Julia Extra Band 373
entwerfen Sie dann Brautkleider?“
Ja, warum? Das Kleid wog schwer auf ihrem Arm. Mit jeder Bewegung raschelte der Stoff, so als wollte er ihr etwas zuflüstern. Das war bei allen Kleidern so, die sie über die Jahre gefertigt hatte. Mit jedem Stich, jeder Perle, die sie aufnähte, jeder Spitze, die sie ansetzte.
„Vermutlich, weil ich tief in meinem Innern noch immer daran glaube, dass das Märchen wahr werden kann.“
Penelope seufzte. „Selbst für mich?“
„Selbst für Sie. Nur müssen Sie aus Liebe heiraten, Penny, und nicht, um den Kartenverkauf an den Kinokassen in die Höhe zu treiben.“
Auf den Anzeigetafeln wurde angekündigt, dass das Boarding für den Flug nach Boston abgeschlossen war. Nur einen Moment später verschwand die Anzeige. Die Maschine startete. Und Marietta spürte einen Stich im Herzen.
„Sie haben recht. Ich kann Brock nicht heiraten. Ich muss jemanden finden, den ich liebe. Ich wünsche mir ja auch, dass der Traum in Erfüllung geht, und deshalb sollte ich warten, bis ich den Richtigen treffe.“ Penelope seufzte. „Was soll ich nur all den Leuten sagen? Ich meine, ich habe doch schon alle eingeladen.“
„Machen Sie eine Premierengala daraus.“ Marietta zwang sich, positiv zu klingen. „Sie sind Penelope Blackburn, Sie können das, ich weiß es.“
Am anderen Ende der Leitung lachte eine nicht mehr ganz so anspruchsvolle Schauspielerin schon wesentlich gelöster auf. „Ja, das bin ich. Und da ich für alles zahle, kann ich es auch nennen, wie ich will. Wer weiß? Vielleicht serviert der Richtige mir ja den Kuchen.“
Damit unterbrach Penelope die Verbindung und ließ Marietta am Flughafen allein mit einem Hochzeitskleid über dem Arm zurück.
Und ohne jede Vorstellung, wohin sie nun gehen sollte.
6. KAPITEL
Es dauerte genau fünf Sekunden, und Reed wurde klar, dass er ein Idiot war. Durch die Glasfront sah er seine Maschine abheben, und es war ihm völlig gleich, denn er rannte wie von Teufeln gehetzt durch die Halle hinunter zu Gate C-31 und schickte ein Stoßgebet los, Marietta noch zu erwischen, bevor sie an Bord ihrer Maschine ging. Er malte sich eine romantische Wiedervereinigung aus, wie in einer Filmszene. Fehlte nur die Musik …
Doch dann stand er verloren in der Abflughalle und sah das Flugzeug auf die Startbahn rollen.
Keine Marietta.
„Verflucht!“ Er wirbelte herum, sah sich suchend um. Keine Spur von ihr. Die Halle war noch immer ziemlich voll, es würde dauern, bis alle verspäteten Flüge abgefertigt waren, aber die Stimmung hatte sich definitiv gehoben, nachdem es jetzt wieder weiterging. Er überhörte die Gespräche der Leute an ihren Handys, die denen, die auf sie warteten, endlich mitteilen konnten, dass sie wieder auf dem Weg waren. Ein paar Leute hatten sich in einer Ecke zu einem Chor zusammengeschlossen und sangen Weihnachtslieder.
Reed ließ sich auf einen leeren Stuhl fallen und zog sein Handy hervor. Er hatte im Büro angerufen, um Bescheid zu geben, dass sein Flug Verspätung hatte, aber das Handy abgestellt, sobald er auf Marietta gestoßen war. Denn in dem Moment hatte er genau gewusst, dass es nichts Wichtigeres in seinem Leben gab als sie. Nur war sie jetzt weg, und er … er hatte einen Job, zu dem er zurückkehren musste. Ein Leben.
So oder so, er würde Marietta aufspüren. Spätestens zu Silvester würde er vor ihrer Haustür stehen. Ihm war gleich, was sie gesagt hatte, er würde sie nicht noch einmal gehen lassen.
Mit einem Biep erwachte das Handy in seiner Hand zum Leben. Reed wappnete sich für den Anpfiff, drückte die Kurzwahl und war mit seinem Chef verbunden.
„Reed! Wo sind Sie? Ich versuche schon den ganzen Tag, Sie zu erreichen.“
„Ich sitze in Chicago fest, Don. Wie lief das Meeting in Boston?“
„Sie waren begeistert von Ihrem Angebot. Ihretwegen konnten wir den nächsten dicken Fisch an Land ziehen, der Vertrag ist unterzeichnet. Sie sind ein echter Gewinn für die Firma, sogar dann, wenn Sie in einem anderen Staat sitzen.“ Don lachte leise. „Man wird Sie bald zum Partner machen. Das sollte Ihr Weihnachten doch strahlen lassen, nicht wahr?“
Ehrgeiz. Hochgesteckte Ziele. Die hatte Reed Hartstone eigentlich nie gehabt. Sein ganzes Leben hatte er nichts anderes gewollt, als die Familienfarm weiterzuführen. Notgedrungen war er in die Welt der Finanzen gestolpert und hatte Karriere gemacht, weil er gut mit Zahlen umgehen konnte.
Aber war er glücklich? Zufrieden. Ja. Glücklich? Nein.
Da saß
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