Julia Extra Band 366
Geliebte mit nach Hause nimmt, die er seit Wochen nicht mehr gesehen hat? Einen gemütlichen Plausch?“ Ihr Lachen klang hohl. „Kaum anzunehmen, oder?“
„Damit ich dich richtig verstehe“, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Du denkst, dass du mit Van Housen schlafen musst, um das Testament zu bekommen?“
Sie zuckte in gespielter Lässigkeit die Schultern, ohne den Blick von seinem grimmigen Gesicht abzuwenden.
„Wie sollte es denn sonst funktionieren?“, fragte sie. „Das ist nicht irgendein Spiel, Theo, sondern das wirkliche Leben. Und da haben die Menschen nun mal Erwartungen. Willst du etwa behaupten, du hättest diese Möglichkeit nie in Erwägung gezogen?“
Dass er kurz einen Anflug von Verzweiflung zeigte, sollte ihr eigentlich egal sein, statt ihr zu gefallen. Schließlich war das Theo. Auch wenn er die unterschiedlichsten Gefühle verspüren mochte, war ihm dieser Letzte Wille wichtiger. Er wollte das Aktienpaket. Und sie verstand sogar, warum. Er war ein Mann, der sich mit eiserner Entschlossenheit und Zielstrebigkeit aus dem Nichts hochgekämpft hatte. Was hatte sie da schon für eine Bedeutung? Sie war nur ein weiteres Opfer, das er seinem Ehrgeiz darbrachte.
Und wenn ihr Herz gebrochen war, so war das allein ihre Schuld.
„Van Housen ist von irgendwelchen Substanzen, die er nimmt, immer viel zu benebelt, um eine Gefahr für eine unschuldige junge Frau zu sein“, sagte Theo ruhig. „An deiner Stelle wäre meine einzige Sorge, dass er sich erbricht. Vielleicht über dein Kleid.“
„Bitte!“ Sie lehnte sich in ihrem Sitz zurück und sah ihn verärgert an. „Glaubst du wirklich, dass er sich derart gehen lässt, wenn er endlich wieder mit seiner Geliebten vereint ist? Wie praktisch du dir das vorstellst, Theo. Aber die Wirklichkeit sieht selten so nett und ordentlich aus.“
Ein Muskel zuckte in seinem Kiefer. Er nahm eine ihrer Haarsträhnen zwischen die Finger und zog leicht daran. Warum nur schmerzte sie diese einfache Geste so sehr, dass sie Tränen in sich aufsteigen spürte?
„Du scheinst ja geradezu versessen darauf, dir diesen Abend in den schlimmsten Farben auszumalen“, sagte er mit tiefer Stimme.
„Ich bin nur realistisch“, widersprach sie. In dem Blick, den sie ihm zuwarf, lagen Herausforderung und stummes Flehen. „Darum geht es doch bei der ganzen Sache, oder nicht? Um die perfekte Sexfalle?“
„Nein!“, stieß er aus, und sie spürte, wie er mit sich selbst kämpfte. Sie sollte sich nicht darüber freuen, sollte sich nicht an eine Hoffnung klammern, wenn sie es doch besser wusste.
„Was dann?“ Becca konnte nicht anders, als ihn zu reizen. Er rückte näher, zog sie an sich.
„Ich will nicht, dass er dich anfasst“, flüsterte er so leise, dass sie ihn kaum verstand. Dann küsste er sie.
Sein Kuss war besitzergreifend, brandmarkte sie gleichsam. Und sie schwelgte darin, spürte, wie unter seinen Händen loderndes Feuer in ihr erwachte. Sie schmiegte sich näher an ihn, ganz konzentriert auf seinen Kuss, seinen Mund, auf Theo …
Dann plötzlich schob er sie von sich, seine Miene nun verschlossen, ausdruckslos. Er lehnte sich zurück und starrte mit abwesendem Blick aus dem Fenster. Und sie wusste es, noch ehe er den Mund öffnete.
„Ich muss dieses Testament haben“, sagte er mit rauer Stimme. Als ob es auch ihm wehtun würde.
„Natürlich musst du es haben.“ Sie schaffte es nicht, die Verbitterung aus ihrer Stimme zu verbannen, auch wenn ihre Lippen von seinem Kuss noch geschwollen waren und sie sich am liebsten noch einmal in seinen Armen verloren hätte.
„Aus deinem Mund klingt das so, als hätte ich dich in irgendeiner Weise betrogen“, sagte er, den Blick unverwandt aus dem Fenster gerichtet, hinter dem das Leben von Manhattan in seiner unvergleichlichen Art pulsierte. „Als wäre das nicht von Anfang an so geplant gewesen. Ein Plan, dem du zugestimmt hast und für den du gebührend entschädigt wirst.“
Sie lachte. Denn natürlich hatte er recht. Doch als sie die Worte aus seinem Mund hörte, zerbrach etwas in ihr, und sie konnte den Gefühlen, die sie überschwemmten, keinen Einhalt gebieten. Wut, Verrat. Sie fühlte sich zutiefst verletzt. Und sie spürte die Liebe, die sie für ihn empfand und die sie dazu trieb, seinen Wunsch zu erfüllen.
Und über all dem schwebte die schicksalhafte Gewissheit, dass wieder einmal nicht sie es war, um die es hier ging. Sie war der Bastard der Familie Whitney. Nie das
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