Julia Extra Band 373
Emir rufen, dass sie anhalten solle. Doch erst als sie die donnernden Hufe seines Pferdes hinter sich vernahm, zog sie die Zügel an, und drehte sich zu ihm um.
„Fünf Tage lang wurde ich künstlich beatmet, die Maschinen hielten mich am Leben.“ Schmerz und Trauer standen in ihren Augen. „Mein Verlobter saß an meinem Bett, zusammen mit seiner Mutter, und ich konnte hören, was sie miteinander sprachen. Konnte hören, wie er sagte, dass es jetzt sinnlos wäre, mich zu heiraten.“ Der Ritt hatte sie atemlos gemacht, dennoch schrie sie ihre Wut und Enttäuschung heraus. „Natürlich hat er das später mir gegenüber nicht so ausgedrückt. Er meinte, durch den Unfall sei ihm klar geworden, dass, auch wenn er natürlich Gefühle für mich habe, er mich nicht wirklich lieben würde. Dass er für eine dauerhafte Beziehung noch nicht bereit sei. Doch ich kannte den wahren Grund.“
„Er war ein Narr.“
„Und was bist du dann?“
„Ich … ich bin König.“ Es war die einzige Antwort, die Emir auf ihre Frage geben konnte.
5. KAPITEL
„Ich habe dir ein Bad eingelassen.“
Emir sah auf, als Amy ins Zelt kam. Er war vorgeritten, um ihr Zeit allein zu lassen, und hatte sich dann gleich um das Bad gekümmert. Es war das erste Mal, dass er so etwas eigenhändig getan hatte. Und dann auch noch für einen anderen.
Und während er das Wasser einfüllte, brannte die Verachtung für Amys Verlobten in ihm. Doch dann hatte er sich den Spiegel vorgehalten, denn … tat er nicht genau das Gleiche?
Aber er war ein König.
Nur brachte ihm dieser Gedanke keinen Trost.
„Danke.“
Ihr Lächeln verwirrte ihn. Er hatte erwartet, sie würde Trauer und Verbitterung mit ins Zelt bringen, doch sie schien gelassen und ruhig.
Amy war gelassen, zum ersten Mal seit dem Unfall. Im Badeabteil legte sie ihre Robe ab und sah sich um. Überall standen Sturmlampen mit brennenden Kerzen. Es war keine romantische Geste von Emir, das ganze Zelt wurde mit Kerzen beleuchtet, dennoch war sie gerührt. Sie stieg in das duftende Wasser und schloss die Augen, wollte weder daran denken, wie es den Zwillingen ergehen mochte, noch an Emir und das, was er vorgeschlagen hatte.
Stattdessen dachte sie an die Vergangenheit. Die Erinnerungen waren zurückgekehrt. Es war ein gutes Gefühl.
Sie wusch sich das Haar, stieg aus der Wanne und wickelte sich ein Badelaken um. Sie hoffte, Emir würde in seinem Schlafabteil sein, denn sie war alles andere als passend angezogen. Doch er saß im Aufenthaltsraum. Hastig wollte sie an ihm vorbei in ihr Schlafabteil gehen, um sich anzuziehen, bevor sie mit ihm redete.
Er sah auf. „Besser?“
„Ja, sehr viel besser.“
„Du solltest etwas essen.“
Sie sah auf die Schüsseln und Platten, die vor ihm standen, und schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht hungrig“, log sie.
„Man lehnt nicht ab, wenn der König einlädt, mit ihm zu dinieren.“
„Doch. Wenn man soeben vom König abgelehnt wurde“, sagte sie und lächelte dabei.
Ein Lächeln, das Emir erneut überraschte. „Ich dachte, du würdest …“ Ja, was hatte er gedacht? Dass sie aufgewühlt und erschüttert sein würde. Stattdessen umgab sie eine Aura von Frieden, die er zuvor bei ihr nicht bemerkt hatte.
„Es geht mir gut.“ Sicher, da gab es einen neuen Sprung in ihrem Herzen, doch das tat zu weh, um jetzt schon darüber nachzudenken. Vorerst analysierte sie lieber Vergangenes. „Auf meinem Ritt ist mir etwas eingefallen, etwas, das ich vergessen hatte. Das ich schon Wochen vor dem Unfall verdrängt hatte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Es ist nicht wichtig.“
Schon wollte sie in ihr Abteil gehen, doch er rief sie zurück. „Du musst etwas essen.“ Er hielt eine Platte mit lokum hoch, und Amy starrte mit gerunzelter Stirn auf die süßen Happen.
„Ich dachte, in der Wüste essen wir nur Obst?“
„Die Zwillinge dürfen nur Früchte essen und Wasser trinken. Deshalb hielt ich es für besser, wenn wir uns alle daran halten, solange wir zusammen waren.“ Sorge um seine Kinder huschte über seine Miene. „Ich bin sicher, es geht ihnen gut.“ Er sagte es mehr zu sich selbst.
Manchmal klang dieser grüblerische König wie ein Vater, wie der Mann, den sie anfangs kennengelernt hatte. „Ich gehe mich anziehen, Emir, und dann werde ich etwas essen.“
Erkannte Amy da Erleichterung in seinem Blick, als er nickte? Heute Abend wollte keiner von ihnen allein sein.
Große Auswahl bei der Garderobe hatte sie nicht. Entweder ein
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