Julia Extra Band 367
immer noch geöffnet haben.“ Völlig ungeniert zog er sich einen Stuhl zurück und setzte sich. „Sie werden mich also bedienen müssen.“
Besorgt blickte Lily zur Tür. Fiona war nämlich noch einmal losgefahren, um Nachschub an Erdbeermarmelade zu besorgen, und nun wünschte sich Lily halb, dass ihre mütterliche Chefin zurückkommen würde, und halb fürchtete sie sich davor. Sie wollte, dass der sexy Neapolitaner sofort verschwand … und konnte andererseits doch den Blick nicht von ihm lassen. Inmitten all des zarten Teeporzellans und der Kuchenplatten mit Tortenspitzen wirkte er wie ein Riese, der sich in eine Puppenstube verirrt hatte. „Ich möchte, dass Sie jetzt gehen“, sagte sie atemlos.
Seine dunklen Augen blitzten spöttisch. „Nein, das wollen Sie nicht.“
Die erotische Botschaft war so unmissverständlich, dass Lily schluckte. „Nun, ganz offensichtlich kann ich Sie nicht handgreiflich vor die Tür setzen.“
„Da könnten Sie Schwierigkeiten haben“, räumte er unverfroren ein.
Sie warf einen Blick auf die Uhr. „Es sind noch genau sieben Minuten bis zum Ladenschluss, also rate ich Ihnen, schnell zu bestellen.“
„Kein Problem. Ich hätte gern ein Stück Zitronenkuchen. Letzte Woche bin ich ja leider nicht mehr dazu gekommen, ihn zu probieren.“
„Tut mir leid, aber Zitronenkuchen ist keiner mehr da.“
Er lächelte. „Können Sie mir denn etwas anderes empfehlen?“
„Nun ja, da ich alle Torten und Kuchen, die wir hier verkaufen, herstelle, kann ich sie auch alle empfehlen.“
„Ist das wirklich so?“, fragte Ciro aufhorchend.
„Ja.“ Lily zückte Block und Stift. „Und wir haben nur noch Kaffee oder heiße Schokolade im Ausschank. Also, was soll es sein?“
„Vergessen Sie es.“
„Was soll ich vergessen?“
„Meine Bestellung.“
„Sie haben es sich anders überlegt?“, fragte sie seltsam enttäuscht, als er aufstand.
„ Si, ho cambiato idea. Ich habe es mir anders überlegt.“
Er wechselte so unvermittelt ins Italienische, dass ihr ganz schwindelig wurde. Oder lag es daran, dass er ihr plötzlich viel zu nahe kam, sodass sie den Duft seines exklusiven Aftershaves riechen und den dunklen Schatten von Bartstoppeln auf seinem markanten Kinn sehen konnte? Es kribbelte ihr in den Fingerspitzen, ihn zu berühren und sich zu vergewissern, ob er sich so gut anfühlte wie er aussah. „Was soll das heißen?“, fragte sie aber argwöhnisch.
„Ich bin einer Meinung mit Ihnen. Ich möchte nicht hier sitzen, während Sie mich unwillig bedienen.“
„Gut, dass Sie den Wink verstanden haben und mich in Ruhe lassen.“
„Aber nein, das werde ich keineswegs“, widersprach er selbstbewusst lächelnd. „Jedenfalls nicht, bevor Sie nicht eingewilligt haben, mit mir zu Abend zu essen.“
Lily blickte wie gebannt in seine dunklen Augen und fühlte, wie sie errötete. Er war sich seiner selbst so sicher! „Sind Sie verrückt?“
„ Si , ich glaube tatsächlich. Ja, ein wenig“, gestand er unerwartet. „Denn ich konnte Sie einfach nicht vergessen, habe Sie immer vor mir gesehen, wie Sie in der Küche standen mit Ihren bemehlten Händen und der Rüschenschürze eng um die zierliche Taille gebunden … wie eine bezaubernd altmodische Küchenfee. Und glauben Sie mir, gewöhnlich denke ich nicht so viel über eine Frau nach.“
„Nein, ich nehme an, meist ist es umgekehrt, nicht wahr?“, meinte sie spitz. „Die Frauen sind völlig verrückt nach Ihnen, sobald sie Sie nur sehen, stimmt’s?“
„Können Sie es ihnen verübeln?“, erwiderte er ungeniert. „Aber meine unbestrittene Wirkung auf Frauen ist nicht der Grund, warum ich heute hier bin. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich wegen der Sache ein schlechtes Gewissen habe.“
„Anscheinend gibt es doch noch Gerechtigkeit in der Welt.“
Ciro verkniff sich ein Lächeln. „Es war nicht richtig von mir, Ihnen zu verschweigen, dass ich der neue Eigentümer des Gutshauses bin. Sie müssen aber zugeben, dass ich mich in einer schwierigen Lage befand.“
Sie spürte, wie ihr Widerstand erlahmte. Las sie nicht ehrliche Reue in seinen Augen? Und es war ja auch wirklich nicht seine Sache gewesen, sie darüber aufzuklären, was mit dem Haus geschah, oder? „Suzy hätte mich früher einweihen müssen“, räumte sie ein.
„Ja, allerdings.“ Ciro lächelte entwaffnend. „Wenn es also gar keinen Streit zwischen uns gibt, wie wär’s, wenn Sie sich dann von mir zum Essen einladen lassen?“
Lily atmete tief
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