Julia Extra Band 368
beigefarbenen Reithosen und einem olivgrünen Jackett. Es war die typische Kleidung der Reiter – noch dazu eine sehr modische Version – eng anliegend und körperbetont. Nicht gerade die Kleidung, die er sich gewünscht hätte, wenn er sein neu erwachtes Verlangen zügeln wollte.
„Hier entlang.“ Er unterdrückte den Drang, sie bei der Hand zu fassen, als er sie zu den Ställen führte, wo die Pferde bereits gesattelt auf sie warteten.
Gestern hatte er ihre Hand gehalten. Katherine war sein Anker gewesen, der ihn davon abgehalten hatte, in den Abgrund zu stürzen. Heute krümmte er nur die Finger zur Faust und ließ sie ihm folgen.
„Ich war noch nicht bei den Ställen“, sagte sie. „Ich wollte nicht … Ich war nicht sicher, ob es mir erlaubt ist, sie anzusehen.“
„Aber mein Schlafzimmer ist ein Platz, an dem Sie abends gern ein bisschen Zeit verbringen?“
„Ich hatte nach Ihnen gesucht und … Ich weiß, dass ich hier alles durcheinanderbringe, Zahir.“
„Es war nicht besser, bevor Sie gekommen sind, Katherine.“ Er bekam die Worte kaum heraus. „Warum tun Sie das? Warum helfen Sie mir? Sie sind mir nichts schuldig …“
„Ich … Ich will einfach nur etwas Nützliches tun.“
„Das ist alles?“
Sie schwieg, wohl weil ihr keine Erwiderung einfiel. Und zum ersten Mal hatte Zahir Mitleid mit ihr. Sie tat das, was sie glaubte, tun zu müssen. Weil sie das Richtige tun wollte. Doch wie sie eingestanden hatte, kam sie sich vor wie in einem dunklen Tunnel. Sie wartete darauf, das Licht zu sehen, damit sie endlich frei sein konnte. Frei von den Pflichten und frei von ihm, dem menschlichen Wrack.
„Es geht nicht immer um Schuld …“, begann sie.
„Glauben Sie mir, ich habe Grund genug, mich schuldig zu fühlen.“
„Nein, das stimmt nicht, Zahir. Die Schuld liegt bei den Männern, die Ihre Familie angegriffen haben. Und wofür? Für Geld und Macht, Dinge, an denen Ihnen nichts liegt. Ich sehe nicht, weshalb Sie sich schuldig fühlen sollten.“
„Weil ich der Einzige bin, der übrig geblieben ist. Ich muss schwer gesündigt haben, dass es so ausging.“
„Oder vielleicht sind Sie ja auch gesegnet.“
„So fühle ich mich ganz bestimmt nicht, latifa .“
Die kühle Abendluft streichelte ihm über das Gesicht. In diesen Momenten fühlte er sich fast normal. Lebendig. Ansonsten … entweder empfand er gar nichts oder aber diese drückende Schuld. Jetzt konnte er also auch noch Lust hinzufügen. Nichts, Schuld und Lust. Ein kleiner Schritt, aber immerhin ein Schritt.
Die Pferde waren gesattelt und gezäumt vor den Ställen angebunden. Zahir ging auf die schwarze Stute zu und streichelte ihr über die weichen Nüstern. „Das ist Lilah, sie ist sehr sanftmütig. Sie ist für Sie bestimmt.“
„Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, aber sanftmütig ist nichts für mich.“
Ihre Bemerkung könnte man auch doppeldeutig verstehen. Prompt stürzte eine Flut von erotischen Bildern auf Zahir ein. Er biss die Zähne zusammen. „Ich werd’s mir merken.“
„Und wer ist der elegante Gentleman hier?“
Zahir stellte den Fuß in den Steigbügel und schwang sich auf den Rücken seines Pferdes. „Nalah schätzt es nicht, wenn sie als ‚er‘ bezeichnet wird.“
„Entschuldigung.“ Katherine stieg gekonnt in den Sattel. „Ich hatte angenommen, dass ein großer Mann wie Sie einen Hengst reiten würde.“
„Nein, zwei Hengste zusammen … das geht nicht gut.“
Ihr Lachen hallte durch die Abendluft. „Haben Sie sich etwa gerade als Hengst bezeichnet?“
Er spürte ein Lächeln in seinen Mundwinkeln zucken. Es war ein ungewohntes Gefühl, umso mehr, da noch eine gewisse Zufriedenheit hinzukam. Es war selten, dass er sich mit jemandem unterhalten konnte, ganz ohne Angst und Unsicherheiten. Ein warmer Schauer lief durch seine Adern. Er hatte sie zum Lachen gebracht, obwohl sie vorhin noch so traurig ausgesehen hatte. „Ja, habe ich.“
„Hm … mit Ihrem Ego haben Sie also keine Probleme.“
„Sie könnten es vielleicht ein wenig ankratzen, wenn Sie als Erste dort hinten am Zaun ankommen.“
Mit einem Grinsen nahm sie die Herausforderung an und stieß Lilah leicht die Fersen in die Flanken, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Nun, ihm sollte es recht sein. Er würde eine Weile hinter ihr bleiben und sich an ihrem Anblick ergötzen, und dann würde er sie auf dem letzten Stück überholen. Er konnte nicht mehr Auto fahren, wenn er ging, humpelte er, aber auf dem Rücken eines
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