Julia Extra Band 375
allzu viele Möglichkeiten, dafür jede Menge leere Zimmer.“
Sie schluckte und ermahnte sich, ruhig zu bleiben. Weil ein weiteres Wortgefecht nichts brachte. „Warum bist du weggegangen?“
„Warum?“, wiederholte er ungläubig. „Das fragst du noch? Ich habe dir einen Heiratsantrag gemacht, und du hast mir einen Korb gegeben, wenn auch garniert mit einem höchst interessanten Vorschlag.“ Mit einem bitteren Auflachen fuhr er fort: „Kannst du dir nicht vorstellen, dass ich so etwas als ziemlich beleidigend empfinde?“
Einen Moment lang war Justina verunsichert. Sie wollte die Wahrheit herausschreien. Wollte ihm sagen, dass eine Ehe ohne Liebe einfach nicht genug war, dass sie Angst hatte, wieder einmal die Dumme zu sein. Aber dann fühlte er sich womöglich verpflichtet, ihr zu sagen, dass er sie liebte, obwohl es nicht stimmte, und damit wäre gar nichts gewonnen.
Sie strich sich das Haar hinters Ohr und musterte ihn äußerlich ruhig, wenn auch mit heftigem Herzklopfen. „Und wie geht es jetzt weiter?“
„Wie es weitergeht?“ Er zog sich das Hemd aus und warf es über eine Stuhllehne. „Wie geplant. Wir machen dem Rest der Familie unsere Aufwartung, und dann fliegen wir zurück nach England.“
Gar kein Problem. Schluss, fertig, aus.
Justina war gezwungen zuzusehen, wie Dante erst seine Hose und dann seine Unterhose auszog. Sie wollte den Blick abwenden, aber ihr Stolz verbot es ihr. Erst als er splitternackt war, schaute er auf und begegnete mit spöttisch funkelnden Augen ihrem Blick.
„Ganz schön frustrierend, was, tesoro ? Berühren verboten.“
„Ich will dich ja gar nicht berühren.“
„Lügnerin.“
Das leise Wort ging ihr durch und durch.
„Aber um allen Missverständnissen vorzubeugen: Mehr Auftritte dieser Art wird es nicht geben. Wenn du mich nicht als Ehemann willst, bekommst du gar nichts von mir. Absolut nichts.“
Es war eine deprimierende Art, den Tag zu beginnen, aber Justina versuchte das Beste daraus zu machen. Auch wenn ihre Beziehung zu Dante wieder einmal am Nullpunkt angelangt war, wünschte sie sich doch, von seiner Familie als Mutter seines Sohnes akzeptiert zu werden. Wenngleich die Hoffnung nicht allzu groß war, dass man sie deshalb gleich ins Herz schließen würde.
Auf jeden Fall bemühte sich Justina, in die Familie zu passen, was sich überraschenderweise sogar als einfacher herausstellte, als erwartet. Aber es war ja auch nicht schwer, in die allgemeine Begeisterung für Nico einzufallen und sich der Meinung anzuschließen, dass er das hübscheste Baby der Welt war.
Die größten Fortschritte waren bei Beatrix D’Arezzo zu verzeichnen, die ein ums andere Mal beteuerte, dass sie alles, aber auch wirklich alles für ihren geliebten Enkel tun würde. Zum Abschied umarmte Dantes Mutter Justina fest und mit aufrichtiger Wärme, was dazu führte, dass Justina plötzlich schwer schlucken musste.
Auf dem Rückflug nach England fühlte sie sich seltsam leer, nicht nur, weil die Freundlichkeit, die sie in den letzten Tagen erlebt hatte, in einem schmerzlichen Kontrast zu der demonstrativen Kälte stand, mit der Dante ihr begegnete. Nachdem sie beide jetzt allein waren, schien er seine höfliche Besorgnis ihr gegenüber abgelegt zu haben, was sich für die Zukunft als wenig verheißungsvoll anfühlte. Aber sie würden beide ihre Befindlichkeiten hintanstellen und allein an Nicos Wohlergehen denken müssen.
Er saß Justina im Flugzeug gegenüber und checkte an seinem Laptop seine Mails. „Ich finde, der Besuch hat sich gelohnt“, begann sie tastend.
Als er den Kopf hob und sie anstarrte, als ob er ihre Anwesenheit völlig vergessen hätte, dachte Justina, dass ein Blick manchmal verletzender sein konnte als alle Wut der Welt. „In mehrfacher Hinsicht, würde ich sagen“, pflichtete er ihr bei.
„Wirst du … ich nehme an, du kehrst jetzt bald wieder nach New York zurück?“
Er schob den Laptop beiseite und musterte sie mit einem seltsamen Lächeln. „Das wäre dir am liebsten, was?“
Justina zuckte die Schultern. Am liebsten wäre ihr, wenn er endlich aufhören würde, die beleidigte Leberwurst zu spielen. Sie wollte, dass alles wieder so war wie vorher. Bevor er mit seinem unseligen Heiratsantrag alles ruiniert hatte.
„Es geht nicht darum, was ich will“, sagte sie. „Ich habe es nur vermutet.“
„Was mich betrifft, solltest du es lieber sein lassen, Vermutungen anzustellen.“ Seine Stimme war eine Oktave tiefer gerutscht und klang
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