Julia Extra Band 372
Stromleitungen oder Ähnliches gab. Danach wies sie einige der Pflücker an, alle Fahrzeuge umzuparken und dafür zu sorgen, dass sich keine losen Gegenstände in der Nähe befanden, die von den Helikopterrotoren aufgewirbelt werden könnten.
Ihre Anordnungen waren klar und bestimmt. Niemand hätte ihr in irgendeiner Weise widersprochen.
Jack war beeindruckt. Zu Anfang war Jill Metcalf ihm wie ein Weihnachtsengel vorgekommen, der sich als Ärztin verkleidet hatte. Aber sie stellte sich als sehr resoluter Engel heraus. Kein Wunder, dass es ihr gefiel, als Notfallmedizinerin zu arbeiten.
Bald hörte man das laute Motorengeräusch eines großen Hubschraubers. Jills schulterlange Locken wurden von dem Luftschwall der Rotoren zerzaust, doch ihre ruhige Selbstsicherheit war durch nichts zu erschüttern. Bei der Übergabe gelang es ihr, den Rettungskräften alles zu vermitteln, was sie wissen mussten, ohne Nick in Panik zu versetzen. Während sie dabei half, den Patienten auf dem Wirbelsäulenbrett zu stabilisieren, sprach sie weiter besänftigend auf ihn ein.
„Diese Jungs sind die Besten“, sagte sie zu ihm. Dann wandte sie sich an den Notarzt. „Ich habe ihm bisher nur fünf Milligramm Morphium gegeben. Es ist mir lieber, wenn Sie ihn erst an die Überwachungsmonitore anschließen, bevor er mehr bekommt.“
Sie begleitete Nick bis zum Helikopter. Jack machte sich unterdessen nützlich, indem er die medizinische Ausrüstung zusammenpackte und wieder im Jeep verstaute. Anerkennend nickte er Bella zu, die auf seinem Sitz saß und nicht versucht hatte, aus dem Wagen zu springen.
„Braver Hund“, lobte er. „Danke, dass du auf meine Kamera aufgepasst hast.“
Der Hubschrauber stand kurz vor dem Start. Die Türen waren geschlossen, Jill eilte von dem provisorischen Landeplatz fort, und die Rotorblätter fingen an, sich zu drehen.
Aus einem plötzlichen Impuls heraus holte Jack seine Kamera aus der Tasche. Gerade rechtzeitig, um ein fantastisches Foto von dem Helikopter zu schießen, der in diesem Moment abhob.
Der Luftsog der Rotoren presste die Blätter der Kirschbäume beiseite, sodass die glänzend roten Früchte sichtbar wurden. Die jungen Arbeiter standen eng zusammen. Einige hatten sich die Arme um die Schultern gelegt, während sie den startenden Hubschrauber beobachteten. Die Sorge um ihren Freund war ihnen anzusehen.
Jill und der Krankenwagen-Sanitäter waren ebenfalls auf dem Bild. Auch sie schauten nach oben, doch in ihren Gesichtern erkannte man die Befriedigung darüber, einen guten Job gemacht zu haben.
Wenn Faith ein Foto haben wollte, das die lebenswichtige Funktion eines Arztes in dieser abgelegenen Gegend darstellte, dann war es dieses hier.
Seltsamerweise wirkte Jill nicht sonderlich zufrieden, als sie wieder in den Jeep einstieg, um zu ihrem Hausbesuch weiterzufahren.
„Eigentlich wäre ich lieber auf der anderen Seite, im Krankenhaus“, gestand sie. „Mit Röntgengeräten und CTs auf Abruf. Und einem Neurochirurgen, einem OP und einer Intensivstation im selben Gebäude.“
„Vielleicht ist das, was am Unfallort passiert, genauso wichtig für den Patienten“, meinte Jack.
Überrascht sah sie ihn an. „Sie hören sich an wie mein Dad. Vermutlich stimmt das sogar, vor allem bei schweren Verletzungen in einer Gegend wie unserer. Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als nachher im Krankenhaus anzurufen und nachzufragen, wie es gelaufen ist.“ Sie lächelte. „Ich gebe zu, ich mag Rettungshubschrauber. In einer Notaufnahme kriegt man solche spannenden Sachen gar nicht mit.“
Auf der Wheeler-Plantage zu fotografieren, hatte keinen Sinn. Da die Arbeiter von dem schweren Unfall bei den Nachbarn gehört hatten, war die Stimmung gedrückt. Sie verrichteten ihre Arbeit, weil sie getan werden musste. Oder vielleicht lag es auch an der Tragödie im Farmhaus, wo Jill für die nächste halbe Stunde verschwand.
Als Jill schließlich zurückkam und ihren Arztkoffer hinten in den Wagen stellte, wirkte sie in sich gekehrt. Sie sagte nichts, sondern fuhr einfach los, und das Schweigen dehnte sich, bis Jack sich unwohl zu fühlen begann.
Selbst Bella merkte, dass etwas nicht stimmte. Sie steckte den Kopf zwischen den Sitzen durch und schaute fragend zu ihrer Fahrerin hoch.
Nach einer Weile hielt Jack es nicht mehr aus. „Sind Sie okay?“, fragte er fast schroff.
„Nein.“
Mit knirschender Gangschaltung bog Jill wenige Sekunden später von der Straße auf einen verlassenen Rastplatz
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