Julia Extra Band 373
Muskel zuckte in seiner Wange, als er Patel ansah. Sein Blick verlangte eine sofortige Antwort.
„Sie hat viele Brüder.“ Patels Stimme klang leicht schrill. Jetzt bekam er den Ärger des Königs zu spüren, und es gefiel ihm nicht. „Auch ihr Vater hat viele Brüder …“
„Prinzessin Noor?“ Emir sprach leise, was umso gefährlicher wirkte.
„Viele männliche Nachkommen in der Familie …“ Patel verhaspelte sich prompt. „Alle mit einem langen Leben gesegnet …“
„Heute ist der erste Todestag von Königin Hannah, und anstatt für sie zu beten, hockt ihr hier zusammen und sucht die nächste königliche Braut?“
„Zu meiner Rechtfertigung kann ich nur sagen, dass es dringend entschieden werden muss, Hoheit. Das Volk wird ungeduldig. Heute trauern sie, doch schon morgen werden sie Fragen stellen …“
„Schweig!“, donnerte Emir. Nicht den heutigen Tag fürchtete er, wurde ihm klar, sondern den morgigen. Und den Tag danach, und den darauf folgenden Tag … „Ihr alle werdet eurer verstorbenen Königin euren Respekt erweisen. Ihr werdet der Mutter der königlichen Prinzessinnen danken.“
„Natürlich …“
„Wie ich sehe, werden die Prinzessinnen hier mit keinem Wort erwähnt. Es scheint euch nicht zu interessieren, ob die neue Königin auch zu ihnen passt.“ Emir fluchte, und Patel zog sich hastig zurück. Auch die anderen gingen, ohne dass sie aufgefordert worden wären, und innerhalb weniger Augenblicke war Emir allein im Raum. Er wollte nicht, dass es Abend wurde, denn es brachte ihn schier um, nicht zu Amy zu gehen, auf den Trost zu verzichten, den sie ihm geben konnte.
Er war ein Ehrenmann, und bald würde er eine neue Frau nehmen müssen.
Also hob er die Liste auf und las die Namen, stellte sich vor, wie er mit seiner neuen Braut Seite an Seite stand und das feierliche Gelübde ablegte, während die Frau, die er wirklich wollte, seine Kinder hielt.
Nie war es schwerer gewesen, König zu sein.
Er nahm den Telefonhörer auf und war dankbar, dass sich am anderen Ende sofort jemand meldete, denn sonst hätte er seine Meinung im letzten Moment noch geändert.
„Schickt die Kinderfrau zu mir. Die englische.“ Und er konnte nur hier stehen und warten, bis sie kam. Er musste die Dinge zu Ende bringen, musste es ihr und sich selbst antun. Er brauchte einen klaren Kopf, um seine Entscheidung zu treffen. Solange Amy im Palast war, war es unmöglich. Zu wissen, dass sie in unmittelbarer Nähe war und nicht zu ihr zu gehen, würde er nicht durchstehen.
Nur der größtmögliche Abstand konnte ihn von ihr fernhalten.
„Stecken Sie schon wieder in Schwierigkeiten?“, fragte Fatima, als Amy mit den Zwillingen vom Schwimmen zurückkam.
Langsam wurde Amy mit Fatima warm, genau wie die Zwillinge auch. Fatima war streng, aber fair. Und was viel wichtiger war – sie hatte die Zwillinge lieb gewonnen. Die beiden hatten mühelos ihr Herz erobert.
„Vermutlich.“ Amy lächelte. Wahrscheinlich hatte sich die Küche über die genauen Vorgaben für die Mahlzeiten der Zwillinge beschwert. Oder die Mädchen hatten am heutigen Trauertag zu viel Lärm beim Schwimmen gemacht. „Warum?“
„Der König wünscht mit Ihnen zu sprechen. Sofort.“
Im Grunde hatte sie gewusst, dass es so kommen würde, sie hatte nur nicht damit gerechnet, dass es schon heute passieren würde. Sie hatte gehofft, ihnen bliebe wenigstens noch die Nacht …
Noch einmal sah Amy sich im Kinderzimmer um, blickte zu den Zwillingen, die hungrig die Trauben verschlangen, die Fatima ihnen reichte.
Die Mädchen werden es verkraften, sagte Amy sich, als sie über die langen Korridore des Palastes ging. Die Wache zog die Türen zu Emirs Arbeitszimmer auf und raunte ihr zu, den Kopf gebeugt zu halten, bis der König sich an sie richtete.
Sie missachtete die Anweisung, hielt den Kopf hoch. Sie würde mit Würde gehen, wenn sie entlassen wurde. Doch bei seinem Anblick wäre sie am liebsten zu ihm gerannt, hätte sich an ihn geschmiegt und ihn angefleht, das Wenige, das sie hatten, zu behalten. Sein Blick warnte sie jedoch, nichts dergleichen zu tun.
„Du wirst heute Nachmittag abreisen. Es ist alles arrangiert. So hast du Zeit, dich von den Zwillingen zu verabschieden. Eine neue Nanny wird Fatima assistieren.“
Sie hatte sich fest vorgenommen, Würde zu wahren, aber im letzten Moment stolperte sie doch noch. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sich eine andere Frau um ihre Mädchen kümmern würde. „Nein! Du
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