Julia Extra Band 367
Vorstellung, jemand könnte sie dir entreißen, muss für dich beängstigend sein.“
Kim war tief gerührt, und ihre Augen wurden feucht. Sie musste einige Male schlucken, bevor sie ihrer Stimme wieder traute.
„Danke.“ Sie nahm seine Hand und küsste sie.
„Bitte.“ Er lachte leise. „Trotzdem werde ich dir jetzt leider etwas wegnehmen müssen.“
„Mein Nachthemd ?“ Sie tat schockiert.
„Ja, Darling, denn bei allem Respekt vor Geschichte und Traditionen: Ich kann von dir einfach nicht genug bekommen.“
„Da ich dir die nächsten zwei Tage gnadenlos ausgeliefert bin, möchte ich um etwas bitten, Kim. Lass uns noch einmal nach Clover Hill fahren.“
Immer noch matt von der Liebe streckte sich Kim etwas und runzelte die Stirn.
„Ich möchte noch einmal mit dir dorthin – und für Darcy wird es ein weiteres Highlight seiner Ferien bei uns sein.“
„Wer wohnt eigentlich auf Clover Hill?“, fragte sie nach einer kleinen Pause.
„Zurzeit niemand – außer den Angestellten, die es in Ordnung halten.“
„Also gut, versprochen“, meinte Kim und entspannte sich wieder. Warum sollte sie nicht noch einmal nach Clover Hill? Sie kuschelte sich an Reiths Schulter und schlief ein.
Darcy, in seiner neuen Rolle als Pferdekenner, war tief beeindruckt, als er an der Seite von Sunny Bob den ersten Blick auf die drei hochprämierten Zuchthengste von Clover Hill warf.
Seit sie das Gestüt betreten hatten, war Darcy vor Begeisterung kaum zu halten. Gnadenlos zog er Kim und Reith von den Ställen zu den Paddocks und von den Paddocks zu den Weiden. Besonders hatten es ihm natürlich die Mutterstuten mit ihren Fohlen angetan. Was er hier sah, war mit der bescheidenen Pferdezucht in Saldanha überhaupt nicht zu vergleichen.
„Du bist wie deine Mutter“, bemerkte Reith, als es Darcy gelang, ein verschüchtertes Fohlen zu sich heranzulocken.
„Wirklich?“ Darcy lächelte schüchtern. „Wie war Mum denn?“
„Wie du hatte sie ein ausgesprochenes Händchen für Pferde, sie …“
Mit Tränen in den Augen wandte Kim sich ab, um allein ins Wohnhaus zu gehen. Sie wollte die Aussprache zwischen Vater und Sohn nicht stören.
Es war ein zweistöckiges und zum größten Teil dicht beranktes Gebäude, das auf einer kleinen Anhöhe stand. Von hier aus hatte man einen herrlichen Ausblick über Ställe, Paddocks und Weiden bis hin zu den Hügeln am Horizont – unberührte Natur, soweit das Auge reichte.
Da die ehemaligen Besitzer sich auf ihren Altersruhesitz zurückgezogen hatten, hatten sie viele der schweren und großen Möbel nicht mitnehmen können. Sie standen noch am gewohnten Platz in den sonst leeren Räumen.
Es waren alte Stücke, die die Geschichte mehrerer Generationen hätten erzählen können. Waren sie auch nicht so elegant wie die in Saldanha, so waren sie doch ganz besonders und gaben dem Haus eine Note, die genau so einzigartig war wie die ganze Anlage.
Sogar das Kinderzimmer existierte noch in seiner alten Form: Vor der Tapete mit Märchenmotiven stand eine antike Wiege aus Kirschbaumholz. Wie zu alten Zeiten gab es auch noch eine Nähstube mit Tretmaschinen und einer riesigen Wäschemangel.
Das Eheschlafzimmer dagegen war völlig ausgeräumt. Es war ein großer heller Raum mit verglasten Sprossentüren, die auf eine große Terrasse führten. Von hier aus blickte man direkt in die Krone eines riesigen Palisanderholzbaumes. Was musste das im Frühjahr für eine Blütenpracht sein!
Alle Räume im Untergeschoss – Wohnzimmer, Bibliothek und die Esszimmer – führten auf die Veranda, die das ganze Haus umgab. Eine Stufe, und man stand direkt im Blumengarten.
Mit dieser Gartenanlage konnte Saldanha trotz all ihrer Bemühungen in den letzten Monaten nicht konkurrieren, das gab Kim neidlos zu. Ein Anblick war schöner als der andere: knorrige alte Bäume, geschwungene Pfade, verschwiegene Lauben, einheimische und exotische Gehölze und Blumen, nach Farben und Blütezeit meisterlich zusammengestellt.
Und dann der Rosengarten! Kim schloss die Augen und atmete tief durch. Dem Frieden und der Ruhe, die Clover Hill ausstrahlte, konnte man sich einfach nicht entziehen. Hatte das einen Grund?
Besaß Clover Hill eine harmonischere Vergangenheit als Saldanha?
Wahrscheinlich. Wenn man allein die Ereignisse der letzten Zeit betrachtete, gehörte da auch wirklich nicht viel zu.
„Hier also bist du!“ Aus ihren Gedanken aufgeschreckt, öffnete Kim die Augen. Reith und Darcy, mit Sunny Bob
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