Julia Extra Band 374
geschätzte Passagier von Meg gestört wurde.
„Nein.“ Niklas blickte weiter Meg an, während er antwortete. „Würden Sie uns bitte allein lassen?“
„Dos Santos?“, wiederholte sie, nachdem der Steward gegangen war.
„Es ist ein Nachname, den man oft Waisenkindern gibt. Das heißt auf Portugiesisch ‚von den Heiligen‘.“
„Wie sind Sie zur Waise geworden?“
„Ich weiß es nicht. Vielleicht wurde ich ausgesetzt, einfach vor dem Waisenhaus abgelegt. Ich weiß es wirklich nicht.“
„Haben Sie jemals nach Ihrer Familie gesucht?“
Niklas wollte sagen, dass er lieber nicht darüber sprechen würde, doch stattdessen verriet er noch mehr von sich. „Ja. Leider hat es sich als unmöglich erwiesen. Ich habe meinen Anwalt Miguel darauf angesetzt, aber er hat nichts erreicht.“
Mit der Frage, wie es war, so aufzuwachsen, kam ihm Meg zu nahe. Das war etwas, was er für sich behielt.
„Darüber möchte ich nicht sprechen.“
Also redeten sie wieder über sie, nur kam jetzt Niklas ihr zu nahe, als er fragte, ob sie eine Beziehung habe.
„Nein.“
„War es Ihnen schon einmal ernst mit einem Mann?“
„Nicht wirklich“, erwiderte sie. Was nicht ganz stimmte. „Ich war kurz davor, mich zu verloben. Ich habe es abgeblasen.“
„Warum?“
„Er hat sich ein bisschen zu gut mit meinen Eltern verstanden. Ein Kollege. Mir ist klar geworden, dass ich meine Welt noch kleiner machen würde.“
„Hat er sich aufgeregt?“
„Nicht richtig.“ Meg war ehrlich. „Es war nicht gerade eine leidenschaftliche …“ Sie schluckte. Darüber wollte sie nicht mit Niklas sprechen!
Anstatt es ihm einfach zu sagen, behauptete sie, sie brauche ihren Schlaf. Sie beendeten das Gespräch, und schließlich schliefen sie beide.
Meg wusste nicht, wie lange. Aber als sie aufwachte, bereute sie, dass sie eingeschlafen war, dass sie sich nicht länger mit Niklas unterhalten und die wenige Zeit, die sie hatten, nicht genutzt hatte.
Sie sah zu ihm hinüber. Er schlief noch. Auch mit geschlossenen Augen sah er schön aus. Einen so umwerfend attraktiven Mann in aller Ruhe mustern zu können, empfand sie fast als Privileg. Sie betrachtete das dichte schwarze Haar, den sinnlichen Mund, entspannt und weich im Schlaf, die schwarzen Wimpern. In welcher Sprache er wohl gerade träumt? fragte sie sich, dann beobachtete sie, wie sich seine Lider hoben.
Für Niklas war es ein Vergnügen, die Augen zu öffnen und Meg zu sehen. Er hatte ihren Blick wie eine Liebkosung gespürt, jetzt erwiderte er ihn und hielt ihn fest.
„Englisch“, beantwortete er die Frage, die sie nicht gestellt hatte.
Aber sie verstand. Er hatte auf Englisch geträumt, vielleicht von ihr.
Und dann beschloss Niklas, das zu tun, was er immer tat, wenn er neben einer schönen Frau aufwachte.
Es war ein bisschen schwieriger als sonst, wegen der Lücke zwischen ihnen, weil er Meg nicht in die Arme nehmen und zu sich herüberziehen konnte, zweifellos würde sich die Anstrengung jedoch lohnen. Er stützte sich auf den Ellbogen und beugte sich vor, bis sein Gesicht direkt über ihr war.
„Was wollten Sie damit sagen, es sei nicht leidenschaftlich gewesen?“
Sie hätte das Gespräch sofort abbrechen können. Seine Frage war wirklich unangebracht. Nur kam ihr bei Niklas nichts unangebracht vor. Nicht, wenn sein sinnlicher Mund so nah war.
„Ich war diejenige, die nicht leidenschaftlich war.“
„Das kann ich nicht glauben.“
„Tja, ich war es nicht.“
„Weil du ihn nicht so begehrt hast, wie du mich begehrst?“
Meg wusste, was Niklas tun würde. Sie wollte hundertprozentig, dass er es tat.
Und er tat es.
Es war nicht, als würde sie einen Fremden küssen. Es war einfach wunderbar.
Für einen Moment bewegte er seinen Mund überraschend sanft auf ihrem, wiegte sie flüchtig in Sicherheit. Denn als sein Kuss leidenschaftlicher wurde, war er plötzlich schockierend eindeutig und zielbewusst.
Dies war kein Kuss, um die Lage zu peilen. Und nun wusste Meg, was von Anfang an mit ihr los gewesen war, warum sie zu viel geredet hatte. Sie hatten sich augenblicklich zueinander hingezogen gefühlt, und Niklas hätte sie so küssen können, sobald er sich neben sie gesetzt hatte. Sie hätte seinen Kuss sofort erwidert.
Und deshalb erwiderte sie ihn jetzt.
Solch eine Leidenschaft hatte Meg noch nie erlebt. Sie entdeckte, dass ein Kuss viel mehr sein konnte als ein Zusammentreffen von Lippen. Mit dem Spiel seiner Zunge sagte Niklas ihr genau, was er sonst
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