Julia Extra Band 376
Und da ein Kuss weit über eine harmlose Plänkelei hinausging, würde er sie vermutlich für immer verschrecken.
Andererseits war nächste Woche sein letzter Termin. Er hatte also kaum noch Zeit, sie für sich zu gewinnen. Wenn er bei ihrem letzten Zusammentreffen keinen Vorstoß wagte, würde er sie womöglich nie wiedersehen.
Am Montagmorgen ging Serena mit George ein letztes Mal alle Übungen durch. Danach war seine Therapie erfolgreich beendet. Er würde nicht noch mal herkommen.
Das ganze Wochenende hatte er darüber nachgedacht, was er sagen sollte. Im Grunde war es lächerlich. Serena war nicht sein Typ, und er hatte den begründeten Verdacht, dass er auch nicht ihren Vorstellungen entsprach. Trotzdem faszinierte sie ihn so sehr, dass er nicht kampflos aufgeben konnte. „Heute ist mein letzter Termin.“
„Stimmt. Sie haben alles sehr gut gemacht.“
„Ich habe Ihnen eine Kleinigkeit mitgebracht, um Ihnen für die Mühe zu danken. Vermutlich bin ich kein einfacher Patient gewesen, doch Sie waren immer nett und geduldig mit mir.“ Er holte eine flache quadratische Schachtel hervor, kaum größer als eine CD-Hülle. Sie war in festes weinrotes Papier eingeschlagen und mit einem goldenen Schmuckband verziert.
Serena schüttelte abwehrend den Kopf. „Tut mir leid. Wir dürfen keine Geschenke von Patienten annehmen.“
„So streng sind die Vorschriften?“
„Ja. Das ist notwendig, um die Patienten zu schützen.“
„Und die Mitarbeiter, vermute ich.“ Damit keinem Therapeuten vorgeworfen werden konnte, dass er die Verletzlichkeit eines Patienten ausnutzte. George hatte Verständnis für diese Regelung. „Schade. Es ist ja kein Diamanthalsband. Nur eine winzige Kleinigkeit.“ Ein Geschenk, wie er es auch als Mitbringsel zu einer Dinnerparty kaufen würde.
Sie schien verlegen zu sein. „Das ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, Mr Somers, aber ich kann es wirklich nicht annehmen.
George stellte die Schachtel auf ihren Schreibtisch. „Serena, sehen Sie mich an“, bat er leise.
Ihn anzusehen war ein Fehler. Diese unglaublich blauen Augen. Der schön geschwungene Mund. Serena konnte ihren Blick nicht mehr von ihm abwenden.
„Serena“, flüsterte er.
Und sie wusste in dieser Sekunde, dass er sie küssen würde.
Es wäre vernünftig gewesen, einen Schritt zurückzutreten. Oder zumindest den Kopf zur Seite zu drehen, damit er ihre Wange und nicht ihren Mund küsste. Doch sie konnte sich nicht bewegen. Wie gebannt wartete sie darauf, dass er sie endlich küsste.
Er fuhr mit seinen Lippen unendlich zärtlich über ihren Mund. Sein Kuss war weder fordernd noch hart, sondern sanft und werbend. Verführerisch.
Sag ihm, dass du so etwas nicht machst!
Doch sie wollte mehr. Viel mehr. Sofort!
Als könnte er ihre Gedanken lesen, küsste er sie erneut. Wieder war er sehr zärtlich, fuhr nur sanft mit seiner Zunge über ihre Unterlippe, als wollte er sie einladen, den Kuss zu erwidern. Serena schmiegte sich an ihn und ließ ihre Finger durch sein Haar gleiten.
Ermutigt durch ihre Reaktion schlang George seine Arme um sie und zog sie dicht an sich heran. Sie öffnete den Mund, um seinen Kuss zu erwidern – einen Kuss, wie sie ihn seit Ethans Vater nicht mehr erlebt hatte. Genau genommen hatte sie so etwas noch nie erlebt. Zumindest nicht in dieser Intensität. Ihr Blut schien mit Höchstgeschwindigkeit durch ihre Venen zu fließen.
George unterbrach den Kuss und streichelte ihr Gesicht. „Ich wusste, dass es so zwischen uns sein würde“, murmelte er.
Heiß. Intensiv. Einfach vollkommen.
„Das habe ich mir schon seit Wochen gewünscht.“
Genau wie sie. Doch sie durfte es nicht zulassen. Serena atmete tief ein und löste sich aus seinen Armen.
„Das hätten wir nicht tun sollen“, sagte sie mit zittriger Stimme. „Du bist schließlich mein Patient!“
„Nicht mehr“, korrigierte er sie. „Meine Behandlung ist abgeschlossen. Wir sind nicht mehr Ärztin und Patient, sondern nur noch du und ich. Zwei ganz gewöhnliche Leute, die machen können, was immer sie möchten.“ Er gab ihr noch einen Kuss, der ihre Knie weich werden ließ. „Ich würde dich sehr gern wiedersehen, Serena. Würdest du mit mir ausgehen?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht.“
„Gibt es einen anderen Mann in deinem Leben?“
Dies war die Gelegenheit, ihn mit einer klitzekleinen Lüge abzuwimmeln. Instinktiv wusste sie, dass George Somers ein anständiger Mann war. Er würde sie in Ruhe lassen,
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