Julia Extra Band 372
er erschrocken zusammen und verzog das Gesicht, als könnte er kaum glauben, was er da soeben von sich gegeben hatte.
Elise lachte. „Warum ziehen Sie so eine Grimasse? Weil es das billigste Gericht auf der Karte ist?“
„Nein“, erwiderte er mit gesenktem Blick. „Das Jurastudium war nicht leicht für mich. Ich hatte wenig Zeit zum Jobben, und die Studiengebühren und Bücher waren sündhaft teuer. Es blieb kaum genügend Zeit und Geld zum Leben.“
„So ziemlich das Erste, was Sie mir über sich erzählt haben, war, dass Sie einmal arm waren.“
Er lachte. „Arm ist gar kein Ausdruck dafür.“
Es war ein Vertrauensbeweis, dass er ihr etwas aus seiner Vergangenheit erzählte. Nach beinahe einer Woche, in der sie ihm einiges von sich offenbart hatte, erwiderte er endlich ihr Vertrauen.
Nach dem Lunch saßen sie noch etwa eine Stunde mit Dave und Maude im Bed and Breakfast zusammen, und als sie nach Hause fuhren, war bereits die Dämmerung hereingebrochen, und alle Häuser erstrahlten in bunter Weihnachtsbeleuchtung.
Die Farm lag dunkel da, als sie zurückkamen, und irgendwie erschien Elise das nicht richtig. Ein Haus sollte immer voller Leben und Liebe sein. Sie konnte so viel Liebe geben, und vielleicht würde es einmal das Zuhause werden, nach dem sie sich so sehr sehnte. Es hatte ihrer Großmutter gehört, die sie sicher geliebt hätte. Sie fühlte sich auf einmal verwurzelt hier. Sie gehörte hierher.
„Ich weiß, Sie möchten sicher, dass ich mir gleich mit Ihnen ansehe, was Brent und Tim heute geschafft haben, aber ich möchte zuerst Molly ins Bett bringen. Sie ist todmüde von dem aufregenden Tag.“
Er beugte sich vor und küsste Molly auf die Wange. „Gute Nacht, Prinzessin.“
Elise sah ihn an, und ihre Kehle war wie zugeschnürt. Jared hatte so einen liebevollen Charakter, warum hielt er sich ihr gegenüber nur so ängstlich zurück? Bisher hatte er ihr nur so viel anvertraut, dass er als Student arm gewesen war. Und obgleich er noch seine Eltern, vielleicht sogar eine Familie hatte, kam er ihr einsamer vor als sie sich. Vielleicht sollte er ja mit ihr in dieses Haus einziehen und sie zu dritt hier zusammenleben.
„Bin gleich wieder da“, sagte sie und eilte die Treppe hinauf. Oben brachte sie Molly ins Bett und wartete darauf, dass sie einschlief. Sie strich mit den Fingern über die Kommode, die sie gestern poliert hatte, und fragte sich, warum sie nicht einfach nur glücklich über ihre unerwartete Erbschaft war. Warum sie so begierig darauf war, auch Jared noch an ihrem Glück teilhaben zu lassen?
Sie hatte keine Ahnung, warum Jared nicht nach New York zurückkehren wollte. Da er die Ankunft dort immer wieder hinauszögerte, würde er dort vermutlich mit etwas Traurigem oder Unangenehmem konfrontiert. Mit etwas, über das er nicht sprechen wollte.
Vielleicht lag sie mit ihren Vermutungen aber auch ganz falsch, so wie damals bei Patrick. Vielleicht wollte Jared einfach nicht nach Hause, und vielleicht hatte er sich mit seinen Eltern überworfen? Das konnte sie sich allerdings kaum vorstellen, und sie machte sich große Sorgen um ihn. Als Molly eingeschlafen war, ging sie wieder nach unten. Jared hatte sich schon zum Gehen bereit gemacht.
„Ich dachte, Sie wollten noch auf dem Dach nach dem Rechten sehen?“
„Es ist schon zu dunkel dazu.“ Er hatte die Hand bereits auf dem Türgriff, als könnte er gar nicht schnell genug verschwinden. „Aber ich habe gesehen, dass Brent und Tim alles mit Abdeckplanen gesichert haben, also was auch immer heute Nacht passiert, es kann nicht hereinregnen.“
„Gut.“
Ihr fiel nichts ein, was ihn zum Bleiben bewegen könnte, doch sie wollte einfach nicht akzeptieren, dass er fortging. Die Situation war für beide verwirrend. Sie mochte ihn so sehr, dass sie sich Sorgen um ihn machte, und er mochte sie so sehr, dass er sie ständig ansehen musste. Und er war sogar bereit, mühsam ihr Dach zu reparieren, wo jeder andere längst auf und davon gewesen wäre.
Der Yuppie, der in Kalifornien nie etwas anderes trug als Anzüge, stand mit T-Shirt, Lederjacke und abgetragenen Jeans in der Küche ihres alten Farmhauses. Und er sah dabei so verdammt gut aus, so verführerisch, dass ihr Puls sich beschleunigte. Nur einmal würde sie ihn gern berühren, vielleicht küssen. Nur ein einziges Mal. Elise trat zu ihm und erwartete schon, dass er rasch die Tür öffnen und sich brüsk verabschieden würde.
Stattdessen leckte er sich über die Lippen. „Na
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