Julia Extra Band 372
vertraut, dass sie ein Prickeln überlief. Ein gefährliches, aber wunderbares Prickeln.
Auf der Veranda hielt sie einen Augenblick inne, fasziniert von dem Anblick, der sich ihr bot. Zwei dunkle Köpfe, eng zusammengesteckt, wobei das Sonnenlicht, das durch das Laub fiel, beinahe eine Art Aura um sie herum bildete.
Bella saß dicht am Bein des Jungen, den Kopf flach auf seinem Schoß, und schaute mit hingebungsvollem Blick zu ihm auf.
Ähnlich wie der Ausdruck von Jarred, als er verstohlen den Mann neben sich ansah.
„Es ist eine sehr gute Kamera“, erklärte Jack gerade. „Sie wird von vielen Berufsfotografen benutzt, und die meisten verwenden inzwischen Digitalkameras anstatt solche mit Film. Das hier ist das neueste Modell mit zehn Komma zwei Megapixeln.“
„Was sind Megapixel?“
Jill wusste, dass sie eigentlich nicht hätte lauschen sollen. Aber sie konnte nicht widerstehen. Jack klang irgendwie anders. Offener. Außerdem unterhielt er sich mit Jarred auf eine sehr erwachsene Art, von Mann zu Mann, und Jill wollte sie nicht dabei stören. Vermutlich war dies das Spannendste, was dem Jungen seit Langem passiert war.
„Mit Megapixeln beschreibt man die Schärfe eines Bildes“, antwortete Jack. „Je mehr Megapixel, desto besser die Bildqualität. Dadurch kann man das Foto vergrößern, ohne dass es verschwommen wird.“
„Ist zehn Komma zwei groß?“
„Riesig“, bestätigte Jack voller Befriedigung.
Er schien seine Fotografie zu lieben, dachte Jill. War es das, was seine Anziehungskraft ausmachte? Die Ausstrahlung eines gequälten Künstlers?
„Diese Bilder sind die besten, die es gibt“, fuhr er fort.
„Sie könnten das hier also vergrößern?“, fragte Jarred.
„Ja, so groß wie eine Wand.“
„Kann ich eins haben?“
„Klar. Aber vielleicht nicht ganz so groß. Das Papier dafür ist sehr teuer. Ich werde dir ein normales machen.“
„Wann?“
„Sobald ich einen Computer finde, mit dem ich es ausdrucken kann. Dann schicke ich es dir mit der Post.“
„Aber ich möchte es Mel und Jade zeigen. Und der Lady.“
„Na ja.“ Jack zögerte. „Wir könnten es ihnen vielleicht auf der Kamera zeigen, bevor ich gehe.“
„Wann wollen Sie denn gehen?“
„So bald wie möglich, Kumpel.“
„Wieso?“, meinte Jarred.
Ja, dachte Jill. Wieso? Wozu die Eile?
„Ich hasse Krankenhäuser, schon vergessen?“
„Ach ja.“
Jill konnte Jarreds Enttäuschung nachvollziehen. Ihr ging es nicht anders. Auch sie wollte nicht, dass Jack verschwand.
„Hi.“ Sie lief die Stufen herunter, als wäre sie gerade durch die Verandatür geeilt. „Da sind Sie ja!“
„Jack hat mich fotografiert“, sagte Jarred. „Mich und den Hund.“
„Darf ich mal sehen?“ Jill schaute auf das Display an der Rückseite der Kamera, während Jack mehrere Bilder durchlaufen ließ. Einige zeigten bloß Teile des Hundes oder Jacks linken Fuß.
„Die hab ich gemacht“, erklärte Jarred stolz.
Doch es gab auch noch andere. Besonders bei einem von Jarred und Bella stockte Jill der Atem. Der Hund und der Junge blickten einander an. Eine Art Erstaunen lag in diesem Blick, die Erkenntnis, einen Seelenpartner gefunden zu haben. Der Beginn einer großen Liebe.
„Das ist hinreißend“, flüsterte sie. „Von dem hätte ich gern einen Abzug.“
„Sicher.“ Jacks Tonfall klang wegwerfend. War ihm gar nicht klar, was für einen magischen Moment er da eingefangen hatte?
„Er kann Ihnen einen schicken“, sagte Jarred wichtig.
„Was für einen Computer brauchen Sie zum Ausdrucken?“, fragte Jill. „Benötigen Sie besonderes Papier?“
Argwöhnisch sah Jack sie an. „Fotopapier habe ich dabei.“
„Dann mal los“, meinte sie heiter. „Ich muss ja sowieso noch Ihre Daten aufnehmen, Jack. Und im Büro steht ein guter Computer.“
„Kann ich auch mitkommen?“ Jarreds mürrischer Ton war wieder da. Er rechnete nicht damit, mit einbezogen zu werden.
„Natürlich“, erwiderte Jill. „Danach gehen wir hoch und zeigen deine Fotos den andern.“
„Darf der Hund auch mit?“
„Sie heißt Bella“, sagte sie. „Und sie darf nicht in ein Krankenhaus.“
„Ich hasse Krankenhäuser“, erklärte Jarred. „Genau wie Jack.“
Achselzuckend meinte Jack: „Niemand mag Krankenhäuser besonders gern.“
„Ich bringe sie erst mal in den Gartenschuppen“, entschied Jill. „Dort ist sie sicher.“
Jarred folgte ihr und dem Hund. „Wohnt Bella in dem Schuppen?“
„Momentan wohnt sie nirgendwo.
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