Julia Extra Band 368
bewegte die Lippen, brachte aber kein Wort heraus, wie es bei ihm in Stresssituationen üblich war.
Stefano seufzte und trat vor. Natürlich trug er die Verantwortung. Die hatte er seit Theros’ Unfall vor vielen Jahren. Obwohl er nur eine Badehose trug, verspürte er keinerlei Unsicherheit. Kühl betrachtete er den Arzt. „Ich.“
Kiki zuckte zusammen und merkte, dass sie etwas anderes gehofft hatte. Aber das durfte keine Rolle spielen. Sie hatte immer schon zu viel von ihm erwartet. Er war ein Prinz, der Versprechungen machte, die er dann nicht hielt.
Kiki wollte nichts weiter hören. „Okay, Ginger“, wandte sie sich an die Schwester, „lass uns Marla auf die Trage legen und in den Sanitätsbereich bringen. Ich will sie noch weiter unter Beobachtung haben.“
Fünfzehn Minuten später lief Stefano vor dem Fenster der Kabine seines Bruders hin und her. „Zieh endlich diese lächerlichen Shorts aus“, stieß er wütend hervor. Stefano war frustriert, weil sein Bruder immer wieder in unmögliche Situationen geriet, aus denen er ihn dann herausboxen durfte. Warum muss immer ich mich damit abplagen? fragte er sich, obwohl ihm der Grund dafür hinlänglich bekannt war.
Mit sieben hatte Stefano Theros aus einem Meerwasserpool gezogen und ihn wiederbelebt. Unglücklicherweise war aber durch den Sauerstoffmangel ein Teil von Theros’ Hirn in Mitleidenschaft gezogen worden. Seitdem war er nie wieder derselbe gewesen und zu einem attraktiven, aber kindischen Mann herangewachsen.
Das hielt Theros nicht davon ab, sich in immer neue Zwangslagen zu manövrieren, aus denen Stefano ihn dann retten musste.
„Probleme. Du ziehst sie förmlich an. Ist Sex mit deiner Frau so langweilig, dass du sie in diesen lächerlichen Latexanzug stecken und damit ihr Leben riskieren musstest?“
Theros rang die Hände. „Nein, nein, einer ihrer Freunde hat ihr das Ding zum Geburtstag geschenkt … Wir haben rumgealbert und gelacht. Plötzlich konnte sie nicht mehr atmen. Ich wusste nicht, dass Marla allergisch auf Gummi reagiert.“
„Latex.“ Stefano ballte die Fäuste, um nicht die Geduld zu verlieren. Sein Vater hatte recht gehabt, als er Stefano getadelt hatte, weil er damals nicht schneller Hilfe geholt hatte. Vielleicht wäre Theros’ Hirn dann nicht geschädigt worden.
Er trug schwer an seiner Schuld, die er nicht abschütteln konnte. Seine Aufgabe war es, Theros und damit die Familie davor zu schützen, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden. Die letzten Jahre war ihm das gut gelungen – weil er bereit gewesen war, die Aufgabe zu übernehmen, egal, wie sehr sie sein eigenes Leben einschränkte.
Die Entscheidung, Medizin zu studieren, war durch seine Schuldgefühle beeinflusst worden. Niemals wieder wollte er sich in einer Notsituation derart hilflos fühlen. Wider Erwarten war die Medizin dann tatsächlich zu seiner wahren Berufung geworden, die ihm dabei geholfen hatte, seinen Frieden zu finden.
Sein Vater, Kronprinz Paulo III. von Aspelicus, hatte eine Pflegekraft angeheuert, die sich um Theros gekümmert hatte, solange Stefano bei einem medizinischen Kongress in Australien gewesen war, und zu jedermanns Erstaunen hatte sein einfältiger kleiner Bruder die große Liebe gefunden.
Prinz Paulo hatte Stefano sofort aus den Armen von Dr. Kiki Fender zurückbeordert – aber da war es schon zu spät gewesen.
Theros war durchgebrannt. Dann hatte Stefano auch noch einen Autounfall gehabt, und es hatte Monate gedauert, bis er wieder auf die Beine gekommen war.
Zu aller Erleichterung hatte Theros’ Frau sich als kompetent und vernünftig erwiesen, und unter ihrer Anleitung war auch Theros vernünftiger geworden, aber selbst sie machte manchmal Fehler. Deshalb hatte Stefano keinerlei Hoffnung, je ganz aus seiner Verantwortung entlassen zu werden. Theros würde ihn immer brauchen, sodass er, Stefano, einer so intelligenten und anspruchsvollen Frau wie Kiki, die das Leben eines Prinzen mit all seinen Zwängen nicht kannte, keine Zukunft bieten konnte.
Im harten Licht der Realität hatte Stefano sich gesagt, dass er das, was zwischen ihm und Dr. Fender in Australien gewesen war, vergessen sollte. So war es für alle Seiten besser.
Aber offenbar hatte sie ihm nicht verziehen, dass er nicht wiedergekommen war.
Theros hustete und holte Stefano damit in die Gegenwart zurück. Sein Bruder brauchte Zuspruch. Stefano sah ihn an, damit er ihm zuhörte und den Ernst der Situation begriff.
„Marla hätte sterben
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