Julia Extra Band 367
einschlägigen Zeitschriften. Er ist meistens auf Tournee. Aber Saffron scheint so begeistert von der Vorstellung zu heiraten zu sein, dass er anscheinend nur eine untergeordnete Rolle spielt. Ich schätze, es wird die Hochzeit des Jahrhunderts.“
George warf mir einen Blick zu. „Dann werden Sie also als Brautjungfer fungieren?“
„Nein, zum Glück nicht! Sie hat mich zwar gefragt, aber als ich höflich abgelehnt habe, hat sie aus ihrer Erleichterung keinen Hehl gemacht. Ich passe nicht so ganz in das Ambiente. Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, wie wenig wir gemeinsam haben.“
„Ich hätte jedenfalls nie gedacht, dass Sie beide Schwestern sind“, bestätigte er. „Sie sehen sich überhaupt nicht ähnlich.“
„Nein, Saffron sieht toll aus“, räumte ich neidlos ein. „Ihre Mutter war Model, und Saffron kommt nach ihr. Sie ist blond, lebhaft und schön, und ich … bin es nicht.“
Ich spürte seinen Blick auf mir und hob trotzig das Kinn.
„Nein, blond sind Sie nicht, und Sie sind eher kratzbürstig als lebhaft, aber ansonsten schätzen Sie sich falsch ein, finde ich.“
„Sie brauchen nicht höflich zu sein“, widersprach ich. „Ich weiß, dass ich nicht schön bin. Saffron ist eine Schönheit, und bin ich eine Intelligenzbestie, wie mein Vater früher immer betont hat.“
„Autsch!“
„Das stimmt.“ Ich zuckte die Schultern. „Saffron und ich sind so verschieden, dass wir wahrscheinlich einen komischen Anblick bieten, wenn wir zusammen sind – was nicht besonders oft vorkommt.“
„Und trotzdem ruft sie Sie an, wenn sie Probleme hat.“
„Weil sie keine Mutter hat. Tiffany ist mit ihrem Personal Trainer durchgebrannt, als Saffron noch ein Baby war, und ein paar Jahre später gestorben. Saffron hat mir immer leid getan. Sie war so ein süßes kleines Mädchen und immer der Augapfel meines Vaters, aber nie hatte jemand Zeit für sie.“
„Sie sind also die große Schwester?“
„Stimmt. Als ich sieben war, hat mein Vater beschlossen, dass ein Model besser zu ihm passt als meine Mutter. Mum wollte sich nicht scheiden lassen, aber als Tiffany schwanger wurde, hat Dad darauf bestanden. Und da seine Firma damals noch nicht so gut lief, hat Mum nicht besonders viel Unterhalt bekommen, und wir haben ein ganz durchschnittliches Leben geführt. Wir haben in einem Vorort von London gewohnt, und ich bin dort auch zur Schule gegangen. Es war nicht schlecht“, fuhr ich fort und verdrängte die Erinnerung daran, wie meine Mutter nachts geweint hatte. „Allerdings musste ich in den Sommerferien immer zwei Wochen bei meinem Vater verbringen, der von Jahr zu Jahr reicher wurde. Für mich war es eine ganz andere Welt. Ich fand es furchtbar.“
Wieder seufzte ich. „Als ich fünfzehn war, ist Mum gestorben.“
„Das tut mir leid.“ George wirkte ungewohnt ernst. „Es ist sicher sehr schwer für Sie gewesen.“
„Ja, es war schrecklich.“ Allein bei dem Gedanken an jene Zeit spürte ich Verzweiflung in mir aufsteigen.
Mum war erst neununddreißig gewesen, als sie eines Tages leblos an der Spüle zusammengesunken war. „Die Ärzte sagten, es sei eine Embolie gewesen. Ich war gerade in der Schule, und eine Nachbarin hat sie gefunden. Als ich nach Hause kam, hatte man Mum schon weggebracht.“
Ich wusste noch genau, wie ich fassungslos in der Küche gestanden hatte. Noch vor wenigen Stunden war sie da gewesen, und nun war sie verschwunden.
In meinem tiefsten Inneren hatte ich immer das Gefühl, dass ich es hätte ahnen müssen. Ich hätte mich von ihr verabschieden und ihr sagen müssen, dass ich sie liebe.
„Für mich ist eine Welt zusammengebrochen.“ Erst in dem Moment wurde mir bewusst, dass ich mit George sprach.
Mit meinem beschaulichen Leben war es vorbei gewesen, und monatelang war ich auf der Suche nach einem Menschen gewesen, der mir hätte Halt bieten können – bis mir eines Tages klar geworden war, dass ich mich nur auf mich selbst verlassen konnte.
Nach und nach hatte ich mir ein neues Leben aufgebaut und so viel Sicherheit wie möglich geschaffen. Meine Freunde nannten mich einen Kontrollfreak, und vielleicht war ich das auch, aber meine tägliche Routine und meine Pläne verliehen meinem Leben eine Struktur. Ohne sie wäre ich verloren gewesen.
„Vermutlich sind Sie dann zu Ihrem Vater gezogen“, sagte George nach einer Weile.
„Nein, er hat mich in ein Internat abgeschoben“, erwiderte ich. „Wenigstens hatte ich in den Ferien Saffron. Wir
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