Julia Extra Band 370
mit der Liste anfange, und ich habe es getan. Es hat funktioniert, obwohl ich wusste, was vorging.“
Shirley biss sich auf die Lippe. Plötzlich war seine ganze Konzentration darauf gerichtet.
„Ein praktisches Beispiel vielleicht?“, fragte er.
Argwöhnisch blickte Shirley ihn an.
„Es reizt mich sehr, dich zu küssen. Ich sage dir das, damit du weißt, woran ich denke. Damit du widerstehen kannst, wenn der Moment kommt.“
Und weil der Erfolg auf die Art so viel befriedigender sein wird.
Hayden zog Shirley hoch, sodass sie vor ihm stand. Er schloss sie in seine starken Arme.
Ihr Herz fing an zu rasen.
„Also, Shirley … du weißt, was ich tue, du weißt, was mein Ziel ist. Bist du deshalb weniger bereit, dich von mir küssen zu lassen?“
Sie befeuchtete sich die Lippen, rang nach Luft. „Du gehst davon aus, dass ich bereits mitmache?“
„Du hast schon vor Monaten angefangen mitzuspielen. Als du zugelassen hast, dass mein Blick auf deiner Porzellanhaut ruht. Als du zugelassen hast, dass ich dein Gesicht berühre. Und jetzt, obwohl du weißt, was ich vorhabe und warum, bist du trotzdem in meinen Armen.“
„Ganz schön clever“, flüsterte Shirley. Sie wollte unbedingt eine gewisse Würde bewahren. „Vorausgesetzt, dass es überhaupt so etwas wie ein Kuss wird.“
Siegesbewusst lächelte Hayden.
Er drückte den Mund auf ihren, und sie behauptete sich energisch gegen das himmlische Gefühl, wollte nicht nachgeben.
Zu gern hätte sie ungerührt dagestanden, sich besinnungslos von ihm küssen lassen und wäre dann gleichgültig aus seiner Umarmung hervorgegangen.
Aber das würde nicht passieren.
Garantiert nicht.
Als sie gerade glaubte, sich dem atemberaubenden Sinnestaumel widersetzen zu können, erhöhte Hayden den Einsatz. Gekonnt bewegte er den Mund an ihrem, küsste sie mal zärtlich, mal fordernd, reizte mit der Zunge ihre zusammengepressten Lippen. Shirley spürte seinen Körper lodernd heiß an ihrem. Die Kabine schien sich um sie beide zu drehen, so überwältigt und schwindlig fühlte sie sich.
Dann zog Hayden sich ein wenig zurück, flüsterte zärtliche Worte. Daran, wie seine Augen dunkler wurden, erkannte sie, dass es nicht mehr nur ein Spiel war.
„Ich werde dieses burgunderrote Lipgloss wegküssen und aufdecken, was darunter ist.“
Und genau das versuchte er zu tun. Er presste sich fester an sie und küsste sie, bis sie nicht mehr klar denken konnte. Shirley hatte die Hände gegen seine Brust gestemmt, aber statt ihn wegzudrücken, wanden sich ihre Finger wie von selbst in den Stoff seines Hemdes, und sie schmiegte sich an Hayden.
In seinen Kuss.
Eine Flut von Empfindungen brach über ihr herein.
Leise aufseufzend öffnete sie den Mund.
Sofort nutzte Hayden es aus und küsste Shirley so leidenschaftlich, dass ihr ganzer Körper vor Verlangen brannte. Sie schob ihm die Finger ins Haar, während er sie rückwärts an die Wand drängte.
„Du bist bezaubernd“, flüsterte er. „Für uns gab es nie einen anderen Weg.“
Plötzlich wurde ihr bewusst, was sie gerade taten und wo sie waren. Schwer atmend löste sich Shirley von ihm. „Du nimmst an, dass es allein dein Werk war. Was, wenn ich von Anfang an auf einen Kuss aus war?“
Hayden senkte den Blick. Er trat zurück. „Das ist die zweite Grundregel der Beeinflussung. Die Zielperson davon zu überzeugen, dass es die ganze Zeit über ihre Idee war.“
Und ohne ein weiteres Wort verschwand er, zurück in seine eigene Kabine. Shirley sackte an der kalten Stahlwand in sich zusammen.
Der Teufel soll dich holen, Hayden Tennant!
Es dauerte Minuten, bis Shirley die Kraft hatte, vom Boden aufzustehen und sich aufs Bett sinken zu lassen.
Hatte sie sich schon einmal etwas so sehr gewünscht und es gleichzeitig so übel genommen wie diesen Kuss? Sie hasste es, dass sie Haydens Verführungskunst nichts entgegenzusetzen hatte. Und sie hasste es wirklich, dass er von ihrer Kapitulation überzeugt gewesen war. Weil er sich seines überragenden Könnens so sicher war? Oder weil er sie für willensschwach hielt?
Zu Recht, wie sich herausgestellt hatte.
Sollte sie weniger streng gegen sich selbst sein? Immerhin war das gerade der beste Kuss gewesen, den sie jemals bekommen – unwirklich, unvergesslich, wie aus einem Hollywoodfilm. Dagegen hatte sie keine Chance gehabt.
Ja, das war gut. Dann war sie überhaupt nicht dafür verantwortlich.
„Pah!“ Shirley schlug ein paarmal den Kopf aufs Kissen.
Natürlich war sie
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