Julia Extra Band 369
Schuld spüren. „Habe ich … Ihnen wehgetan?“, fragte er schließlich.
Freya wandte das Gesicht ab. Seine Sorge rührte und beschämte sie zugleich. „Nein“, erwiderte sie leise. Wenn sie von dem dumpfen Schmerz in ihrem Herzen absah.
Er nickte langsam. Dann: „Besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft?“
Eiskalte Finger griffen nach Freya. Sie hätte nicht damit gerechnet, dass er an so etwas denken würde. „Nein.“ Ihre Stimme war jetzt kaum noch hörbar. „Die Möglichkeit besteht nicht.“
„Nehmen Sie die Pille?“
Sie wurde rot, starrte in die Ferne. „Das ist alles erledigt.“
Sie spürte seinen Blick auf sich liegen. Sicherlich fragte er sich, was das heißen sollte. Aber eine andere Antwort würde er nicht bekommen.
„Dann ist ja gut“, sagte er schließlich, auch wenn er noch immer misstrauisch klang. „Morgen fahren wir nach Andalusien. Dort wird Max sich sicher schnell eingewöhnen.“
Freya wusste, was er damit meinte: Sobald Max sich eingelebt hatte, konnte sie abreisen. Sie unterdrückte mühsam alle aufkommenden Gefühle, obwohl die Erinnerungen sie zu überwältigen drohten.
Ob die Möglichkeit einer Schwangerschaft bestand? Nein, nie mehr.
Die Qual dieser ungeheuerlichen Gewissheit wurde noch verstärkt durch die Aussicht, Max schon bald zu verlieren.
Rafe seufzte leise. „Wir werden es einfach vergessen.“
Und Freya nickte automatisch. Manchmal war es am besten, wenn man vorgab, dass der Fehler sich nie ereignet hatte.
Allerdings fragte sie sich, ob es ihr gelingen konnte, Rafe zu vergessen.
5. KAPITEL
„Freya, sieh her!“
Auf der Sonnenliege ausgestreckt, beschattete Freya die Augen mit der Hand und sah zu, wie Max mit einem lauten Jauchzer in den Pool sprang. Sie klatschte Beifall. „ Fantástico , Max.“
Seit der Ankunft in Rafes Villa sprachen sie nur noch Spanisch, Max hatte es völlig selbstverständlich akzeptiert. Wie alles andere auch.
Wer hätte es ihm verübeln sollen? Es war das Paradies. Berge, Orangenhaine, ein riesiger Garten – Max’ Hauptbeschäftigung lag darin, den Garten zu erkunden und die staubige Straße entlang zum nächsten Bauernhof zu laufen. Dort gab es nämlich einen Wurf kleiner Kätzchen. Zudem hatte Rafe ein Kinderzimmer eingerichtet, in dem es Unmengen an Spielzeug und Kinderbüchern gab. Max hatte also alles, was ein kleiner Junge sich wünschen konnte. Nach England fragte er schon gar nicht mehr, genauso wenig wie nach seiner Mutter. Problemlos hatte er sich an die neue Umgebung und an Rafe gewöhnt.
Freya müsste froh darüber sein. Was sie auch war. Gleichzeitig jedoch war sie deprimiert. Wie lange hatte sie noch, bevor Rafe ihr sagen würde, dass ihre Anwesenheit nicht mehr benötigt wurde?
In den letzten drei Wochen hatte er meist von der Villa aus gearbeitet, war nur wenige Male nach Madrid gefahren und nie länger als eine Nacht weggeblieben. Er verbrachte viel Zeit mit Max, spielte mit ihm, las ihm vor. Freya zog sich dann meist zurück, ohne dass es abgesprochen gewesen wäre. Aber wenn sie sah, wie die beiden die Köpfe zusammensteckten, wurde die Sehnsucht unerträglich. Eine Sehnsucht, auf die sie kein Anrecht hatte.
Ihr gegenüber war Rafe ausnehmend höflich, sie fanden sogar Gelegenheit für anregende Gespräche. Dennoch baute Freya keine Luftschlösser. Die Episode in jener Nacht war sicherlich keine Basis für eine Beziehung. Falls sie beide so etwas überhaupt wollten. Was sie natürlich nicht taten. Aber dieser Mann war nicht der, den Rosalia beschrieben hatte. Zumindest nicht mit Max …
„Buenas tardes.“
Rafe kam an den Pool, kühl und lässig in weißem Hemd, leichten Sommerhosen und barfuß. Er lächelte Max zu, und vor Sehnsucht zog sich alles in Freya zusammen.
„Dir wachsen noch Schwimmhäute zwischen den Fingern, so oft, wie du im Wasser bist.“
Max planschte grinsend im flachen Wasser. „Vielleicht werde ich ja ein Fisch.“
Rafe hockte sich am Beckenrand hin und sah dem Jungen eine Weile zu, dann, langsam, so als müsse er sich wappnen, drehte er sich zu Freya um. „Geht es Ihnen gut?“, erkundigte er sich höflich.
„Ja, danke. Sehr gut“, erwiderte sie ebenso höflich. Sie hasste diese Förmlichkeit zwischen ihnen, wusste nur nicht, wie das zu ändern wäre. Wahrscheinlich wollte Rafe das auch gar nicht ändern. Und sie würde ihn nicht damit langweilen, dass sie sich in den letzten Tagen keineswegs so wohl fühlte. Leichte Übelkeit machte ihr zu schaffen, und sie
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