Julia Extra Band 369
zwang ihr ein Gespräch auf.
Sie fing Cherry in dem luxuriösen Vorraum zu den Toiletten ab, wo sie vor einem der großen vergoldeten Spiegel stand und so tat, als frische sie ihr Make-up auf.
„Ciao.“ Caterina lächelte herablassend. „Amüsieren Sie sich gut?“
Fest entschlossen, sich nicht provozieren zu lassen, erwiderte Cherry das Lächeln freundlich. „Ausgezeichnet. Domenico hat mit diesem Lokal wirklich etwas ganz Besonderes geschaffen.“
„ Si , aber nur, weil Vittorio es ihm ermöglicht hat. Sie wissen doch bestimmt, dass Vittorio ihm finanziell unter die Arme gegriffen hat. No? “ Gespielt erstaunt zog Caterina die perfekt geschwungenen Brauen hoch. „Verständlich, Sie wissen ja praktisch nichts über Vittorio.“
„Da mögen Sie recht haben“, stimmte Cherry freundlich zu, obwohl Panik in ihr aufkeimte. Caterina jagte ihr Angst ein, und am liebsten wäre sie zurück an Vittorios Seite geflohen.
„Sie sind ja wohl auch eher mit seiner Schwester befreundet“, redete Caterina weiter. „Wie lange kennen Sie Sophia denn schon?“
„Schon seit einiger Zeit.“ Das war noch nicht einmal gelogen, denn sieben Tage waren immerhin etwas.
„Und jetzt helfen Sie ihr bei der Hochzeit – eine ziemlich überstürzte Angelegenheit, finden Sie nicht auch?“
Lorenzo schien sie in die Tatsachen nicht eingeweiht zu haben, das jedenfalls schloss Cherry aus Caterinas gerunzelter Stirn und dem fragenden Blick. Nonchalant zuckte sie die Schultern. „Überstürzt? Die beiden kennen sich von klein auf und lieben sich seit Jahren.“
„Und Vittorio? Ist er glücklich darüber, einen … einen Bauern zum Schwager zu bekommen? Er hatte doch ausgesprochen ehrgeizige Pläne für seine Schwester. Sollte Sophia nicht in einem exklusiven Mädchenpensionat auf eine glänzende gesellschaftliche Karriere vorbereitet werden?“
Diese Frau hatte eine gefährliche Zunge! Cherry stellte sich vor den benachbarten Spiegel und betrachtete sich darin, um Caterina nicht in die Augen sehen zu müssen.
„Davon ist mir nichts bekannt.“
Caterina lachte verächtlich. „Natürlich nicht. Warum sollten Sie etwas darüber wissen? Sie bedeuten ihm nichts. Sie sind ja nicht einmal Italienerin! Vittorio war schon mit vielen wunderschönen italienischen Frauen zusammen, doch keiner ist es gelungen, seine Aufmerksamkeit für länger zu fesseln. Vittorio liebt eben die Abwechslung.“
Gespielt gelangweilt zupfte Cherry an ihrer Frisur. „Erstens geht mich Vittorios Privatleben nichts an, und zweitens interessiert es mich nicht im Geringsten.“
„Machen Sie mir doch nichts vor, Sie impertinente englische Miss!“ Endlich zeigte Caterina ihr wahres Gesicht. Ihre Stimme wurde schrill, und ihre Augen funkelten vor unbeherrschter Wut. „Ich weiß genau, worauf Sie es abgesehen haben, Sie scheinheiliges kleines Luder! Doch Sie werden sich an ihm die Finger verbrennen, so wie all die anderen vor Ihnen auch. Vittorio ist ein Mann, der nur einmal liebt, und sein Herz ist bereits vergeben.“ Caterina warf den Kopf in den Nacken. „Sie können sich bei seiner Schwester einschmeicheln, so viel Sie wollen, ihn werden Sie damit auf Dauer nicht an sich binden, lassen Sie sich das gesagt sein.“
Diese Frau war ebenso neidisch und boshaft wie Angela – diese Einsicht half Cherry, mit der Situation umzugehen. Sie setzte eine undurchdringliche Miene auf, drehte sich wieder zu Caterina um und blickte ihr ins Gesicht.
„Wenn das so ist, weiß ich nicht, wo Ihr Problem liegt, Signora Giordano“, meinte sie kühl und verließ den Raum.
Caterinas Worte hatten sie tief getroffen. Cherry war verzweifelt und fühlte sich entwertet. Am liebsten hätte sie sich in der hintersten Ecke verkrochen und sich ihren Kummer von der Seele geweint. Stattdessen tat sie, als sei nichts geschehen. Sie lächelte, sie tanzte und unterhielt sich mit Vittorio. Sie war so damit beschäftigt, ihr Gesicht zu wahren, dass ihr seine nachdenklichen Seitenblicke entgingen.
Endlich war der Abend vorbei, und sie waren zurück in der Casa Carella. Am Fuße der Treppe verabschiedete sich Vittorio und wünschte ihr eine gute Nacht.
„Was ist los mit dir, Cherry?“, fragte er, als sie schon auf den Stufen stand. „Habe ich versehentlich etwas Falsches gesagt? Das wollte ich wirklich nicht.“
„Du täuschst dich, es ist nichts!“ Selbst in ihren eigenen Ohren klang das wenig überzeugend. „Ich bin einfach nur schrecklich müde. Es war ein wundervoller Abend,
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