Julia Extra Band 366
dich vor“, warnte Theo, aber Bradford sah ihn nicht einmal an. Stattdessen stand er auf und näherte sich Becca mit finsterem Blick, wohl um sie einzuschüchtern. Doch sie hielt seinem Blick auf gleiche Weise stand.
„Wenn es nach mir ginge, dürftest du dich hier nie wieder blicken lassen“, sagte Bradford gefährlich ruhig. „Nichts würde mir mehr Freude machen, als dich ohne einen Cent aus dem Vermögen der Whitneys davonzujagen. Weder du noch deine drittklassige Schwester sind auch nur einen Penny wert. Genauso wenig wie deine Mutter damals, dieses Flittchen.“
In diesem Moment wurde Becca bewusst, dass es ihr ein Gefühl von Freiheit gab, alles zu verlieren – selbst das, was sie zu Anfang nicht für möglich gehalten hatte. Ihr Herz. Denn das machte sie völlig immun gegen brutale Kerle wie diesen Mann.
„Bis jetzt habe ich meine Mutter in diesem Zusammenhang immer als Opfer gesehen“, sagte sie zu Bradford und sah ihn genauso wütend an, ohne das geringste Anzeichen von Angst. „Aber jetzt ist mir klar, dass sie mehr als froh war, diesen Ort verlassen zu können.
„Ja“, schnaubte Bradford. „Sie war bestimmt froh, in Armut zu leben, sich ständig für die falschen Männer zu entscheiden und zwei Bälger aufzuziehen, während sie sich halb zu Tode geschuftet hat. Ja, Caroline war tatsächlich glücklich darüber.“ Er lachte. „Und du kannst dich schon mal darauf freuen, genauso glücklich zu sein, für den Rest deines Lebens.“
„Bradford!“ Theos Stimme klang hart. „Hör auf.“ Doch der ältere Mann kümmerte sich nicht um den Einwurf, genauso wenig wie Becca.
„Die Wahrheit ist, dass ich dich bemitleide“, erklärte Becca ihrem Onkel und sah ihm direkt in die Augen. „Du hast alles – mehr als die meisten sich nur erträumen können –, aber letztendlich hast du nichts.“
„Das reicht!“ Becca spürte erst, dass Theo hinter ihr war, als er seine Hände auf ihre Schultern legte. „Jetzt ist wohl kaum der richtige Augenblick für so eine Auseinandersetzung“, sagte er scharf.
„Schaff diese Kreatur aus meinem Haus“, zischte Bradford wütend.
Theo stellte sich zwischen Becca und Bradford. Auch wenn sie seine Ritterlichkeit schätzte, hätte sie ihren Wortwechsel mit Bradford lieber fortgesetzt. Es war immer noch besser, sich mit einem Ekel wie Bradford zu streiten, als an all das zu denken, was sie an diesem Abend verlieren würde.
Unweigerlich warf sie einen Blick in Larissas Zimmer. Die Ärzte waren kurz zur Seite getreten und für ein oder zwei Augenblicke sah sie die wirkliche Larissa. Sie starrten einander an, bis die Ärzte die Sicht wieder versperrten und Becca sich abwandte.
Sie war zutiefst erschüttert.
Dies waren echte Menschen, und keine Marionetten, die einen alten Zwist austrugen. Einer dieser Menschen war die arme Frau dort in dem Bett, die Besseres verdiente als diese deprimierende kleine Show, nachdem sie zu einem medizinischen Wunder geworden war. Höchste Zeit für Becca, sich daran zu erinnern, wer sie früher gewesen war, in ihrem wirklichen Leben. Es war Zeit für sie zu gehen.
„Das musst du mir nicht zweimal sagen“, meinte sie zu Bradford und lächelte sogar. „Ich bin glücklich, dich loszuwerden, ein für allemal.“
Bradford wollte etwas erwidern, doch Theo schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. Beccas Blick flog zu Helen, deren Miene von nichts als hochmütiger Verachtung sprach.
Sie wagte es nicht, Theo noch einmal direkt anzusehen, aus Angst, dieses Haus nicht verlassen zu können. Aber er gehörte ihr nicht, hatte ihr nie gehört. Und sie hätte sich niemals der Illusion hingeben dürfen, dass es doch so sein könnte.
Deshalb ging sie, ohne noch einmal zurückzublicken.
Theo holte sie in der großen Eingangshalle ein. „Bleib stehen“, befahl er, und sie gehorchte, wie immer. „Bitte“, fügte er hinzu, und sie war erstaunt, dass er dieses Wort überhaupt kannte.
„Es hat keinen Sinn, diese unerfreuliche Unterhaltung weiterzuführen“, entgegnete sie. Sie spürte ihn, als er zu ihr aufschloss. Fühlte seine Hitze, seine Kraft. Kurz schloss sie die Augen, öffnete sie aber gleich wieder. Jetzt war keine Zeit, um davon zu träumen, was hätte sein können. Es war höchste Zeit für die Wirklichkeit.
„Bradford ist ein Dummkopf“, sagte Theo finster. Seine grimmige Miene tat ihr weh. „Natürlich bekommst du das Geld, dass du wie geplant nach deinem Treffen mit Van Housen heute Abend erhalten hättest.
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