Julia Extra Band 373
Himmel. Dort oben war Amy auf dem Nachhauseweg. Wenn er seinen Piloten rief, könnte er sie vielleicht am Flughafen abfangen, zusammen mit den Mädchen. Aber sie hatte recht – sie würde eine miserable Mätresse abgeben.
Sie sollte seine Frau sein.
Als die Mädchen sich ausgeweint hatten und erschöpft einschliefen, legte er sie vorsichtig in ihre Bettchen. „Ich werde in die Wüste reiten“, sagte er zu Fatima. „Die neue Nanny fängt in zwei Tagen an.“
Stumm verbeugte sie sich, als er das Kinderzimmer verließ, stellte keine Fragen, hakte nicht nach. So sollte es sein … aber es war nicht die Art, die er sich wünschte.
In der Wüste ließ er von Raoul seinen Hengst satteln und ritt in die Dunkelheit. Das Jahr war vorbei, er musste nach vorn schauen und eine Entscheidung treffen.
Emir betete und wartete auf den weisen alten Mann, denn er wusste, er würde kommen und seinen Rat anbieten.
„Hannah findet keine Ruhe.“
Der Alte nickte stumm.
„Vor ihrem Tod hat sie mir das Versprechen abgenommen, das Beste für die Mädchen zu tun.“ Er sah dem Alten in die wachen schwarzen Augen. „Und für mich.“
„Und? Hast du es getan?“
„Zuerst muss ich an mein Land denken.“
„Weil du König bist?“
Emir nickte. „Das Versprechen habe ich meinem Vater gegeben.“ Kummer und Schmerz, die er damals gefühlt hatte, wollten ihn überwältigen. „Das Beste für mich und die Mädchen ist es, Amy zu heiraten. Doch für mein Land ist es das nicht.“ Er sagte dem Alten auch, warum. „Sie kann keine Kinder bekommen.“ Und wartete darauf, dass der Alte ihm bestätigen würde, wie unmöglich eine Heirat somit war. Doch der saß nur stumm da, weshalb Emir es genauer ausdrückte. „Sie kann mir keinen Sohn gebären.“
„Und die neue Frau, die du nimmst, kann das?“
Emir schloss die Augen.
„Vielleicht wird deine neue Frau dir nur Mädchen schenken, so wie Königin Hannah“, sagte der Alte.
„Ohne einen Sohn wird meine Linie enden“, zischelte Emir frustriert. „Alzirz wird Alzan schlucken, und die beiden Reiche werden eines werden.“
„So sagt es die Prophezeiung“, meinte der Greis. „Dagegen kannst du nicht kämpfen.“
Emir hatte genug von Prophezeiungen und einem Schicksal, das angeblich unabänderlich in den Sternen stand. „Das darf nicht passieren.“ Er dachte an sein Volk … An das Volk, das seine Töchter ablehnte, war sein erster jäher Gedanke. Doch die Menschen waren nicht schlecht, sie hatten nur Angst. Er liebte sein Volk und sein Land, und zu ihm als ihrem Regenten sahen sie auf. „Ich kann meinem Volk nicht den Rücken kehren. Es gibt Regeln für Alzan …“
„So wie es Regeln für Alzirz gibt“, unterbrach der Alte ihn, und Emir verstummte. „Du bist nicht ohne Grund König. Du wirst erkennen, was zu tun ist.“
Er wusste es schon jetzt, und nichts würde ihn aufhalten.
Emir stieg auf seinen Hengst und trieb ihn an, ritt in das Land, in dem er ohne Einladung nicht willkommen war. Trotzdem wagte keiner der Wachen, die ihn seit der Grenze flankierten und mit ihm ritten, den vor Wut rasenden König aufzuhalten.
König Rakhal wurde alarmiert, und er stand stolz aufgerichtet vor dem Zelt, neben ihm seine verschreckte Frau, obwohl ihr gesagt worden war, dass sie im Inneren bleiben solle, denn beide Männer waren bereit, die Schwerter zu ziehen, sollte es nötig werden.
Emir glitt aus dem Sattel, machte einen Schritt vor. Er griff unter seine Robe … aber nicht, um sein Schwert zu ziehen, sondern um die beiden Edelsteine hervorzuholen, die ihn schon so lange verspotteten. Er schleuderte sie Rakhal vor die Füße. „Beleidige mich nie wieder!“
Rakhal lachte harsch auf. „Wie kann ein so wertvolles Geschenk eine Beleidigung sein? Meine Leute haben lange gesucht, um solch wertvolle Saphire zu finden.“
„Sie kamen an dem Morgen an, als Königin Hannah starb. Die Beleidigung galt auch ihr.“ Er spuckte in den Sand, vor die Steine, sah Rakhal dann in die Augen. „Ich werde bald heiraten.“
„Ich freue mich schon auf das Fest“, behauptete Rakhal. „Darf ich fragen, wer die Auserwählte ist?“
„Du hast sie schon getroffen. Amy.“
„Meinen Glückwunsch.“ Und da seine Frau ihn längst eingeweiht hatte, fügte Rakhal lauernd hinzu: „Solltest du mir nicht auch gratulieren? Jetzt geht Alzan an mich über.“
Emir schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Was denn, erwägst du etwa, abzudanken und deinen Bruder zum König zu machen?“ Rakhal lachte.
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