Julia Extra Band 372
Sie ist eine Streunerin.“
Er seufzte. „So wie ich.“
Jill drückte ihn kurz an sich. „Irgendwie schon. Sie fühlt sich ein bisschen verloren und braucht jemanden, der sich um sie kümmert.“
Steif entzog er sich der Umarmung. Schweigend gingen sie zurück zu Jack, der gerade seine Kamera wieder verstaute.
„Ich könnte mich um sie kümmern.“ Jarred wirkte abweisend. „Ich mag Hunde.“
„Das wäre cool.“ Die Sehnsucht in seiner Stimme war herzzerreißend. Wenn auch vielleicht nur vorübergehend, so konnte Jill doch wenigstens etwas für diesen Jungen tun. „Wenn du willst, können wir sie nachher zusammen baden.“
„Mel wird grade gebadet. Mit was Grünem.“
„Das ist ein Mittel gegen den Juckreiz.“
„Das hat die Lady auch gesagt.“
„Die Lady heißt Mrs Drummond“, sagte sie. „Den Namen solltest du dir am besten merken.“
Jack hatte seine Reisetasche unter die Bank geschoben und die Kamera über die Schulter gehängt. Jill lächelte vor sich hin. Gut, sie brauchte sich also erst mal noch keine Gedanken darüber zu machen, dass er aus ihrem Leben verschwinden würde.
„Kommen Sie mit“, meinte sie. „Dann erledigen wir den Papierkram, und Sie können an den Computer.“
Er nickte. „Ich werde mir Mrs Drummonds Namen auch merken, weil ich ihr unbedingt sagen muss, wie gut ihr Shortbread ist.“
„Wer waren die anderen Ladys?“, fragte Jarred. „Muss ich mir die Namen von denen auch merken?“
„Das ist einfach“, antwortete Jill. „Sie heißen beide Mrs Metcalf.“
„Warum heißen sie gleich?“
„Weil sie aus derselben Familie kommen. So wie du, Jade, Mel und Nat“, meinte sie. „Ich heiße auch so. Jill Metcalf.“
Auf dem Weg durch den Korridor dachte Jarred kurz nach, ehe er Jack einen schüchternen Blick zuwarf. „Das ist witzig, oder?“
„Was denn?“, fragte Jill.
„Jack und Jill.“
Ihre Blicke trafen sich über seinem Kopf. Jack hob die Brauen und fing an, den Kinderreim zu zitieren. Dann lächelte er tatsächlich, und Jill hatte das Gefühl, als würde plötzlich die Welt stillstehen.
Jack spürte, dass sie ihn mochte.
Es war so verführerisch. Sie war einfach zu schön, um wahr zu sein. Diese fröhliche, warmherzige Frau. Wahrscheinlich würde sie einem sogar etwas geben, wenn sie keine Gegenleistung dafür bekam. Aber das wäre ihm nicht gut genug.
Jack wünschte, auch er hätte etwas zu geben. Irgendetwas. Nur um ihr zeigen, dass sie etwas Besonderes war.
Das Einzige, was er zu geben hatte, war ein Lächeln. Ein ziemlich eingerostetes Lächeln. Doch seltsamerweise schien es ihr zu genügen.
5. KAPITEL
Manchmal konnte selbst das Ausfüllen von Formularen aufregend sein.
„Voller Name?“, erkundigte sich Jill.
„Jack Sinclair.“
„Kein zweiter Vorname?“
„Nicht dass ich wüsste.“
Sie sah lediglich seinen Rücken, da er auf der anderen Seite des Büros am Computer saß. Er hatte seine Kamera damit verbunden und Fotopapier in den Drucker gelegt. Jarred hockte daneben und betrachtete fasziniert das Bild von sich und Bella auf dem Bildschirm.
„Cool“, flüsterte er hingerissen.
Jill fuhr fort: „Wie alt sind Sie, Jack?“
„Dreiunddreißig.“
„Heimatadresse?“
„Ich hab keine.“
„Das gibt’s nicht“, widersprach sie. „Sie müssen eine haben.“
„Nein. Und ich habe auch keine Verwandten.“
„Sind Sie Waise?“, fragte Jarred.
„Ja.“ Die Antwort kam zögernd.
Falls Jack Sinclair doch Verwandte hatte, wollte er es zumindest nicht zugeben. Es war eindeutig, dass er vor etwas auf der Flucht war. Genauso wie Elise, das Mädchen im Wartezimmer. Rasch schrieb Jill eine kurze Anamnese und eine Zusammenfassung ihrer Behandlung von Jack.
„Ich schätze, ich bin jetzt auch Waise.“ Jarred rückte seinen Stuhl ein klein wenig näher an Jack heran.
Der geheimnisvolle Mann. Er kam von nirgendwo, hatte keine Familie und hasste Weihnachten und Krankenhäuser. Jill musste den Impuls unterdrücken, zu ihm zu gehen und ihn zu umarmen. Ihm Trost anzubieten.
Freundschaft.
Zum Glück wurde sie abgelenkt, als die ersten Fotos erschienen. Jack hatte mehrere Abzüge in Postkartengröße ausgedruckt.
„Hey, danke!“ Jarred lächelte zum ersten Mal.
„Bitte sehr.“ Jack wickelte das Kabel wieder auf und steckte es in die Kameratasche. „Dann werde ich mich jetzt wohl mal auf den Weg machen.“
„Nein, das geht nicht!“, protestierte Jill.
Da er sie mit erhobenen Brauen ansah, wurde sie rot.
„Ich
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