Julia Extra Band 373
versteinert, konnte nicht begreifen, zu was sie da Ja gesagt hatte.
Sie würde Königin werden.
10. KAPITEL
Sie blieben gerade lange genug in London, damit Amy ihre Angelegenheiten regeln konnte. Natürlich sollte ihre Familie nach Alzan zur Hochzeit kommen, und so versuchte Amy ihre Mutter davon zu überzeugen, dass sie wusste, was sie tat, dass alles in bester Ordnung war.
Wie hätte es nicht Ordnung sein sollen, wenn es sich so gut und richtig anfühlte, Emir an ihrer Seite zu haben?
An die Reise zurück nach Alzan hatte Amy nur eine verschwommene Erinnerung. Der luxuriöse Privatjet war für sie nur ein Transportmittel, um wieder dorthin zu gelangen, wo sie sein wollte. Auch die Menge, die ihren König und die baldige neue Scheicha Königin empfing, nahm sie kaum wahr, doch die Rückkehr in den Palast würde ihr immer bis ins letzte Detail in Erinnerung bleiben.
Emir hielt ihre Hand, während sie gemeinsam die Außentreppe emporstiegen und durch das Foyer gingen, dann die Stufen hinauf zum Kinderzimmer. Erst hier ließ Emir ihre Hand los und trat als Erster ein. Die Zwillinge spielten gerade mit ihrem Puppenhaus, richteten die Dinge in der kleinen Welt nach ihren Wünschen ein, doch als sie den Vater sahen, war das geliebte Spielzeug vergessen. Und dann sahen sie Amy.
„Ummi!“ Es war Nakia, die zuerst aufjauchzte. Clemira sah die Schwester böse an, denn sie hatten doch gelernt, dass es ein Wort war, das sie nicht benutzen durften. Doch dann blickte sie in die Richtung, in die Nakia zeigte, und sie vergaß, die Anführerin zu sein, und begann zu weinen. Auf wackeligen Beinchen machte sie die ersten Schritte auf Amy zu.
„Es wird alles wieder gut.“ Erst als Amy die weinende Clemira auf den Arm nahm, wurde ihr bewusst, wie viel Kummer sie unterdrückt hatte, denn erst in dem Moment, als sie die Kleine an sich drückte, fühlte sie sich frei wie ein Vogel.
Die arme Nakia stand auch auf, aber ihre Beinchen wollten sie noch nicht tragen, und auch sie weinte, bis Amy mit Clemira zu ihr eilte und sie ebenfalls aufnahm. Die Zwillinge fassten an ihr Gesicht und drückten ihr immer wieder Küsse auf die Wangen, und sie lachten und weinten zusammen. Amy sah zu Emir, und auch seine Augen schimmerten feucht.
Er hatte so viel verloren – seine Eltern, seine Frau und fast auch sie. Dass er noch immer auf die Liebe vertrauen konnte, war ein kleines Wunder, und seine Entscheidung war richtig gewesen, davon war Amy überzeugt.
Sie waren seine neue Familie. Wie könnte das falsch sein?
Und doch wachte Amy am Morgen der Hochzeit mit bangem Herzen auf. Sie verstand, wieso es Emir unmöglich gewesen war, eine Entscheidung zu treffen, solange die Liebe in der Luft hing. Wenn er in ihrer Nähe war, schien es ihr so richtig, dass sie heirateten. Dann war die Liebe die perfekte Lösung. Doch die Nacht vor der Zeremonie hatte Emir nach alter Tradition in der Wüste verbracht, und ohne ihn war das mulmige Gefühl, mit dem sie zu kämpfen hatte, nicht einfach nur die typische Aufregung einer Braut. Nicht einmal die Zwillinge waren da, um sie abzulenken, denn sie wurden von der neuen Nanny für die Hochzeit hübsch gemacht.
Amy hatte das Gefühl, dass sie das Volk betrog.
Die Dienerinnen kamen herein, zogen die Vorhänge zurück und öffneten die Fenster. Schwüle Wüstenluft füllte den Raum, Amy meinte, davon erdrückt zu werden. Sie bekam kaum einen Bissen von der Frucht herunter, die im Morgengrauen in der Wüste gepflückt und für sie vorbereitet worden war.
So war es Tradition für die zukünftige Königin von Alzan.
Die Dienerinnen sahen ihr zu, wie sie Schluck für Schluck den Kelch mit dem Fruchtbarkeitstrunk leerte, und mit jedem Schluck wurde ihr übler. Jeder Schluck erinnerte sie daran, dass sie eine Betrügerin und Lügnerin war.
Sie wurde gebadet, frisiert und geschminkt, ihre Augen wurden mit Kajal betont, die Wangen und Lippen mit Rot bemalt. Und doch wirkte sie blass – und wurde noch blasser, als man ihr die Blüten ins Haar steckte. „Symbole der Unschuld“, wie die Dienerinnen erklärten, und Amy schloss die Augen, als ihr die Bilder in den Kopf schossen, wie Emir und sie sich immer wieder geliebt hatten.
Man zog ihr die goldene Robe an, und Amy musste an ihre Mutter denken, die noch gestern Abend versucht hatte, die Tochter vor dem Fehler zu warnen, den sie machte. Ihre Mutter hatte ihr angeboten, wieder mit ihr nach Hause, zurück nach England zu fliegen. Hatte gewarnt, dass, auch wenn das
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