stieß er aus. Seine Augen schossen Blitze. „Doch ich habe schon vor vielen Jahren gelernt, wann es sich lohnt zu kämpfen und wann nicht. Sie sollten das Gleiche tun.“
„Lächerlich!“, rief sie Abende später am Esstisch aus und stieß ihren Stuhl zurück.
Theo beobachtete, wie sie sich erhob. Er bemerkte die Energie, die in ihrem Körper steckte, die Bewegung ihrer Hüften – komplett anders als Larissas abgemagertes, gelangweiltes Getue.
„Ich habe Ihnen wiederholt gesagt …“, begann er. Doch Becca schnitt
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