Julia Extra Band 375
auslöste, konnte Drake sie nur hilflos anstarren wie ein verdatterter Schuljunge.
„Ich hätte gern einen großen Americano, zwei Croissants ….“ Er räusperte sich, um seiner Stimme wieder Festigkeit zu verleihen. „… und haben Sie auch etwas Herzhaftes wie Panini? Ich bin ziemlich hungrig.“
Für den Bruchteil einer Sekunde blitzte es in den großen, dunklen Augen der jungen Frau auf, als wäre sie amüsiert. Dann senkte sie rasch den Blick. „Wir haben keine Panini, aber ich kann Ihnen einen Käse-Schinken-Toast oder Rührei mit Speck machen.“
Als ihre Blicke sich erneut begegneten, bemerkte Drake die Wachsamkeit hinter ihrem höflichen Lächeln. Hatte sie mitbekommen, wie sie auf ihn wirkte? So, wie sie aussah, wurde sie sicher ständig von Männern mit Blicken verschlungen, was ihr vermutlich fürchterlich auf die Nerven ging. Kein Wunder, dass sie auf der Hut war.
„Ich glaube, ich nehme den Käse-Schinken-Toast.“
„Okay.“ Sie stellte einen großen Becher auf ein Tablett und warf ihm noch einen flüchtigen Blick zu, bevor sie sich zu der blitzblank polierten Kaffeemaschine umdrehte.
„Setzen Sie sich doch schon mal an einen der Tische. Ich bringe Ihnen dann Ihre Bestellung.“
Wie es aussah, hatte Drake die freie Platzwahl. Schon beim Hereinkommen hatte er bemerkt, dass das Café an diesem trüben Septembermorgen nur äußerst spärlich besucht war. Nun betrachtete er seine Umgebung etwas genauer.
Die Kunstdrucke an den Wänden waren schon etwas verblasst, aber es gab einige hübsche Details. Zum Beispiel die gemütlichen, mit farbenfrohen Kissen bestückten Sofas. Oder das Regal voller Bücher, von denen viele schon deutliche Gebrauchsspuren zeigten. All das schuf eine freundliche, einladende Atmosphäre, doch um Profit abzuwerfen, müsste hier bedeutend mehr Betrieb herrschen. Außerdem waren die Preise viel zu niedrig. Offenbar war der Besitzer nicht gerade der geborene Geschäftsmann.
Plötzlich schämte Drake sich seiner Gedanken. Es war unübersehbar, dass es in dieser Stadt während all der Jahre keinerlei wirtschaftliches Wachstum gegeben hatte. Er selbst hatte das unverschämte Glück gehabt, der ständig wachsenden Armut zu entkommen, aber die, die hiergeblieben waren – insbesondere die kleineren Geschäftsleute – mussten wahrscheinlich jeden Tag um ihr Überleben kämpfen.
Er setzte sich an einen Tisch am Fenster und war kurz darauf wieder in den Anblick der zauberhaften Kellnerin versunken. Während er jede ihrer raschen, anmutigen Bewegungen beobachtete, hatte er das Gefühl, dem Tanz eines betörenden Schmetterlings zu beizuwohnen.
Als ihm nach einer Weile klar wurde, was er da trieb, schlug er den Wirtschaftsteil seiner Times auf und versuchte, sich auf die aktuellen Börsenkurse zu konzentrieren. Nach einer Weile gab er jedoch auf – sein Gehirn weigerte sich, das Gelesene in brauchbare Informationen umzuwandeln. Stattdessen wanderte sein Blick immer wieder zum Tresen zurück.
Es war jetzt sechs Monate her, seit seine Freundin Kirsty sich nach einem knappen Jahr von ihm getrennt hatte. Normalerweise dauerten Drakes Beziehungen nie länger als höchstens drei Monate, Kirsty hatte also bereits außergewöhnliches Durchhaltevermögen bewiesen. Am Ende war sie jedoch ebenso wie ihre Vorgängerinnen zu der Erkenntnis gelangt, dass Drake ein arbeitssüchtiger, bindungsunfähiger Egoist war, der ihren Wunsch nach Ehe und Kindern nie erfüllen würde.
Drake hatte ihr nicht widersprochen. Warum auch, sie hatte ja recht. Er wollte im Grunde überhaupt keine Beziehung, sondern lediglich eine feste Sexpartnerin, mit der er hin und wieder in ein Restaurant oder auf eine Party ging, ohne sie in sein Leben einzubinden. Dass Kirsty das auf die Dauer zu wenig gewesen war, verstand Drake vollkommen. Dennoch hatte er es in den letzten Monaten empfindlich vermisst, eine warme, anschmiegsame Frau in seinem Bett zu haben.
„So, bitte sehr. Ihr Kaffee und Ihr Frühstück …“
Die brünette Traumfrau war an seinen Tisch getreten und servierte ihm mit wenigen effizienten Handbewegungen seine Bestellung. Als sie damit fertig war, schenkte sie ihm ein weiteres wachsames Lächeln und wünschte ihm guten Appetit. Ihr knapper Tonfall machte aber deutlich, dass sie nicht vorhatte, sich auf einen längeren Plausch mit ihm einzulassen.
„Wie heißen Sie?“, rutschte es Drake heraus, bevor er es verhindern konnte.
Ihr zierlicher Körper spannte sich sichtlich an. „Warum wollen
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