Julia Extra Band 368
kämpfe für mein Land, für meinen Bruder. Ich brauche einen Ehemann, der in der Lage ist, die Regentschaft über Altina zu übernehmen.“
„Dazu bin ich mehr als nur in der Lage. Haben Sie die Fortschritte mitverfolgt, die Hajar gemacht hat, seit ich die Herrschaft übernommen habe?“
„Natürlich.“ Sie senkte den Blick. „Schon vor einiger Zeit habe ich erkannt, dass ich Sie wahrscheinlich heiraten muss. Deshalb habe ich Ihre Arbeit beobachtet.“
„Ohne sich die Mühe zu machen, mir persönlich gegenüberzutreten.“
„Sie sind nicht gerade bekannt für Ihre schillernden Empfänge.“
„Damit haben Sie allerdings recht.“
„Ich muss allerdings gestehen, dass ich diesem Teil meines Jobs tatsächlich wenig Aufmerksamkeit gewidmet habe“, gab sie zu.
„Job?“
„Sehen Sie die Position als Scheich etwa nicht als Job an?“
„Doch, und zwar als anstrengenden. Endloser Papierkram und triviale Details, die Unmengen an Zeit verschlingen“, stimmte er zu.
„So geht es mir auch, nur dass meine Pflichten andersgeartet sind. Eine Heirat, um Allianzen zu schmieden oder zu stärken, war immer mit in der Arbeitsbeschreibung aufgeführt.“
„Aber Sie haben das ignoriert.“
„Als der Aufschub kam, habe ich ihn gerne wahrgenommen. Ehrlich gesagt, ich habe es viel zu lange hinausgezögert. Jetzt stecken wir mitten in der Krise. Das war falsch von mir.“
„Nein, Sie haben richtig gehandelt. Denn durch diese Krise ist die Entscheidung auf mich gefallen. Unsere Handelsbeziehungen werden sicher von Vorteil sein, das ist natürlich wichtig. Aber ich könnte Ihr Land unmöglich in einen Bürgerkrieg stürzen lassen. Es ist mehr als genug Blut vergossen worden. Ich will nicht noch mehr Blut an meinen Händen kleben haben.“ Er ballte die Fäuste. Er konnte es noch immer auf seiner Haut fühlen. Er hätte es aufhalten müssen, hätte zumindest seinen Bruder retten müssen …
„Es klebt kein Blut an Ihren Händen. Zahir …“
„Genug davon“, beendet er abrupt das Thema. Er wollte nicht länger über Erinnerungen reden, er musste sich konzentrieren. „Zurück zum Grund meines Hierseins. Wie stellen Sie es sich vor, mich für die Hochzeit vorzubereiten?“
„Ich habe da so einige Ideen.“ Offen erwiderte sie seinen Blick. Sie hatte wunderschöne Augen, voller Gefühl und Versprechen. „Wir werden daran arbeiten, bis wir es geschafft haben.“
„Bereit?“ Katherine sah auf Zahirs entschlossenes Profil. Sie wusste, der Stolz verbot ihm, etwas anderes als Ja zu sagen.
„Ja.“
Sie hatte also recht gehabt. „Gut.“
Der Chauffeur lenkte den Wagen zu den Palasttoren hinaus Richtung Stadt.
„Es ist nicht so, als würde ich nie reisen.“
„Ich weiß, dass Sie reisen. Ich weiß auch, dass Sie Plätze meiden, an denen sich Menschen um den Wagen scharen könnten.“
„Ich habe keine Angst“, sagte er knapp.
„Das habe ich nicht behauptet.“
„Aber Sie denken es. Es gibt nichts mehr, vor dem ich Angst haben muss. Ich habe dem Tod schon einmal ins Gesicht gesehen, und sollte er zurückkommen, um mich zu holen, werde ich kämpfen. Falls ich den Kampf verliere, werde ich ihn willkommen heißen. Mir gefällt es nur nicht, wenn ich die Kontrolle über meinen Verstand verliere. Dass ich Dinge sehe, die nicht existieren. Da wäre mir der Tod lieber.“ Seine ganze Haltung wirkte angespannt. „Können Sie sich vorstellen, wie das ist, wenn man seine gesamte Energie darauf verwendet, die Dämonen im Zaum zu halten? Nie einen Moment Ruhe zu haben? Ich lebe Tag für Tag damit, zwar nicht so intensiv, wie Sie es auf dem Markt miterlebt haben, aber es ist immer da. Ich muss mich erinnern“, sagte er rau.
Sie schluckte. „Nein, Zahir, das müssen Sie nicht.“
„Alle sind tot, Katherine. Malik, meine Mutter, mein Vater, die Wachen, die auf ihren Motorrädern den Wagen eskortiert haben, unschuldige Menschen. Wie könnte ich sie vergessen? Sie leben nicht mehr.“
Der Schmerz in seinen Worten brannte sich in ihr ein, und sie verstand. Er trug die Erinnerung an die letzten Minuten seiner Familie mit sich, weil er das Gefühl hatte, dass die Tragödie sonst vergessen werden würde, dass sie verblassen würde. Katherine verstand auch, dass sie den Schmerz mit ihm teilen würde, um ihm etwas von der Last von seinen Schultern zu nehmen.
„Die anderen sind nicht mehr da, Sie aber schon. Ihr Volk braucht Sie, ich brauche Sie. Und aus diesem Grund werden Sie es bewältigen.“
Er starrte auf
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