Julia Extra Band 371
wie gut Archer küsste, wie lebendig sie sich dann fühlte, es gab nur einen Weg: Sie musste sich aufs Geschäftliche fokussieren.
Nur deswegen war sie hier.
„Izzy ist wirklich süß“, bestätigte Archer nun. „Tom und Travis sind es weniger.“
„Eure Mutter muss mit euch drei Jungen ganz schön zu tun gehabt haben“, bemerkte Callie.
Er verspannte sich, als wäre ihm diese Bemerkung ziemlich nahe gegangen. „Ja, wir haben sie ständig auf Trab gehalten.“
Sie hätte ihn gern nach seinen Eltern und seiner Kindheit gefragt, aber er schien nicht in der richtigen Stimmung zu sein. Besser gesagt, sie konnte seine Stimmung nicht einordnen.
Sie saßen auf dem bequemen Sofa auf dem großen Balkon, von dem aus man einen herrlichen Blick aufs Meer hatte, das jetzt bei Sonnenuntergang wie Perlmutt schimmerte.
Es war die ideale Szenerie für ein vertrauliches Gespräch, aber Archers oberflächliche Antworten und sein verschlossener Gesichtsausdruck waren nicht gerade ermutigend.
„Möchtest du Kinder haben, Callie?“
So viel zu seiner Abneigung gegen intime Fragen! Seine war ja noch persönlicher als alles, was sie von ihm wissen wollte. Und unbequemer!
„Ich bin mir noch nicht sicher“, erwiderte Callie ausweichend.
Nachdem die genetischen Tests bei ihr zum Glück nicht das mutierte Gen nachgewiesen hatten, das für ihre Mutter das Todesurteil bedeutete, hatte sie psychologische Beratung in Anspruch genommen, um mit ihren aufgewühlten Gefühlen klarzukommen: Erleichterung, Schuld, Angst.
Trotzdem hatte sie in all den Jahren die geheime Furcht nicht überwinden können, dass den Ärzten ein Fehler unterlaufen war und die Krankheit bei ihr doch ausbrechen würde.
Das war unlogisch. Auch die Angst, ihre Kinder könnten davon betroffen werden. Trotzdem wollte sie das Schicksal nicht herausfordern, das ihr ja schon so übel mitgespielt hatte.
„Hat sich die Chance noch nicht ergeben?“, wollte Archer als Nächstes wissen.
„Wenn du damit eigentlich fragen willst, ob ich seit Capri eine ernsthafte Beziehung hatte, lautet die Antwort Nein. Ich gehe durchaus mit Männern aus, aber mehr ist da nicht.“
„Warum?“ Er ließ nicht locker.
„He, was soll das? Wird heute von mir Seelenstriptease verlangt?“ Sie stellte die Tasse ab, wobei ihre Hände plötzlich bebten.
„Callie, ich wollte nicht …“
„Tut mir leid, dass ich dich so angefaucht habe“, unterbrach sie ihn. „Aber wenn du zu hören hoffst, ich hätte mich die ganze Zeit vor Sehnsucht nach dir verzehrt und deshalb keine andere Beziehung angefangen, dann spinnst du!“
„Das will ich wirklich nicht!“ Entsetzt sah er sie an. „Ich finde nur, wir haben lang genug um den heißen Brei herum geredet und so getan, als wären wir bloß Arbeiter am selben Projekt. Leute, die ansonsten nur höflich miteinander plaudern und sich nach getanem Job in ihr Zimmer zurückziehen. Als ich gesehen habe, wie du mit Izzy umgehst, habe ich darüber nachgedacht …“ Er sprach nicht weiter.
Obwohl sie wusste, dass sie besser nicht nachhaken sollte, tat sie es. „Worüber?“
„Warum die wunderschöne, lebhafte junge Frau, die ich auf Capri kennenlernte, nicht längst von einem klugen Mann weggeschnappt wurde.“
„Vielleicht möchte ich nicht von einem Mann ‚weggeschnappt‘ werden“, erwiderte Callie spitz, nachdem sie bis fünf gezählt hatte, um nichts Unbedachtes zu sagen. „Vielleicht bin ich ja glücklich als Single?“
„Bist du das?“, bohrte er nach und strich ihr mit dem Zeigefinger sanft über die Stirn. „Diese kleine Falte zwischen deinen Brauen lässt nämlich anderes vermuten.“
Sie schlug seine Hand weg, gereizt über seine Intuition und gleichzeitig gerührt, weil es ihm überhaupt aufgefallen war, dass sie nicht ganz glücklich wirkte.
„Seit wann bist du so aufmerksam und klarsichtig?“, fragte Callie kühl.
„Früher warst du sorglos, Callie, hast viel gelacht und nichts schien dich aus der Ruhe zu bringen. Jetzt bist du anders. Zuerst dachte ich, es wäre deswegen, wie ich dich damals habe sitzen lassen, aber … vorhin mit Izzy warst du wieder ganz die Alte. Da dachte ich mir, dass du andere Probleme hast. Tiefer gehende als überwundener Liebeskummer.“
Er nahm ihre Hand und drückte sie.
„Callie, du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst.“
Das waren ja ganz neue Töne! Sie konnte mit dem charmesprühenden Archer umgehen, der sie ständig neckte, aber nicht mit diesem neuen
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