Julia Extra Band 371
toll.“
Unter seinem eindringlichen Blick und dem Lob, das ihr wie eine Liebkosung vorkam, spürte Callie, wie der Funke zwischen ihnen zu neuem Leben erwachte. Unwiderstehlich fühlte sie sich zu Archer hingezogen.
Er näherte seinen Mund langsam ihren Lippen, und ihr fiel kein Grund ein, warum sie nicht einen ehemaligen Liebhaber küssen sollte.
Liebhaber? Was zum Teufel mache ich da? fragte sie sich plötzlich entsetzt. Die beiden anderen Küsse konnte sie auf plötzliche Impulse zurückführen, aber das jetzt war etwas ganz anderes.
Er meinte, ihre Meinung zähle für ihn, und sein Lob war ihr wichtig. Es wäre allerdings tollkühn, sich seine Bewunderung zu Kopf steigen zu lassen.
Auf keinen Fall durfte sie wieder in Archers Bann geraten! Sie war kein naives junges Mädchen mehr. Diesmal wusste sie, wie die Affäre enden würde – sofern sie sich darauf einließen.
Archer würde immer seine Freiheit mehr als alles andere im Leben schätzen. Und sie würde ihr Leben weiterhin der Aufgabe widmen, ihrer Mutter die letzten Jahre so angenehm wie möglich zu gestalten.
Diese Ziele waren unvereinbar.
Als sich ihre Lippen beinahe berührten, machte Callie sich hastig von Archer los und trat einige Schritte zurück.
„Aber, Callie, was …“
Sie ertrug es nicht, die Verwirrung in seinen Augen zu sehen. Also tat sie das einzig Mögliche: Sie drehte sich um und lief weg.
5. KAPITEL
„Und? Was hältst du davon?“, fragte Archer gespannt.
Callie war sprachlos. Bisher kannte sie die Surfschule nur von den kleinen Fotos und Bauplänen, die sie in die Website integriert hatte. Jetzt stand sie in dem weitläufigen Komplex auf einer Klippe über dem Strand – und war überwältigt.
„Das ist echt atemberaubend.“ Sie ließ den Blick über die Gebäude gleiten: das weiß getünchte Hauptgebäude, die Wohnblocks, den Lagerraum für die Surfausrüstungen, in dem ihr Apartment drei Mal Platz gehabt hätte, und den Shop links vom Eingang.
„Das hast du alles selbst geplant?“, fragte sie beeindruckt.
„Ja, ich habe mehr zu bieten als nur ein hübsches Gesicht“, erwiderte er humorvoll und nahm sie bei der Hand. „Jetzt machen wir einen Rundgang. Okay?“
Was sollte sie dagegen sagen?
Seitdem sie vorhin am Strand weggelaufen war, hatte sie intensiv nachgedacht. Und sie war zu folgendem Schluss gelangt: Mit Archer zusammen zu sein barg die Gefahr, dass die schützenden Mauern, die sie um ihr Herz errichtet hatte, allmählich zu bröckeln anfingen.
Mit den Küssen hatte es angefangen, und der gestrige Abend hatte beschleunigend gewirkt. Dann war da noch der Moment vorhin am Strand gewesen und alles zusammen bedeutete – Probleme.
Nachdem sie ihm gestern das Herz ausgeschüttet hatte, war ihm offensichtlich klar gewesen, dass sie nicht mit oberflächlicher Plauderei von ihren Problemen abgelenkt werden wollte. Tröstend hatte er sie im Arm gehalten – und geschwiegen.
Archer hatte behauptet, sie würde ihn verstehen … Leider traf es auch umgekehrt zu: Er verstand Callie. Und das ängstigte sie mehr als alles andere.
Auf Capri war er auch so einfühlsam gewesen. Egal, wonach ihr zumute gewesen war, oder was sie sich gewünscht hatte, Archer hatte es gespürt. Vom ersten Augenblick an. Ob es nun um noch ein Glas Wein gegangen war oder darum, dass sie ihre Jacke wollte, weil es beim nächtlichen Spaziergang kühl wurde, er hatte gewusst, was sie wollte. Und ihre Wünsche erfüllt.
Dass er ihr die sozusagen von den Augen ablas, hatte sie am meisten beeindruckt. Ihm ging es anscheinend um mehr als nur Sex. Mit Archer hatte sie sich stundenlang unterhalten können. Oft über ganz belanglose Dinge, zum Beispiel, was sie als Kinder erlebt hatten, oder wovon sie geträumt hatten.
Mit keinem anderen Mann hatte sie diesen Zauber jemals wieder erlebt.
Das hatte das Ende der Beziehung umso schwerer zu ertragen gemacht.
Natürlich war ihnen beiden klar gewesen, dass sie von Capri aus nicht unbedingt gemeinsam weiter durch die Welt reisen würden. Callie hatte allerdings gehofft, dass sie irgendwie in Kontakt bleiben würden. Eines Tags in Melbourne …
Und dann hatte er ihr unmissverständlich erklärt, sie hätte in eine kurze Affäre zu viel hineingelesen. Es wäre doch nur um ein bisschen Spaß gegangen. Und er hatte ihr den „guten“ Tipp gegeben, sie solle doch ein wenig lockerer werden, bevor sie noch mehr Typen vergraulte.
Daran sollte sie jetzt denken, bevor sie zuließ, dass ihre Schutzwälle
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