Julia Extra Band 373
Thronerben nicht genau bestimmen konnte. Im Land brachen deshalb Unruhen aus, bis der König die Lösung fand. Es wurde entschieden, dass das Reich in zwei Hälften geteilt werden und jeder Sohn sein eigenes Königreich erhalten sollte. Laut einer Wahrsagung werden die beiden Reiche eines Tages wieder vereint sein, doch bis dahin gelten unterschiedliche Regeln für die beiden Reiche. Und sollte eine der Regeln nicht eingehalten werden, so wird das jeweilige Land unter die Regentschaft des anderen Königs gestellt.“
„Trotzdem erscheint mir das nicht fair.“ In seinen dunklen Augen sah Amy die Einladung, weiterzusprechen. „Wenn in Alzirz eine Prinzessin den Thron besteigen kann, warum dann nicht auch in Alzan?“
„Die Königsfamilie in Alzirz hat eine andere Regel zu befolgen“, erklärte er. „Der Herrscher darf dort nur einmal heiraten. Rakhals Mutter starb im Kindsbett, das Neugeborene hatte kaum Überlebenschancen. Die Prophezeiung schien sich zu erfüllen …“
„Aber dann überlebte das Baby.“
Emir nickte. „Hier in Alzan …“, für einen Moment schwieg er, fuhr dann fort: „Hier darf der König wieder heiraten, wenn seine Partnerin stirbt.“ Er sah ihr direkt in die Augen. „So wie ich wieder heiraten muss.“
„Müssen?“
„Das Volk ist besorgt, vor allem wegen der bevorstehenden Geburt in Alzirz.“
„Aber wenn Sie noch nicht so weit sind …“ Sie biss sich auf die Zunge, wusste sie doch, dass dieses Gespräch zu nichts führen würde.
„Nicht so weit?“ Verständnislos runzelte er die Stirn, dann erinnerte er sich daran, dass sie aus einem Land stammte, in dem man sich bei der Ehe meist auf das trügerische Konzept der Liebe verließ. Und seine Überlegungen nahmen konkretere Gestalt an. Die Antwort auf sein Problem saß direkt neben ihm. Ihm fiel auf, dass ihre Stimme immer ein wenig atemlos klang, wenn sie mit ihm redete.
„Ich meine, ein Jahr ist vielleicht zu kurz, um …“ Verlegen drückte sie ihre Lippen zusammen, wünschte, sie könnte sich mit den Zwillingen beschäftigen, denn diese Unterhaltung hatte eine viel zu intime Wendung genommen. „Eine Heirat ist schließlich ein großer Schritt.“
„Ein Schritt, den man ernst nehmen soll. Obwohl …“ Er durfte sie nicht drängen, das wusste er. „Ich plane ja nicht, gleich morgen zu heiraten.“
„Oh …“
Manchmal machte er sie regelrecht schwindlig. Manchmal, wenn er sie mit seinen dunklen Augen ansah, konnte sie nur zurückstarren und hoffen, dass er die Sehnsucht in ihrem Blick nicht bemerkte.
So wie jetzt, wenn ihr der unmögliche Gedanke im Kopf herumspukte, dass er sie küssen würde. Es musste an der heißen Sonne liegen, dass sie seine Lippen schon fast schmecken konnte …
Und seine nächste Frage ließ Flammen in ihr auflodern.
„Machen Sie sich Sorgen wegen heute Nacht? Was eventuell geschehen könnte?“ Er sah das Aufflackern in ihren Augen, sah, wie sie die Unterlippe zwischen die Zähne zog, und wusste, er könnte sie jetzt küssen. Er würde dennoch die Probe machen. „Ihnen wird es gut ergehen.“
„Ihnen?“
Er unterdrückte das triumphierende Lächeln. Sie hatte gar nicht mehr an die Zwillinge gedacht. „Man wird sich gut um die Mädchen kümmern.“ Und um dich auch, fügte er in Gedanken hinzu.
Verlegen wandte Amy das Gesicht ab, starrte auf den klaren Teich. Sie wünschte, sie könnte ins kühle Wasser springen. Sie meinte in Flammen zu stehen, und sie war ehrlich genug, um sich den Grund einzugestehen. Vielleicht war sie nicht bereit für die nächste Scheicha Königin. Wie dumm von ihr, sich einzureden, dass Emir sie fast geküsst hätte, dass er sie überhaupt auf solche Weise ansehen würde.
„Ich habe nachgedacht über das, was Sie sagten … dass die Mädchen jemanden brauchen …“ Emir wollte geduldig sein, und doch konnte er es nicht. „Sie lieben meine Töchter.“
Den Blick unentwegt auf das Wasser gerichtet, fragte sich Amy, ob sie verrückt war, überhaupt an so etwas zu denken – dass Emir sie vielleicht als seine Geliebte haben wollte, als Ersatzmutter für seine Mädchen. Dann fühlte sie plötzlich seine Hand an ihrer Wange, und sie konnte nicht mehr atmen. Mit einer Fingerspitze glitt er zu ihrem Hals, über die Narbe, die sie so sehr verabscheute.
„Woher stammt sie?“ Seine starken Finger waren erstaunlich sanft, seine Hand kühl auf ihrer brennenden Haut.
„Bitte nicht, Emir …“
Die Beduinenkarawane näherte sich. Der Moment, den sie
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