Julia Extra Band 367
„Das weißt du“, antwortete er kalt und beobachtete, wie sie nach dem zerwühlten Bettlaken tastete, um sich damit zu bedecken.
In dem, was sie getan hatte, unterschied sie sich nicht im Geringsten von all den anderen Frauen, die zu jeder Täuschung bereit waren, um sich einen reichen Mann zu angeln. Eugenia hatte keinen Zweifel gelassen, dass sie bereit war, alles zu übersehen, solange sie angemessen dafür belohnt wurde. Aber wenigstens war sie ehrlich gewesen, was ihre Motive betraf. Sie hatte ihm nicht vorgespielt, eine süße Unschuld zu sein. Hatte nicht schlau seinen größten Traum, eine Jungfrau zu heiraten, für ihre Zwecke benutzt.
„Ciro, bitte, komm zurück ins Bett. Bitte.“
Er verzog das Gesicht. „Was für ein Narr bin ich doch gewesen! Mich von deinen weiblichen Reizen und deinen hausbackenen Talenten verführen zu lassen. Von der Sprödigkeit einer angeblichen Jungfrau.“ Er hob sein Hemd auf und zog es an. „Die erste und einzige Frau, die sich nicht von mir verführen ließ. Die ideale Frau für mich … so habe ich jedenfalls gedacht.“
Lily streckte bittend die Hände aus. „Okay, ich hätte es dir sagen sollen“, räumte sie ein, während er sich die Hose wieder anzog. „Aber ich habe es nicht getan, und du hast mich auch nie danach gefragt. Und Tom …“
„Tom?“, stieß er wütend aus.
„Ja, der Mann, den ich heiraten wollte.“
„Du wolltest ihn sogar heiraten?“
„Ja“, gestand sie. „Aber dann hat er die Hochzeit abgesagt, als er eine andere kennenlernte.“
„Wann?“
„Zwei Tage vor dem geplanten Termin.“
Ein Rest von Mitgefühl regte sich in Ciro. Es musste sie tief getroffen haben, so kurz vor der Hochzeit sitzengelassen worden zu sein. War es nicht nachvollziehbar, dass diese Erfahrung Lilys Verhalten ihm gegenüber beeinflusst hatte? Aber das Gefühl, dass ihm großes Unrecht getan worden war, überwog alles andere. Der Schmerz in seinem Herzen war zu heftig, um so leicht zu verzeihen. Er war mit einem tiefen Misstrauen gegenüber den Motiven von Frauen aufgewachsen, und Lily Scott hatte seine Vorurteile gerade bestätigt. „Warst du verrückt nach ihm?“, fragte er brutal und kam zu ihr ans Bett.
Lily blickte zu ihm auf. Ihr Herz pochte aus Angst, aber auch vor Erregung. Denn sie wünschte sich nichts mehr, als dass er wieder zu ihr zurück ins Bett kommen würde.
„Na, was ist, Lily?“, ließ Ciro nicht locker. „Hat er dich verrückt gemacht? Bist du gekommen, wenn er es mit dir getrieben hat?“
So grob seine Frage auch war, Lily wusste, dass sie eigentlich wahrheitsgemäß hätte antworten müssen, denn wenn ihre Beziehung noch eine Chance haben sollte, dann mussten sie von jetzt an völlig aufrichtig miteinander sein. Und wer konnte wissen, ob aus diesem schrecklichen Streit nicht noch etwas Gutes erwachsen könnte? Aber nicht um jeden Preis! Lily war klar, dass sie eine Frage wie diese nicht hätte beantworten können, ohne den letzten Rest an Würde aufzugeben. Und außerdem hätte sie ihm die einzige Antwort, die er hören wollte, sowieso nicht geben können. „Ich glaube nicht, dass du das Recht hast, mich so etwas zu fragen“, erwiderte sie deshalb ruhig.
Ciro wandte sich ab, angewidert von sich selbst … und krank vor Eifersucht. Denn ihre Weigerung, ihm zu antworten, sagte ihm alles, was er wissen musste. Natürlich hatte er insgeheim gehofft, zu hören, dass sie erst in seinen Armen erfahren hatte, was Lust bedeutete. Aber es hatte einen anderen gegeben. Diesen Tom. Den Mann, der sie verlassen hatte. Der ihre Unschuld geraubt hatte, die ihm hätte gehören müssen.
„Ich hätte auf Guiseppe hören sollen“, sagte er verbittert.
Lily horchte auf. „Warum? Was hat er denn gesagt?“
„Er meinte, du wärst zu schön, um wahr zu sein. Aber ich wollte nichts davon hören.“ Er lachte verächtlich. „Ich bin voll auf dein hübsches Spiel reingefallen. Allein deine überzeugende Empörung, als ich dich auf dem Hotelparkplatz gegen das Auto gedrängt habe! Dabei warst du in Wirklichkeit ganz heiß darauf.“
„Wie kannst du so etwas behaupten!“, fuhr Lily erschrocken auf.
„Weil es wahr ist!“ Seine reine, unschuldige Lily war nur eine Illusion gewesen, eine Traumfrau, die er aus den Tiefen seines Unterbewusstseins heraufbeschworen hatte. Als er ihr begegnete, waren Risse und Wunden zu Tage getreten, die er jetzt kompromisslos wieder zurückdrängte. Wortlos zog er sich Socken und Schuhe an, nahm sein Jackett vom
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