Julia Extra Band 374
Emma erst mühsam hatte umlernen müssen?
„Sie wissen, dass ich ein uneheliches Kind bin?“, fragte sie unvermittelt.
„Das ist doch heutzutage kein Thema mehr“, erwiderte er, überrascht von ihrer unerwarteten Offenheit.
„Theoretisch nicht, praktisch aber erweist es sich als nicht besonders angenehm, wenn jeder weiß, dass du deinen Vater nie kennengelernt hast, ja nicht einmal eine Ahnung hast, wer er überhaupt ist. Genauso wenig wie die Tatsache, dass deine Mutter nachts in den Armen wildfremder Männer Trost sucht.“
Zak presste die Lippen zusammen. „Ihre Mutter war eine …“
„Nein, sie war keine Prostituierte, aber sie … mochte die Männer. Und sie war nicht sehr wählerisch. Eine Eigenschaft, die sie anscheinend an mich weitergegeben hat.“
„Tatsächlich?“, meinte er aufhorchend.
„Oh, ich meine nicht Nat“, verbesserte sie sich rasch, weil ihr gerade noch rechtzeitig einfiel, dass sie die verliebte Freundin seines kleinen Bruders spielte. „Nat ist das Beste, was mir je passiert ist.“
„Ich bin nicht hier, um über meinen Bruder zu sprechen“, entgegnete Zak unnötig scharf. „Wie haben Sie Patterson kennengelernt?“
Sie schwieg einen Moment, denn es tat immer noch weh, daran zurückzudenken. Sie war so naiv gewesen … was umso verwunderlicher war, wenn man bedachte, bei was für einer Mutter sie aufgewachsen war. „Wie ich Louis begegnet bin?“, wiederholte sie nachdenklich. „Zufall. Wie das Leben so spielt. Meine Mutter war eine wundervolle Tänzerin. In einem anderen Leben hätte sie vielleicht einen Beruf daraus gemacht, aber als alleinstehende Mutter war es einfach sehr schwierig für sie. Ihr Leben war ein einziger Frust. Hausarbeit langweilte sie, das Muttersein empfand sie als Belastung. Gesellschaftsspiele, Gutenachtgeschichten oder all die anderen Dinge, die eine Mutter normalerweise mit ihren Kindern macht, kamen bei ihr nicht vor. Aber sie hatte ein tolles Gespür für Stil und Farbe, das ich von ihr geerbt habe, und sie war, wie gesagt, eine wundervolle Tänzerin.“
Plötzlich begriff Zak, woher Emmas anmutige Haltung kam, die er in seinem Büro so bewundert hatte. „Sie hat Ihnen das Tanzen beigebracht?“
„Ja.“ Emma wartete, bis der Ober ihre vegetarische Lasagne und Zaks Steak serviert hatte, bevor sie fortfuhr. „Das waren für mich die schönsten Zeiten mit ihr. Sie legte Musik auf, richtig laut, sodass sich manchmal sogar die Nachbarn beschwerten. Dann hüllten wir uns in bunte Tücher und tanzten einfach.“
„Und Patterson hat sie tanzen sehen?“
„Ja, an meinem achtzehnten Geburtstag. Mum hatte mir den Eintritt für den exklusivsten Nachtclub geschenkt, den es damals in London gab. Sie muss ewig dafür gespart haben. Aber sie meinte, jedes Mädchen, das kurz davor steht, eine Frau zu werden, sollte wenigstens einmal einen Blick auf das erhaschen, was das Leben zu bieten habe … auf all den Glanz da draußen, den man nur suchen müsse. Ich war noch nie zuvor in so einem Club gewesen. Die gleißenden Lichter und das Dröhnen der Musik, es fühlte sich so unwirklich an. Auf der Stirnseite stand ein großes silbernes Podium, und mein Lieblingssong wurde aufgelegt. Eine meiner Freundinnen schob mich nach vorn, also stieg ich auf das Podium und tanzte völlig selbstvergessen. Louis saß in einer Ecke und sah mir zu. Später erzählte er mir …“
„Sagen Sie es nicht! Liebe auf den ersten Blick?“, warf Zak ironisch ein.
„Das waren seine Worte“, erwiderte sie trotzig.
Zak konnte sich gut vorstellen, was für ein atemberaubender Anblick sie gewesen sein musste. Jung. Blond. Vermutlich noch unschuldig. „Sie haben ihn inspiriert?“, hakte er freundlicher nach.
„Vermutlich. Noch in derselben Nacht schrieb er ‚Fairy Dancer‘, und als der Song Platz eins der Charts erreichte, entschied Louis, dass ich seine erste Muse sei und er nicht mehr ohne mich leben könne. Es ist, glaube ich, nicht verwunderlich, dass einem jungen Mädchen so etwas zu Kopf steigt.“ Noch dazu, wenn die eigene Mutter dich drängt und dir einredet, dass du so eine Chance nie wieder bekommst.
Louis hatte sie mit Geschenken und Aufmerksamkeit überschüttet, und – was noch wichtiger war – er hatte sie nicht zu Sex gezwungen. Er sagte im Gegenteil, er respektiere ihre Unschuld und würde gern warten, bis sie verheiratet wären. Und Emma war mit allem einverstanden gewesen, denn sie schwebte sowieso wie auf Wolken und wurde von ihrer Mutter in
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