Julia Extra Band 367
voran, kamen auf sie zu.
„Was hältst du von Clover Hill?“, fragte Reith.
Warum stellte er diese Frage immer wieder? Warum war ihm ihre Meinung so wichtig?
„Ich finde nicht die geeigneten Worte dafür“, erwiderte sie langsam. „Clover Hill ist einfach – ein Traum.“
Reith antwortete nicht, sondern sah sie nur nachdenklich an. Er legte ihr den Arm um die Schultern und gemeinsam gingen sie zurück zum Auto.
Darcy war in Hochform, sein Mund stand keine Minute still. Er redete über alles, was er auf Clover Hill gesehen hatte, über seine Mutter und über Pferde. Kim konnte kaum glauben, dass dieser aufgeweckte, an allem interessierte Zehnjährige der stille und in sich gekehrte Darcy war, den Reith ihr vor einigen Monaten als seinen Sohn vorgestellt hatte.
Wenn es jemanden gab, für den die ganze Tragödie um Saldanha etwas Gutes gehabt hatte, dann war das der kleine Darcy!
Beim Abendessen erkundigte sich Reith nach Kims Plänen für den nächsten Tag.
„Ich habe keine.“
„Das kann doch nicht wahr sein!“ Reith setzte sein Glas, aus dem er gerade trinken wollte, zurück auf den Tisch.
Da es Marys freier Tag war, hatte Kim selbst gekocht. Reith, Darcy und sie saßen im Frühstückszimmer, weil es kleiner und gemütlicher war als das eigentliche Esszimmer. Zu Darcys großer Freude gab es Steak mit Pommes frites – und einen Salat, auf den er allerdings auch hätte verzichten können.
„Was also machen wir morgen?“, fragte er und griff zum Ketchup.
Reith sah Kim an, doch die schüttelte den Kopf. „Für morgen habe ich wirklich nichts geplant. Da es der letzte Ferientag ist, solltet ihr beide euch etwas aussuchen.“
Reith runzelte die Stirn. „Wie wäre es mit Rottnest? Mit dem Hubschrauber ist das kein Problem.“
Der Vorschlag wurde begeistert angenommen, und am folgenden Morgen ging es schon in aller Frühe los.
Rottnest war eine kleine, autofreie Insel im Indischen Ozean, nur achtzehn Kilometer von Perth entfernt, ein Surferparadies und beliebtes Ausflugsziel. Die drei mieteten sich Fahrräder, erkundeten verschwiegene Buchten und schwammen im türkisblauen Wasser. Sie kauften in der weit über die Insel hinaus bekannten Bäckerei ein und machten Picknick am Strand.
Zurück flogen sie über Perth, um Darcy gleich zurück ins Internat zu bringen. Zum ersten Mal, seit Kim ihn kannte, schien er sich nur widerwillig zu verabschieden. Er umarmte beide, bat Kim, seinen Rimfire gut zu versorgen und bedankte sich bei seinem Vater für den tollen Tag.
„Wann willst du Darcy nach Hause holen?“, fragte Kim, nachdem Reith den Hubschrauber gestartet hatte, um selbst zurück nach Saldanha zu fliegen.
„Am Ende des Schuljahrs. Wir müssen erst eine passende Schule für ihn finden.“
Sie nickte. „Glücklicherweise haben wir mehrere zur Auswahl.“ Ihre Gedanken schweiften von Darcy ab und zu den eigenen Kindern, die sie unbedingt haben wollte. Schon Darcys wegen wäre es besser, nicht mehr lange damit zu warten.
„Was hältst du von Geschwistern für deinen Sohn?“, fragte sie vorsichtig und blickte Reith erwartungsvoll von der Seite an.
Konzentriert beobachtete er den Höhenmesser. „Ich glaube, damit können wir uns ruhig noch etwas Zeit lassen. Siehst du das anders?“
„N…ein.“
„Wir machen gerade erste Fortschritte, was Darcys Probleme betrifft – wir leben aber noch nicht wirklich als Familie zusammen.“
Kim blickte starr geradeaus. Der ablehnende Unterton in Reiths Stimme war ihr nicht entgangen. Wollte er keine Kinder mehr?
Über das Thema haben wir noch nie gesprochen dachte sie, während Reith Verbindung zum Tower aufnahm. Eigenartig. Aber war die ganze Beziehung nicht eigenartig? Irgendwie glich ihre Ehe eher einer Affäre als einer Partnerschaft, gewisse Themen kamen einfach nicht zur Sprache.
Trotzdem, sie wollte nicht unzufrieden sein. Die letzten drei Tage wertete sie durchaus als Erfolg und einen Schritt in die richtige Richtung.
Am nächsten Morgen verabschiedete sich Reith gleich nach dem Frühstück. Er hatte ein volles Programm und würde diese Nacht nicht nach Hause kommen. An der Haustür gab Kim ihm einen flüchtigen Kuss.
„Das reicht mir nicht“, protestierte er. „Ich möchte richtig verabschiedet werden.“
„Du klingst eingebildet wie ein Dandy.“ Lachend sah sie ihn an. „Auch dein Outfit passt dazu.“ Kim trat einen Schritt zurück, um ihn zu begutachten.
Reith trug einen dunkelblauen Maßanzug mit passender Weste und ein
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