Julia Extra Band 369
wandte sie sich dann ärgerlich an ihren Mann.
Lorenzos Lächeln schwand. „Das muss ich wohl vergessen haben.“ Betont nachlässig zuckte er die Schultern.
Es entstand ein peinliches Schweigen, das Cherry als äußerst bedrückend empfand: Viel zu viele Dinge standen unausgesprochen im Raum.
Caterina liebt Vittorio noch immer, und Lorenzo weiß es.
Diese Erkenntnis wirkte wie eine kalte Dusche auf Cherry, aber sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Schon ergriff Vittorio die Initiative und machte der peinlichen Situation ein Ende, indem er sich wieder zu Cherry an den Tisch setzte.
„Macht euch noch einen schönen Abend“, verabschiedete er sich, ohne Caterina dabei eines Blickes zu würdigen, seinem Freund dagegen lächelte er herzlich zu. „Ich rufe dich morgen an, Lorenzo, noch einige kleine Änderungen, und wir können den Vertrag abschließen.“
Lorenzo nickte und ergriff Caterinas Arm. Gezwungenermaßen folgte sie ihm zu ihrem Tisch auf der gegenüberliegenden Seite der Tanzfläche.
„Lorenzo besitzt ein Exportunternehmen, und wir sind nicht nur Freunde, sondern auch Geschäftspartner“, erklärte Vittorio ruhig.
Caterinas Anblick hatte Cherry völlig aus der Fassung gebracht. Am liebsten hätte sie geweint. Im Gegensatz zu ihr war Caterina schön, elegant, kultiviert und außergewöhnlich, mit anderen Worten, sie war genau die Frau, die zu Vittorio passte. Nicht er hatte sie, sondern sie hatte ihn verlassen, weil sie nicht mit Sophia in einem Haushalt leben wollte.
Liebte Vittorio sie insgeheim immer noch? Das schien Cherry immer wahrscheinlicher. Warum sonst hatte es nach ihr keine Frau von Bedeutung in seinem Leben mehr gegeben?
Sie riss sich zusammen. „Lorenzo ist … sehr nett“, bemerkte sie mühsam.
„Ja.“ Er zögerte. „Seine Frau Caterina ist übrigens die Frau, von der ich dir erzählt habe – mit der ich verlobt war und die dann meinen besten Freund geheiratet hat.“
Das war Cherry natürlich schon längst klar, den Mut, Vittorio zu fragen, ob sie ihm immer noch etwas bedeutete, fand sie allerdings nicht. „Es muss sehr schwierig für dich gewesen sein“, meinte sie lediglich.
„In der ersten Zeit war es das schon.“
Cherry, die auf eine ausführlichere Antwort gehofft hatte, war enttäuscht. „Caterina ist eine ausgesprochene Schönheit.“ Vielleicht konnte sie ihn mit dieser Bemerkung aus der Reserve locken.
„Si.“
Vittorios Verschlossenheit bestärkte sie in ihren schlimmsten Befürchtungen: Er liebte Caterina also immer noch.
Ihr Stolz half Cherry, ihre Verzweiflung zu überwinden und Haltung zu bewahren. Entschlossen wechselte sie das Thema. Wenn Vittorio ihr kein Vertrauen schenkte und er in ihr nichts weiter sah als eine willkommene Retterin in einer Notsituation, dann bitte. Gespielt interessiert sah sie sich um.
„Hier ist es großartig! Domenico hat sich wirklich etwas ganz Besonderes einfallen lassen.“
„Cherry…“
Was er hatte sagen wollen, hörte sie nie, denn in diesem Moment kam der Ober an den Tisch. Er begrüßte Vittorio, der hier ein geachteter Stammgast zu sein schien, händigte ihnen die Speisekarten aus und schenkte Champagner nach, obwohl beide ihre Gläser kaum angerührt hatten.
Jetzt jedoch trank Cherry einen kräftigen Schluck. Es sollte ihr helfen, Fassung zu bewahren und diesen Abend zu überstehen. Mit einer Frau wie Caterina konnte sie einfach nicht konkurrieren und würde es daher auch erst gar nicht versuchen.
Es entging Cherry nicht, dass Caterina sie über die noch kaum besuchte Tanzfläche unablässig beobachtete. Als es ihr zu viel wurde, hob sie den Kopf und sah ihr direkt in die Augen. Sekundenlang trafen sich ihre Blicke, keine der beiden Frauen lächelte. Dann senkte Caterina die Lider.
Immerhin ein Sieg, wenn auch ein kleiner, dachte Cherry. Sie widmete sich der Karte, die ausschließlich in Italienisch abgefasst war und keine Preise enthielt.
„Soll ich für dich bestellen?“, bot Vittorio an.
„Gerne.“ Wieder griff sie zum Glas. Dieser Abend war ein Albtraum. Sie passte nicht in dieses elegante Lokal, sie passte nicht zu Vittorio. Wären ihre Mutter und Angela plötzlich erschienen, um sich in aller Öffentlichkeit über sie lustig zu machen, hätte sie es auch nicht weiter gewundert.
Vittorio schenkte ihr erneut ein, was sie endlich aufrüttelte. Sie durfte sich nicht gehen lassen und ihren Verstand, den sie in dieser Situation so dringend benötigte, mit Alkohol betäuben.
Vittorio
Weitere Kostenlose Bücher