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Julia Extra Band 369

Julia Extra Band 369

Titel: Julia Extra Band 369 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Monroe , Helen Brooks , Kate Hewitt
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immer vorhergesagt hatte, dass nämlich irgendwann all die verdrängten und schmerzhaften Erinnerungen aus seiner Jugendzeit wieder hochkommen würden. Er trat an die Brüstung und ließ seine Gedanken zurückwandern. Er dachte an den Ort, an dem er geboren wurde und den er mit achtzehn Jahren verlassen hatte.
    Keiner im Dorf hatte damals daran geglaubt, dass Cayo es je zu etwas bringen würde. Er war in Sünde geboren, in Schande. Daran hatte auch die Tatsache nichts geändert, dass seine Mutter für den Rest ihres Lebens ins Kloster gegangen war, um Buße zu tun. Sein Schicksal schien bereits vom ersten Tag an besiegelt gewesen zu sein.
    Cayo dachte an diese trostlose Zeit zurück. Er hatte so dringend dazugehören wollen. Doch trotz all seiner verzweifelten Bemühungen hatte er schon als ganz kleiner Junge gewusst, dass er niemals ein Teil der Dorfgemeinschaft sein würde. Er hatte seinem Großvater stets gehorcht, hatte herausragende Leistungen in der Schule erbracht und nebenher in der familieneigenen Schusterei mitgearbeitet, während die anderen Kinder draußen sorglos Fußball spielten. Nie hatte er sich darüber beklagt. In seinem Streben nach Zugehörigkeit hatte er immer und überall sein Bestes gegeben. Doch niemand hatte es je honoriert.
    Ein altbekanntes Gefühl von Trauer stieg in ihm hoch. Doch dieses Gefühl konnte ihn nicht länger verletzen. Denn sein Herz war seit damals aus Stein. Weil er es so wollte.
    „Ich habe meine Pflicht erfüllt“, hatte ihm sein Großvater am frühen Morgen seines achtzehnten Geburtstages gesagt. Fast so, als hätte er es nicht länger erwarten können, endlich diese schwere Bürde abzunehmen. „Du bist nun ein erwachsener Mann. Das bedeutet, dass du ab jetzt allein mit der Schande deiner Mutter zurechtkommen musst.“
    Cayo erinnerte sich noch genau an den Gesichtsausdruck seines Großvaters. Denn es war das erste Mal in seinem Leben, dass er den alten Mann glücklich gesehen hatte.
    „Aber, abuelo …“, hatte er daraufhin angesetzt, in dem Glauben, das letzte Wort wäre noch nicht gesprochen.
    „Du bist nicht mehr mein Enkelsohn“, hatte ihn der alte Mann harsch unterbrochen und fast ein wenig stolz sein grauhaariges Kinn gereckt. „Ich habe getan, was ich tun musste, meine Aufgabe ist damit erledigt. Nenn mich also nie wieder abuelo !“
    Und Cayo hatte es nie wieder getan. Nicht, als er seine erste Million gemacht hatte, nicht, als er sämtliche Grundstücke, Häuser und Geschäfte seines verfluchten Heimatdorfes aufgekauft hatte, und auch nicht, als er viele Jahre später im Krankenhaus am Sterbebett des Mannes gestanden hatte, der ihn einst großgezogen hatte.
    Es war nie zu einer Versöhnung gekommen. Es hatte kein Bedauern gegeben, keine Aussprache, als sein Großvater vor drei Jahren gestorben war. Cayo war dreiunddreißig Jahre alt gewesen und bereits mehrfacher Millionär.
    Er war damals mit seinem teuren Sportwagen durch das Dorf gefahren, das nun ihm gehörte, doch keiner der Bewohner hatte ihn wiedererkannt. Sie hatten in ihm nur den mächtigen Großgrundbesitzer gesehen und nicht den Jungen, den sie achtzehn Jahre lang wie einen Außenseiter behandelt hatten.
    „Um Himmels willen, nicht du!“, hatte sein Großvater gekeucht und Cayo entsetzt angestarrt. Fünfzehn Jahre hatten sie sich nicht mehr gesehen.
    „Doch, ich“, hatte Cayo kühl erwidert und sich an das Ende seines Bettes gestellt.
    Mit einer zittrigen Handbewegung bekreuzigte sich der alte Mann.
    „Der Teufel steckt in dir“, hallte seine heisere Stimme durch den Raum. „Das hat er schon immer getan.“
    „Bitte entschuldige“, erwiderte Cayo gleichgültig, denn der alte Mann konnte ihn jetzt nicht mehr verletzen. „Früher war ich deine Bürde, heute bin ich dein Fluch.“
    Der alte Mann bekreuzigte sich ein letztes Mal. Kurz darauf war er gestorben.
    Nach seinem Tod hatte Cayo das Dorf verlassen und war zurück zu seinem Hotel in Cádiz gefahren. Drusilla hatte damals bereits in der Empfangshalle auf ihn gewartet. Und wie es sich für eine gute Assistentin gehörte, stellte sie keine Fragen. Er fühlte sich so leer an diesem Tag, auch später, als er zusammen mit ihr in der Bodega Bar saß. Der Sherry lockerte seine Zunge und dann führte eines zum anderen. Auf dem Rückweg zum Hotel, in einer kleinen Seitenstraße, küsste er sie. Und es fühlte sich so unglaublich gut an.
    Halt, stopp! Nein, ich habe in dieser Nacht gar nichts gefühlt, sagte sich Cayo mit Nachdruck.
    Doch

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