Julia Extra Band 374
allein gewesen war. Vielleicht war es auch die unerwartet vertrauliche Atmosphäre, den großen Boss hemdsärmelig am Schreibtisch bei der Arbeit zu sehen. Was vor allem hier einen ungewohnten Anblick bedeutete. Denn normalerweise zeigte Zak Constantinides sich nur sehr selten am Londoner Schauplatz seines weltweit agierenden Unternehmens, sondern überließ die Geschäftsführung des Granchester anderen. New York war da schon eher seine Bühne, weshalb der Großteil der Hotelangestellten im Granchester ihn nur vom Hörensagen kannte.
Auch Emma hatte ihn, abgesehen von einem kurzen Gespräch, nur das eine oder andere Mal im Vorbeigehen gesehen. Er war auch nicht dafür bekannt, sich persönlich um seine Angestellten zu kümmern. Das überließ er vor allem seinem Geschäftsführer Xenon, und, in weitaus geringerem Maß, seinem jüngeren Bruder Nat. Zuletzt war sie Zak bei einem offiziellen Empfang im Hotel anlässlich der Eröffnung des renovierten Mondscheinzimmers begegnet, ein Projekt, das sie geleitet hatte und auf das sie sehr stolz gewesen war.
Bei der Gelegenheit war sie Zak Constantinides persönlich vorgestellt worden. Zwar hatte er ihr höflich für ihre kreative Beratung gedankt, aber sie hatte das Gefühl gehabt, dass ihr kurzes Gespräch für ihn eine eher lästige Pflichterfüllung gewesen war. Emma hatte das nicht persönlich genommen, schließlich wusste sie, was man sich über ihn erzählte. Sie kannte die Geschichten von seinem kometenhaften Aufstieg in der Geschäftswelt, dem kalten Herzen und den Scharen von Frauen, die sich nach ihm verzehrten.
Zak Constantinides war in und außerhalb der Vorstandsetagen so etwas wie eine Legende. Genau der Typ Mann, von dem sich jede vernünftige Frau fernhielt, wenn sie Ärger vermeiden wollte. Vor allem eine Frau wie sie, die von Männern mit einem großen Zerstörungspotenzial geradezu angezogen zu werden schien wie eine Motte vom Licht.
Schon vor langer Zeit hatte Emma erkannt, dass sie im Hinblick auf Männer ein hoffnungsloser Fall war – eine Eigenschaft, die sie geerbt zu haben schien. Denn genau wie ihre Mutter hatte sie in der Vergangenheit die falsche Wahl getroffen und es bitter bereut. Weshalb sie heute eine gesunde Distanz zu Männern wahrte, um ihr Herz und ihren Körper vor jedem zu beschützen, der möglicherweise an dem einen wie dem anderen Interesse zeigte. Es war einfacher so.
Darum zwang sie sich jetzt ganz bewusst, ruhig zu atmen, während sie den Mann, der vor ihr am Schreibtisch saß, genauer betrachtete. Bei dem Empfang damals im Hotel hatte er einen maßgeschneiderten schwarzen Smoking getragen und damit seinen Auftritt als einflussreicher Magnat eindrucksvoll unterstrichen. Heute sah er ganz anders aus. Sein sportliches, naturfarbenes Leinenhemd trug er mit aufgeknöpftem Kragen und aufgekrempelten Ärmeln, die den Blick auf gebräunte, muskulöse Unterarme freigaben. Breite Schultern und starke Hände unterstrichen die schiere Kraft und umwerfende Männlichkeit, die er ausstrahlte. Er besaß etwas Bodenständiges, Erdverbundenes, das man nicht bei einem Geschäftsmann vermutete.
Jetzt legte er seinen Stift beiseite und lehnte sich noch weiter in seinem Sessel zurück, was Emmas Blick unweigerlich auf seine beeindruckend breite Brust lenkte.
„Haben Sie eine Ahnung, warum ich Sie habe rufen lassen?“, fragte er beiläufig.
„Ehrlich gesagt, nein. Auf dem Weg hierher habe ich mir schon den Kopf darüber zerbrochen, aber ich weiß es wirklich nicht.“ Zögernd begegnete sie wieder dem durchdringenden Blick seiner grauen Augen. „Ich hoffe, Sie sind mit meiner Arbeit nicht unzufrieden, Mr Constantinides?“
Zak bemerkte ihre geröteten Wangen ebenso wie die dichten blonden Wimpern, die ihre ausdrucksvollen grünen Augen umrahmten, und registrierte interessiert, dass sie kein Make-up trug. Wäre es nicht leichter, wenn sie ihm nicht gefallen würde? Wenn er sie einfach ausbezahlen könnte, zu einem obligatorisch überhöhten Preis, um dann von ihr zu verlangen, aus dem Leben seines Bruders zu verschwinden?
Er hatte sie sozusagen mit übernommen, als das Hotel vor zwei Jahren in seinen Besitz übergegangen war, und keinen Grund gesehen, etwas daran zu ändern. Davon abgesehen, dass der Erwerb des Granchester Teil seines Lebensziels gewesen war, gab es keinen Grund, etwas an einem erfolgreichen Konzept zu ändern. Eine kostspielige Umstrukturierung nur um ihrer selbst willen entsprach nicht seiner Unternehmenspolitik. Zak
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