Julia Extra Band 369
andere Frau zu heiraten.“
Ein gequälter Ausdruck flackerte in seinen braunen Augen auf. „Nein.“
„Nein?“, wiederholte Iris sarkastisch. Wie konnte Asad so etwas behaupten? „Es wartet also keine andere Frau in den Kulissen, die bald Nawars Mama sein wird?“
Und seine Ehefrau.
„Nein …“ Fieberhaft versuchte sie, die Bedeutung seiner Worte angesichts dessen, was Nawar gesagt hatte, zu ergründen.
Asad hatte seiner Tochter eine Mutter versprochen. Er stritt es nicht ab. Aber er hatte nicht gesagt, er wisse, wer diese Frau sein würde. Und wenn es der Fall war, hätte Nawar sie dann nicht längst kennengelernt?
Er liebte Nawar viel zu sehr, um sich eine Frau zu suchen und vorher nicht zu klären, ob sie sich mit ihr verstehen würde.
Also hatte er doch noch keinen Ersatz für Badra gefunden? Aus irgendeinem unerklärlichen Grund wurde Iris sehr viel leichter ums Herz. „Verstehe.“
„Das bezweifle ich.“
„Ich bin ja nicht dumm.“
„Nur blind.“
Nun ließ sie seinen Ärmel los und wich einen Schritt zurück. „Das bin ich seit sechs Jahren nicht mehr.“
„Damals war ich blind und ein Idiot, nicht du.“ Asad wandte sich ab und ging weiter.
Unsicher, aber voller Hoffnung folgte sie ihm. „Na ja … ich schätze, wir haben beide unsere Lektion gelernt.“
„Tatsächlich? Da bin ich mir nicht so sicher.“
„Wo führt dieser Weg eigentlich hin?“
„Zu einem Aussichtspunkt, der bei Schäfern und Liebespaaren gleichermaßen beliebt ist.“
„Aha.“
Nachdem sie eine Weile in einvernehmlichem Schweigen gegangen waren, bemerkte Asad: „Du dachtest also, ich hätte vor, eine andere Frau zu heiraten, und das hat dir zu schaffen gemacht.“
Sie wollte auf das Thema nicht eingehen. „Ich würde nie freiwillig die Rolle der anderen Frau einnehmen.“
„Nein, dafür bist du zu integer.“
„Vor sechs Jahren habe ich es allerdings getan.“
Jetzt war er derjenige, der stehen blieb. Mit grimmiger Miene drehte er sich zu ihr um. „Nein, das hast du nicht.“
„Du hast gesagt …“
„Dass ich Badra heiraten will, nicht, dass sie meinen Antrag angenommen hat. Sie hatte andere Pläne, und meine waren auch nicht unumstößlich. Als ich sie das erste Mal gefragt habe, hat sie mich abgewiesen und erklärt, dass sie sich nie an einen ungebildeten Ziegenhirten binden würde.“
Deswegen war das Thema also derart heikel für ihn. Trotzdem freute Iris sich, zu erfahren, dass sie nie die Rolle der Geliebten gespielt hatte.
„Aber du solltest einmal die Nachfolge des Scheichs antreten.“
„Eines Beduinenstammes.“
„Und was macht das für einen Unterschied?“
„Ich lebe in einem Zelt, nicht in einem Palast.“
„Weil du dich dafür entschieden hast.“
„Badra hat das aber nicht gutgeheißen.“
„Selbst wenn sie dich nicht belogen und betrogen und ihr Kind aufgegeben hätte, hättet ihr beide überhaupt nicht zusammengepasst.“ Hoffentlich war ihm das inzwischen klar geworden.
Er war damals tatsächlich genauso blind gewesen wie sie.
„Du denkst, sie hätte Nawar aufgegeben?“, hakte Asad neugierig nach.
Iris zweifelte nicht daran. „Hat sie es denn nicht getan? Sie hat doch das Sorgerecht gegen ein Leben in Luxus und die Aussicht auf Freiheit nach fünf Jahren getauscht.“
Erst als sie es ausgesprochen hatte, wurde ihr bewusst, dass seine Eltern dasselbe mit ihm getan hatten.
„Du meinst, wie meine Eltern“, sagte er prompt und bestätigte damit, dass sie oft dasselbe dachten.
„Nein. Sie haben dich immer geliebt und an deinem Leben teilgenommen. Badra hingegen scheint sich genauso wenig für ihre Tochter interessiert zu haben wie meine Eltern für mich.“
„Nawar ist meine Tochter, und du hast vollkommen recht.“
„Du hast sie geschützt, weil du wusstest, wie es ist, wenn Eltern ihre eigenen Interessen an erste Stelle stellen“, erklärte Iris, von Gefühlen überwältigt, die sie nicht benennen wollte.
„Ich habe es nicht so betrachtet. Ich hatte immer meine Großeltern, und mein Platz war hier bei den Sha’b Al’najid.“
Aber seine Eltern hatten das Sorgerecht für ihn abgetreten, um ins Ausland zu gehen und einen höheren Lebensstandard zu haben. Da der Wunsch, Asad zu trösten, sie überwältigte, nahm Iris seine Hand, die er schweigend drückte.
Während sie weitergingen, nahm Iris die wunderschöne Landschaft kaum wahr, weil ihre Gedanken sich überschlugen. Ihr ging einfach nicht aus dem Kopf, dass Asad sich bald auf die Suche
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