Julia Extra Band 376
gefallen, eine ganze Woche fort zu sein. Doch sie wollte das Vertrauen, das die Königin in sie setzte, auf jeden Fall rechtfertigen, und daher arbeitete sie bis zur Erschöpfung.
Während ihrer Abwesenheit hatte man den letzten der verlorenen Prinzen von Ambria gefunden. Zuerst war Mykal Marten, den Kayla noch vor ihrer Abreise kennengelernt hatte, als der vierte Prinz bestätigt worden. Und dann erreichte sie die Nachricht, dass auch der fünfte Prinz gefunden worden war. Als sie den Namen in einem Zeitungsartikel las, hatte sie sich nicht viel dabei gedacht – bis sie das Foto sah. Es war zwar verschwommen und aus weiter Entfernung aufgenommen, aber die breiten Schultern erinnerten sie sofort an ihren Max.
Doch erst gestern bei ihrer Rückkehr nach Ambria war ihr klar geworden, dass es sich bei Prinz Max tatsächlich um denselben Mann handelte, den sie vor zwei Jahren als Max Arragen in Trialta kennengelernt hatte. Das löste ein ziemliches Gefühlschaos in ihr aus.
Zwar hatten sie einander nur etwa ein halbes Jahr lang gekannt, aber die gemeinsame Zeit war sehr intensiv und auch verrückt gewesen. Max war der beste Freund ihres Mannes. Als Militärpiloten flogen die beiden Aufklärungseinsätze gegen das tyrannische Regime von Trialta an der nordafrikanischen Mittelmeerküste. Sie hatten gelebt wie viele junge Leute, die an einem Krieg beteiligt waren. Tagsüber hart gearbeitet und abends gefeiert, als gäbe es kein Morgen mehr. Sie kämpften für die Rebellen und hielten sich für unbesiegbar.
Kayla konnte es immer noch kaum glauben, dass Max wieder in ihr Leben getreten war, wenn auch nur am Rande. Er brachte immer Aufregung und Überraschungen mit. In Trialta war es ihr manchmal so vorgekommen, als säßen sie und Eddie bei einer rasanten Verfolgungsjagd in einem Auto, mit Max am Steuer.
Dann kam der Tag, als Eddie von einer Mission nicht mehr zurückkehrte. Man fand das Wrack seines Flugzeugs, und alles Feiern war abrupt beendet. Damals hatte Kayla sich an Max geklammert, mit ihm verbunden in ihrer gemeinsamen Trauer. Sie konnten es nicht fassen, dass Eddie, den sie beide so sehr liebten, einfach für immer gegangen war. Niemand anders hätte verstanden, wie tief dieser Schmerz war.
Aber das war damals. Die Dinge hatten sich geändert. Für sie und für ihn. Er war Prinz, und sie hatte ein wunderbares Kind. Wie sollten sie ihre Freundschaft nun fortsetzen, und wie konnte Kayla ihr Geheimnis wahren, wenn er genau wie sie hier im Schloss lebte?
Entschlossen vergrub sie sich in ihre Arbeit und blieb sogar noch länger als sonst. Nachdem sie ihren Computer heruntergefahren hatte, gab sie der Versuchung nach und ging hinunter zum Ballsaal, anstatt direkt zu ihrem Apartment.
Über einen Hintereingang stieg sie die Treppe zu einer selten genutzten Empore hinauf, von der aus man den gesamten Saal überblicken konnte. Das Orchester spielte einen Walzer, zu dem die Paare übers Parkett schwebten. Die Damen hinreißend in ihren märchenhaften Roben, und die Herren prachtvoll gekleidet in ihren mit Goldtressen besetzten weißen, blauen oder dunkelroten Uniformen. Kayla verschlug es den Atem, und ihr Herzschlag beschleunigte sich unwillkürlich.
Sie beobachtete den Ball eine Weile, ganz von seinem Zauber in den Bann gezogen. Allein hier im Schloss zu leben, gab ihr das Gefühl, an etwas Besonderem teilzuhaben. Dadurch empfand sie eine neue, intensive Verantwortung für ihr Land und sein Volk. Ob Max dies wohl auch bald spüren würde?
Die meisten Prinzen konnte sie erkennen. Alle waren gut aussehend, hochgewachsen und kraftvoll und strahlten großes Selbstbewusstsein aus.
Prinz Mykal saß am Rand. Er musste sich noch von einem schweren Motorradunfall erholen, den er einige Monate zuvor erlitten hatte. Prinz David, den Kayla ausgesprochen sympathisch fand, tanzte mit seiner schönen Braut Ayme. Prinz Joe, der mit seinem sonnengebleichten Haar noch immer aussah wie ein kalifornischer Surfer, lachte gerade zusammen mit seiner Braut Kelly. Und der frisch gekrönte König Monte hielt Pellea in den Armen und wirbelte sie voller Leidenschaft über die Tanzfläche.
Suchend ließ Kayla ihre Augen schweifen. Wo war Max? Einen Moment lang blieb ihr Blick an Prinzessin Kim hängen. Es war schön, sie glücklich zu sehen, nach allem, was sie auf der feindlichen Seite der Insel bei den Granvilli-Partisanen durchgemacht hatte. Aber wo war Max?
Dann sah sie ihn. Er stand bei einer Gruppe von Männern, die sie nicht kannte.
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