Julia Extra Band 367
Stuhl und blickte sich nach den Autoschlüsseln um.
Das Klimpern des Schlüsselbundes riss Lily aus ihrer Lethargie. „Wo gehst du hin?“
„Raus!“
„Ciro …“
„Bevor ich etwas sage oder tue, was ich später vielleicht bedaure“, fügte er hinzu und wandte sich ab, um nicht die Tränen in ihren schönen blauen Augen zu sehen. Sekunden später schlug die Tür der Suite hinter ihm zu.
Den Blick beschwörend auf die geschlossene Tür gerichtet, sank Lily in die Kissen zurück. Insgeheim flehte sie inständig, er möge zurückkommen … er möge sie in die Arme nehmen und ihr sagen, dass es ihm leid täte und dass sie alles vergessen und noch einmal von vorn beginnen sollten.
Aber er kam natürlich nicht zurück. Gnadenlos tickten die Sekunden, die Minuten, bis schließlich eine Stunde vergangen war, dann zwei. Durch die offenen Fenster hörte Lily von unten gedämpfte Musik und Lachen. Welche Ironie, dass unten im Hotel die Gäste immer noch ihre Hochzeit feierten, während hier oben die Braut in ihrer Hochzeitsnacht allein im Bett lag.
Ein Blick auf die antike Wanduhr verriet ihr, dass es inzwischen schon nach Mitternacht war. Wo war er? Sie hatte keine Ahnung, wohin er gegangen sein könnte, weil sie ja kaum etwas über ihn wusste. Ihr wurde plötzlich bewusst, wie allein sie war. Allein in einer fremden Stadt, verheiratet mit einem der wichtigsten Bürger … und nach einem bösen Streit von ihm verlassen.
Was sollte sie nur tun? Verzweifelt umklammerte sie die Bettdecke, während ihr unzählige Gedanken durch den Kopf schossen. Da kam ihr etwas zu Hilfe, was einen Großteil ihres bisherigen Lebens ganz wesentlich bestimmt hatte: ihr Überlebenswille. Ganz plötzlich fasste sie einen Entschluss. Sie würde nicht daliegen und in Selbstmitleid zerfließen, weil Ciro D’Angelo schlecht von ihr dachte. Sie würde nicht das arme Opfer spielen. Stattdessen nahm sie ihr Handy und wählte Ciros Nummer. Wenig überraschend ging sofort die Mailbox an. Ruhig sprach Lily eine Nachricht darauf … dass sie es nicht für eine gute Idee hielt, wenn er mitten in der Nacht so aufgewühlt mit dem Auto herumfuhr. Und dass er sie doch bitte wissen lassen sollte, ob er okay wäre.
Eine halbe Stunde später kam die Antwort. Eine SMS, bestehend aus genau drei Worten: „Ich bin okay.“
So weit, so gut. Lily war immer noch allein in der riesigen Hochzeitssuite und hatte keine Ahnung, wo Ciro war oder wann er zurückkommen würde. Sie kuschelte sich in einen weichen übergroßen Bademantel und stellte sich auf eine lange Nacht ein. Wohin hätte sie denn gehen, wem hätte sie sich anvertrauen sollen? Zwar waren die wenigen Menschen, die ihr am nächsten standen, alle hier im Hotel, aber sie konnte wohl kaum mitten in der Nacht an Danielles Tür klopfen, um der Freundin zu erzählen, dass ihr frischgebackener Ehemann sie verlassen hatte. Einmal abgesehen davon, dass sie sich zu sehr schämen würde, hoffte Lily insgeheim, dass sie, sobald Ciro sich beruhigt hatte, wie erwachsene Menschen über alles reden und sich versöhnen würden.
Ja, es war falsch von ihr gewesen, ihm nicht von Tom zu erzählen. Aber sicher würde Ciro doch verstehen, dass sie sich davon hatte mitreißen lassen, wie romantisch und hartnäckig er sie umworben hatte. Er hatte alles getan, um ihr Ja zu bekommen … würde er jetzt wirklich verleugnen, dass sie sich beide wie vom Blitz getroffen zueinander hingezogen gefühlt hatten? Ihr gemeinsames Glück konnte doch nicht von so etwas Unwichtigem wie ihrer Jungfräulichkeit abhängen!
Doch für Ciro war dies sehr wichtig – auf eine ganz elementare Weise, die sich die meisten Männer nicht eingestehen würden. Aber Ciro hatte ja auch offen zugegeben, dass er sich eine ganz traditionelle Frau wünschte, die zu Hause auf ihn wartete.
Sie musste eingenickt sein, denn als sie die Augen aufschlug, erhellte schon das zarte Rosa der Morgendämmerung das Zimmer. Lily setzte sich verschlafen hin und erstarrte, als sie auf der anderen Seite des Raumes die dunkle Gestalt im Sessel sitzen sah, die sie schweigend beobachtete. Ciro hatte das Jackett ausgezogen und saß da, bekleidet mit seinem weißen Hemd und der dunklen Hose, die Füße waren nackt, die Augen blickten ausdruckslos aus dem versteinerten Gesicht.
Fröstelnd strich Lily sich durch das zerzauste Haar „Wo bist du gewesen?“
„Draußen.“
Sollte es so zwischen ihnen weitergehen? Am liebsten wäre sie auf ihn losgegangen und hätte ihn zur
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